Transnistrien und Republik Moldau - Russlands nächster Krieg?

Seit der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 führt Russland nahezu ununterbrochen Kriege gegen seine Nachbarn oder provoziert sie zumindest. Den ersten Krieg brach Moskau nur gut zwei Monate nach dem Zerfall des Sowjetreiches vom Zaun: Anfang März 1992 in der kleinen Republik Moldau, gelegen zwischen der Ukraine und dem Nordosten Rumäniens.

Dort leben mehrheitlich rumänischsprachige Moldauer, der größte Teil des Landes gehörte bis zu seiner Annexion in der Zarenzeit und später erneut unter Stalin zum rumänischen Fürstentum Moldau.

In einem Teil der Moldau, dem so genannten Transnistrien, einem Landstreifen am linken Ufer des Flusses Dnister, hatten moskautreue Separatisten unter dem Vorwand des Schutzes von Russen und der russischen Sprache bereits 1990 eine nicht anerkannte Republik ausgerufen.

Die äußerst blutigen Kampfhandlungen im Frühjahr 1992 endeten zwar nach wenigen Monaten, doch seitdem stehen russische Truppen in Transnistrien - obwohl der Kreml sich bereits vor einem Vierteljahrhundert in einem Abkommen verpflichtet hatte, sie abzuziehen.

Äußerlich gleicht Transnistrien einem gigantischen sowjetischen Freilichtmuseum - mit Lenin-Denkmälern, roten Fahnen und Hammer-und-Sichel-Symbolen. Tatsächlich muss man sich den Landstreifen aber als eine Art riesiges Firmengelände und Waffenlager einer kleinen Gruppe ehemaliger KGB-Offiziere denken, die aktuell wohl auch für den russischen Militärgeheimdienst GRU arbeiten.

Sie betreiben mit ihrem Unternehmenskonglomerat Sheriff Geldwäsche und Schmuggelgeschäfte und kontrollieren praktisch die gesamten ökonomischen Aktivitäten in dem Gebiet.

„Präsident“ Transnistriens spricht von „Genozid“

Immer wenn die Geschäfte bedroht sind, kommen das machtlose Parlament, der Oberste Sowjet Transnistriens, oder andere Foren zusammen und ersuchen Moskau um Hilfe, Schutz oder Aufnahme in die russische Föderation. Damit steht dann die Gefahr eines heißen Kriegs im ansonsten eingefrorenen Konflikt jedesmal wieder im Raum.

So auch diesmal: Am Mittwoch (28.02.2024) bat in Tiraspol, der Gebietshauptstadt Transnistriens, ein „Kongress der Abgeordneten aller Ebenen“ in einer Resolution Russland um Schutz vor dem „immer größeren Druck“ und dem „Wirtschaftskrieg der Moldau“.

Der „Präsident“ Transnistriens, Wadim Krasnoselski, ehemals Security-Verantwortlicher bei Sheriff, beschuldigte die Behörden in Chisinau, einen „Genozid“ an den Bewohnern Transnistriens zu begehen.

Mehr Kontrolle über Transnistrien

Die Brisanz des Schutzappells an Russland lag unter anderem an seinem Termin - die Versammlung in Tiraspol fand einen Tag vor der Rede an die Nation des russischen Präsidenten Wladimir Putin statt. Weithin war darüber spekuliert worden, ob Putin den Appell als Vorwand nutzen würde, um eine wie auch immer geartete militärische Einmischung in der Moldau oder die Annexion der Republik anzukündigen. Doch Putin erwähnte die Republik Moldau in seiner Rede am Donnerstag (29.02.2024) nicht einmal nominell.

Moldauische Politiker und Medien hatten bereits im Vorfeld von einem „Täuschungsmanöver“ und einem „Propaganda-Bluff“ Transnistriens gesprochen, die wenig ernst zu nehmen seien. Der Hintergrund: Firmen aus Transnistrien müssen seit dem 1. Januar 2024 Zölle und Gebühren zahlen, wenn sie Waren in das reguläre Staatsgebiet der Republik einführen. Es ist Teil eines Maßnahmenkatalogs, mit dem die Landesführung in Chisinau versucht, wieder mehr Kontrolle über Transnistrien zu bekommen.

Ukrainische Grenze zu Transnistrien abgeriegelt

In den vergangenen drei Jahrzehnten war Transnistrien als Gebiet zwischen der Ukraine und dem regulären moldauischen Staatsgebiet auf dem rechten Dnister-Ufer eine unkontrollierte Drehscheibe für illegalen Handel, Schmuggel und Geldwäsche gewesen.

Die prowestliche Staatspräsidentin Maia Sandu, die sich zuvor als Bürgerrechts- und Anti-Korruptionsaktivistin einen Namen gemacht hatte, ist seit ihrem Amtsantritt Ende 2020 bemüht, die illegalen Wirtschaftspraktiken mit Transnistrien zu beenden.