Die FDP startet eine Mitgliederbefragung über den Verbleib in der Ampel-Koalition. Das Ergebnis könnte die innerparteiliche Diskussion weiter anheizen.
Berlin – Nach dem von Teilen der FDP-Basis geforderten Ampel-Austritt haben die Liberalen eine Befragung über den Verbleib in der Koalition gestartet. Das teilte der Bundesvorstand der Liberalen in Berlin mit. Es sei ein „wirksamer Antrag“ von 598 FDP-Mitgliedern gestellt worden, eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Dabei wird gefragt: „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ Als Antworten sind nur „Ja“ oder „Nein“ möglich, allerdings dürfen Argumente für diese Optionen „auf geeignete und ausgewogene Weise“ in die Befragung integriert werden.
Wie die Pressestelle gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte, wird die Befragung bis zum 1. Januar 2024 laufen – im Anschluss sollen die Gremien und Mitglieder über das Resultat informiert werden. Das Ergebnis gilt als Stimmungsbild und dürfte die innerparteiliche Diskussion weiter anheizen – bindend ist das Ergebnis aber nicht.
FDP-Abgeordnete stimmen für Ampel-Verbleib: Sonst „nur noch Orchideenthemen“
Erste FDP-Mitglieder machten bereits öffentlich, wie sie abstimmten. „Ich persönlich habe für eine Fortsetzung, also gegen einen Austritt aus der Regierungskoalition gestimmt“, sagte der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler gegenüber merkur.de von IPPEN.MEDIA. Schäffler, der sich in der Vergangenheit nicht mit Kritik an den Koalitionspartnern zurückhielt, begründet seine Entscheidung wie folgt: „Ohne die FDP würde die Regierung ‚vergrünen‘ und nur noch Orchideenthemen behandeln. Wir sorgen in der Regierung für mehr Realismus und weniger Ideologie.“
Dennoch hält Schäffler das Votum für „eine wichtige Beteiligungsmöglichkeit“. Es sei „gut“, dass alle Mitglieder zu einer Fortsetzung der Ampel-Koalition befragt würden. Dennoch ist ein Austritt für ihn offenbar keine Option. „Niemand wählt eine Partei, die sich aus dem Staub macht“, so sein Fazit.
Auch ein anderer, der sonst auch gerne querschießt und nicht mit Kritik am grünen Koalitionspartner spart, gibt sich betont zurückhaltend. „Es ist das legitime Recht von Mitgliedern, eine Befragung der Partei zu verlangen“, sagte Parteivize Wolfgang Kubicki unserer Zeitung vor rund einem Monat. „Allerdings glaube ich an die Vernunft der überwältigenden Mehrheit meiner Parteifreundinnen und -freunde, nicht für eine Flucht aus der Verantwortung zu stimmen.“ Revolution klingt anders. „Wir gewinnen keinen Wahlkampf mit dem Slogan: Wir sind gescheitert“, warnt Kubicki.
„Nicht gut für unser Land“: Teile der FDP-Basis wollen raus aus der Ampel-Koalition
Die Initiative folgt auf einen offenen Brief von 26 Landes- und Kommunalpolitikern der FDP, die nach den schlechten Wahlergebnissen in Hessen und Bayern gefordert hatten, die FDP müsse ihre Koalitionspartner überdenken. Im Gespräch mit merkur.de sagte Matthias Nölke, einer der Initiatoren, die Zusammenarbeit mit den Grünen und der SPD führe „in eine Sackgasse“, die aktuelle Regierung sei „nicht gut für unser Land“.
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Anders sieht das Volker Wissing: „Ich habe für den Verbleib in der Ampel gestimmt, weil die Herausforderungen unseres Landes viel besser bewältigt werden, wenn Freiheitsliebe mitregiert“, schrieb FDP-Bundesverkehrsminister am Montagnachmittag auf der Plattform X, ehemals Twitter. Dessen Parteichef Christian Lindner sagte zuvor, das FDP-Mitgliedervotum stresse ihn nicht. „Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt“, so der Bundesfinanzminister.
Neuwahlen könnten für die FDP das Aus im Parlament bedeuten
So unwahrscheinlich ein Ampel-Austritt der FDP derzeit auch scheint, muss den Liberalen bewusst sein, dass sie in diesem Fall sogar aus dem Bundestag fliegen könnten. Ein Koalitionsbruch würde zwar nicht automatisch Neuwahlen bedeuten, allerdings hätte eine rot-grüne Minderheitenregierung kaum Durchschlagskraft. Würden dann tatsächlich neu gewählt werden, würde sich die FDP auf recht dünnem Eis bewegen – immer schwankt man in Umfragen zuletzt zwischen vier und sechs Prozent.
Unter Druck setzen könnte das Vorhaben die Parteispitze dennoch, etwa wenn 60 oder 70 Prozent der Mitglieder teilnähmen „und davon eben mehr als die Hälfte sagt: raus aus der Ampel“, sagte Nölke. Mögliche Konsequenzen dürften dann frühestens im Januar gezogen werden. (nak/dpa)