Thailand führt Ehe für alle ein – im Nachbarland Malaysia drohen Haft und Auspeitschen
In Thailand können Schwule und Lesben bald heiraten, Singapur legalisierte vor Kurzem Sex unter Männern. Im Nachbarland Malaysia droht hingegen staatliche Verfolgung.
Am Samstag erstrahlte Singapurs Hong-Lim-Park ganz in Pink. Tausende Menschen waren zum „Pink Dot“ gekommen, dem alljährlichen Festival der LGBTQ-Gemeinde in dem asiatischen Stadtstaat. Sogar ein paar Politikerinnen und Politiker der Regierungspartei mischten sich unter die Feiernden, von denen viele in Pink und Rosa gekleidet waren. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem die Rechte von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten in der Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.
Wobei sich etwas tut in Singapur: Vor gut zwei Jahren hob die Regierung ein Gesetz aus der britischen Kolonialzeit auf, das Sex unter Männern unter Strafe stellte. Auch wenn es schon seit Jahren keine Verteilungen mehr gab, feierten Aktivisten den Schritt damals als Revolution. Gleichzeitig machte Singapurs Regierung klar, dass die Ehe für alle mit ihr nicht zu machen sei.
Gut 1500 Kilometer nördlich von Singapur ist man da schon weiter. In Thailands Hauptstadt Bangkok machte Mitte Juni das Parlament den Weg frei für die gleichgeschlechtliche Ehe. Nach dem Unterhaus stimmte auch der Senat mit großer Mehrheit für einen entsprechenden Gesetzentwurf, in wenigen Monaten können die ersten Ehen zwischen zwei Partnern gleichen Geschlechts geschlossen werden. Nur die Unterschrift des Königs fehlt noch. Thailand ist dann – nach Taiwan und Nepal – das dritte Land in Asien, das die Ehe für alle einführt.
„Die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe ist ein Meilenstein“
Von einem „Wendepunkt“ spricht Kath Khangpiboon, Professorin für Soziale Arbeit an der Thammasat-Universität in Bangkok und Aktivistin für Trans-Rechte. Das Gesetz könne „zu einem Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung führen“, sagt Kath, außerdem werde auch Thailands Wirtschaft profitieren: Die neue Offenheit des Landes werde noch mehr ausländische Touristen anziehen, glaubt die Professorin.
In Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia, blickt Numan Afifi mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung auf Thailand und Singapur. Malaysia liegt zwischen den beiden Ländern, vor allem zu Singapur sind die Beziehungen eng, Zehntausende pendeln täglich zum Arbeiten in den Stadtstaat. „Die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Thailand ist ein Meilenstein für die LGBTQ-Rechte in Südostasien“, sagt auch Numan. Er ist Gründer von JEJAKA, einer Organisation, die sich für die Rechte von schwulen und bisexuellen Männern einsetzt. Ein schwieriger Job.
Denn in Malaysia ist Homosexualität illegal, „Sodomie“ wird mit 20 Jahren Haft und Auspeitschen bestraft. Beinahe ebenso schlimm sei die Diskriminierung durch die Gesellschaft, sagt Numan – und zählt auf: „Ablehnung in der Familie und soziale Ächtung bis hin zu Diskriminierung am Arbeitsplatz und Mobbing in Bildungseinrichtungen“. Schwule und Lesben in Malaysia seien „gezwungen, im Verborgenen und in Angst zu leben“. Von einem „feindseligen Klima“ schreibt auch Human Rights Watch in einem Bericht aus dem Jahr 2022. Die Menschenrechtsorganisation prangert zudem an, dass der Staat „Konversionstherapien“ fördere, um Homosexuelle zu „heilen“.
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Homosexualität in Südostasien: „Der Weg zur vollständigen Gleichstellung ist lang“
Knapp zwei Drittel der Einwohner Malaysias sind Muslime, größte Partei im Parlament ist die islamistische PAS. „Diese Leute stellen Homosexualität regelmäßig als moralisch verwerflich dar“, sagt Numan. Auch die thailändische Aktivistin Kath Khangpiboon macht die Religion dafür verantwortlich, dass Malaysia Schwule und Lesben weiterhin unterdrücke, während das überwiegend buddhistische Thailand einen anderen, toleranten Weg gehe.
In Malaysia trägt die staatlich verordnete Homophobie bisweilen bizarre Blüten. Im vergangenen Sommer verhafteten die malaiischen Behörden mehrere Mitglieder der britischen Band The 1975 vorübergehend, weil Sänger Matty Healy seinen Bassisten auf der Bühne geküsst hatte. Wenig später sprach das Innenministerium ein Verbot für Swatch-Uhren im Regenbogen-Design aus, es drohen bis zu drei Jahre Haft. Es gebe einen „Konsens“ im ganzen Land, dass Homosexualität nicht akzeptabel sei, erklärte Malaysias Premierminister Anwar Ibrahim 2023 in einem CNN-Interview. Dabei war Anwar selbst jahrelang wegen angeblicher „Sodomie“ in Haft – die Vorwürfe wies er seinerzeit als Komplott politischer Gegner zurück.
Eine Behauptung, die man auch in Malaysia häufiger hört: Homo- und Transsexualität seien ein Import aus dem Westen. Unsinn, sagt Aktivist Numan Afifi. Dass Thailand die Ehe für alle geöffnet habe und in Singapur Sex unter Männern nicht mehr strafbar sei, zeige doch, „dass LGBTQ-Rechte mit asiatischen Werten kompatibel sind“. Auch in seiner Heimat macht er Veränderungen aus. In großen Städten wie Kuala Lumpur gebe es immer mehr Orte, an denen Schwule, Lesben und Transgender zusammenkommen können. Eine Veranstaltung wie den „Pink Dot“ im Nachbarland Singapur werde es in Malaysia so bald zwar nicht geben. „Der Weg zur vollständigen Gleichstellung ist lang“, sagt Numan. „Aber der Wandel wird kommen.“