Fachleute schlagen Alarm: „Die ISS ist in ihre riskanteste Phase eingetreten“

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Die Internationale Raumstation ISS im November 2021, fotografiert von Bord einer „Crew Dragon“-Raumkapsel. (Archivbild) © Nasa

Lecks, Budgetdefizite und fehlende Notfallpläne: Experten warnen, die ISS sei in ihrer „riskantesten Phase“ angekommen. Was bedeutet das?

Washington D.C. – Seit dem Jahr 2000 leben und arbeiten dauerhaft Menschen an Bord der Internationalen Raumstation ISS – und das soll noch einige Jahre so bleiben. Bis 2030 will die US-Raumfahrtorganisation Nasa die Raumstation noch nutzen, dann soll sie mithilfe eines von SpaceX gebauten Raumschiffs kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Doch fünf Jahre sind eine lange Zeit und die Raumstation ist längst nicht mehr so gut in Schuss, wie sie einst war. Ein Expertengremium warnt nun: „Die ISS ist in ihre riskanteste Phase eingetreten“.

Konkret sorgen sich die Mitglieder eines Nasa-Sicherheitsgremiums über die Sicherheit der alternden Raumstation. Vor allem ein bereits seit sechs Jahren im russischen Teil der Station existierendes Leck sorgt bei den Fachleuten für Unbehagen. Bisher wurde weder eine Ursache für das Leck noch eine Lösung gefunden. „Das Gremium hat dies als eine unserer größten Sorgen betrachtet“, zitiert das Fachportal SpaceNews Rich Williams, ein Mitglied des Gremiums.

Internationale Raumstation ISS: Was, wenn die alternde Station von alleine abstürzt?

Eine weitere Sache, die die Fachleute besorgt: Derzeit gibt es noch kein Raumschiff, das die ISS kontrolliert zum Absturz bringen könnte. Die Nasa hat das „US Deorbit Vehicle“ (USDV) bei SpaceX in Auftrag gegeben, doch derzeit hat man keine Möglichkeit, die Raumstation in einem Notfall kontrolliert abstürzen zu lassen. Williams betont: „Wenn die ISS vor der Auslieferung des USDV die Umlaufbahn verlässt, steigt das Risiko für die Öffentlichkeit durch Trümmerteile der ISS um Größenordnungen.“

Auch die Belieferung mit Ersatzteilen für die lebenserhaltenden Systeme und weitere Fracht stockt derzeit. Das liegt unter anderem daran, dass der erste Start des „Dream Chaser“ von Sierra Space auf Sommer verschoben wurde. Außerdem hat Northrop Grumman den Start eines „Cygnus“-Raumfrachters zur ISS abgesagt, da das Raumschiff beim Transport beschädigt wurde.

Raumfahrt-Fachleute befürchten ein großes Budgetdefizit bei der ISS

„Über all diesen Risiken steht ein großes ISS-Budgetdefizit“, mahnt Williams weiter. „Alle diese Risiken sind eigentlich eine Folge dieses Budgetdefizits und tragen gemeinsam zu einer möglichen Gefährdung des Plans für den Übergang in die niedrige Erdumlaufbahn bei.“ Die Fachleute befürchten, dass unter anderem der Bau des Deorbit-Raumschiffs aus dem Budget der ISS finanziert werden könnte – „was die Fähigkeit der Nasa, den normalen und unvorhergesehenen ISS-Betrieb in der Umlaufbahn sicher durchzuführen, übermäßig belasten wird“, betont Williams.

„Wenn sich Programme der Endphase nähern, ist es verlockend anzunehmen, dass weniger Ressourcen zur Verfügung stehen müssen“, warnt der Experte. „Für die ISS ist es von entscheidender Bedeutung, ein angemessenes Budget und angemessene Ressourcen aufrechtzuerhalten, bis die Raumstation sicher wieder in die Erdatmosphäre eingetreten ist.“ Das hat nicht nur mit der Sicherheit beim Absturz zu tun, sondern auch damit, was die Astronautinnen und Astronauten an Bord der Raumstation tun: Sie betreiben Forschung in der Schwerelosigkeit – unter anderem zum Thema Krebs. (tab)

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