Ukraine-Verteidigungslinie wankt: Berichte über schwere Versäumnisse gegen Putin

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Die ukrainische Armee steht westlich von Awdijiwka heftig unter Druck. Eine wichtige Ortschaft fällt an die Russen. Und die Truppen Wladimir Putins rücken vor.

Awdijiwka - Die schlechten Nachrichten für die Ukraine reißen im Abwehrkampf gegen die Invasion durch Russland nicht ab. Kreml-Herrscher Wladimir Putin hat Kiew einmal als „die Mutter aller russischen Städte“ beschrieben.

Zweite Verteidigungslinie im Ukraine-Krieg: Russische Armee Wladimir Putins rückt im Donbass vor

Und der russische Machthaber lässt keinen Zweifel daran, dass er die ukrainische Hauptstadt nach wie vor erobern will, während er seine Landsleute zwischen Charkiw, Donezk und Saporischschja im Ukraine-Krieg zu Tausenden in den Tod schickt. Am 19. März ist seiner Invasionsarmee der nächste empfindliche Vorstoß an der aktuellen Frontlinie im Donbass westlich von Awdijiwka gelungen.

Konkret: Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in Moskau eroberten die russischen Truppen den kleinen Ort Orliwka. Brisant: Die Siedlung liegt genau auf der zweiten ukrainischen Verteidigungslinie zwischen Berdytschi und Tonenke, die die Ukrainer nach dem Rückzug aus Awdijiwka Mitte Februar bezogen. Gelingt den Russen hier jetzt der Durchbruch in der Ostukraine?

Russische Soldaten schießen mit einem „Grad“ ungelenkte Raketen auf ukrainische Stellungen westlich von Awdijiwka.
Russische Soldaten schießen mit einem „Grad“ ungelenkte Raketen auf ukrainische Stellungen westlich von Awdijiwka. © IMAGO / SNA

Ukraine-Front im Donbass: Kritik an Militärführung und Wolodymyr Selenskyj

Karten ukrainischer Militärbeobachter bestätigten die Frontverschiebung, berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Dienstag. Bedenklich: Bereits nach dem Fall Awdijiwkas hatte es Berichte über schwere Versäumnisse an diesem Frontabschnitt gegeben, während der neue ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj ohnehin schwer unter Druck (und teils in der Kritik) steht.

Heftige Kritik kam unlängst in einer ausführlichen Analyse über den Fall Awdijiwkas zum Beispiel von Jurij Butusow vom ukrainischen Infodienst Censor.net. Der Analyst tadelte die Militärführung und Präsident Wolodimir Selenskij entschieden. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) hatte Butusow zuvor monatelang aus Awdijiwka berichtet und beste Kontakte zu Offizieren sowie Soldaten vor Ort, insofern sie bei den heftigen Kämpfen denn am Leben blieben.

Russland macht im Osten Fortschritte: Versäumnisse der Ukraine-Armee?

Butusow benannte ein geradezu verheerendes Versäumnis, das in den vergangenen Tagen auch westliche Militärbeobachter in ihre Analysen einfließen ließen. So hat es die ukrainische Armee offenbar versäumt, in den vergangenen Jahren und Monaten eine zweite Befestigungslinie aus Schützengräben, Bunkern und Unterständen zu bauen. Deshalb konnten sich die ukrainischen Soldaten, die aus Awdijiwka flüchten mussten, nicht in solche Verteidigungsanlagen zurückziehen.

Die Militärverwaltung und zuständige Baueinheiten seien untätig geblieben, bemängelte Butusow laut SZ. Das habe damit zu tun, dass die Pioniereinheiten der ukrainischen Armee unterversorgt seien, erklärte er: „Die meisten Verteidigungspositionen werden von Soldaten mit einem Spaten aus der Erde gegraben.“ Währenddessen hätten die Russen östlich von Awdijiwka mit schwerem Gerät befestigte Schützengräben angelegt.

September 2023: Der damalige Chef des ukrainischen Heeres, Olexander Syrskyj (li.), und Präsident Wolodymyr Selenskyj besprechen sich unweit der Front bei Bachmut.
September 2023: Der damalige Chef des ukrainischen Heeres, Olexander Syrskyj (li.), und Präsident Wolodymyr Selenskyj besprechen sich unweit der Front bei Bachmut. © IMAGO / ZUMA Wire

Im Krieg mit Russland: Militärhistoriker warnt vor Zusammenbruch der Ukraine

Die Alarmsignale sind in der aktuellen Situation vehement - nicht nur hier. „Die Ukraine ist sicherlich jetzt massiv unter Druck. Und es wird auch von Leuten, die wirklich Einblicke haben, eben nicht mehr ausgeschlossen, dass die Ukraine auch zusammenbrechen kann“, erklärte der Militärhistoriker Prof. Sönke Neitzel dem „heute journal“ des ZDF in der Ausgabe vom 19. März. Beispielsweise verlieren die ukrainischen Streitkräfte auch immer mehr westliche Panzer wie den Leopard 2.

Im Donbass muss die Ukraine in der Schlussfolgerung Ortschaft um Ortschaft westlich von Awdijiwka aufgeben. Nach Lastochkyne jetzt auch Orliwka, während im deutschen Ramstein am selben Tag die Ukraine-Kontaktgruppe der Nato-Unterstützer-Staaten zusammenkam. Ein Ergebnis: Deutschland wird sofort 10.000 zusätzliche 155-mm-Artilleriegranaten aus Bundeswehr-Beständen liefern. Diese Menge verbraucht die ukrainische Armee jedoch in der Regel in drei bis vier Tagen. (pm)

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