Kommt doch die Zwangssanierung? EU beharrt auf strenge Sanierungspflicht
Kommt doch die Zwangssanierung? EU beharrt auf strenger Sanierungspflicht
Die Ampel-Regierung hatte eigentlich versprochen, die Sanierungspflicht der EU zu stoppen. Doch Brüssel besteht wohl auf die Einhaltung seiner Pläne.
Brüssel/Berlin – Vor einigen Wochen hatte die EU-Kommission in Brüssel ihre Pläne zur Sanierungspflicht von Wohngebäuden eigentlich abgeschwächt. Demnach sollten Eigentümer nicht mehr gezwungen sein, bis 2030 eine bestimmte Energieeffizienz zu erreichen. Doch ganz davon verabschieden will sich Brüssel anscheinend nicht – die betroffenen Verbände schlagen Alarm.
„Worst First“: EU will Sanierungspflicht für Wohngebäude
In Brüssel wird derzeit der Gesetzesvorschlag zu Sanierungspflichten für alte Gebäude diskutiert. Diesen hatte die EU-Kommission vorgelegt, etwa weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind.
In einem ersten Entwurf der Kommission wurde vorgeschlagen, dass Wohngebäude schrittweise saniert werden müssen, nach dem Prinzip von „Worst First“. Also: Die Gebäude mit der schlechtesten Energiebilanz sollen als Erstes zur Modernisierung gezwungen werden. Alle neuen Wohngebäude sollten bis 2030 emissionsfrei sein, bestehende sollten mindestens in Klasse E sein. Und bis 2033 sollten alle bestehenden Wohngebäude in der EU die Energieeffizienzklasse D erreicht haben.
Wenn Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden, kann das den Energiebedarf senken. Kritik gibt es wegen der Befürchtung, dass etwa hohe Sanierungskosten auf viele Hausbesitzer zukommen könnten. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen noch einen Kompromiss finden, bevor die Vorgaben in Kraft treten können.
Ampel-Koalition gegen Sanierungspflicht: Gefährde den „sozialen Frieden“
Entsprechend hatte man sich im Oktober unter den EU-Staaten eigentlich geeinigt, dass die Mitgliedsländer eigenverantwortlich dafür sorgen müssten, dass die Klimaziele in dem Sektor erreicht würden. Anstatt einzelne Gebäude zu bewerten, sollten Viertel oder Gemeinden als Ganzes betrachtet werden. Darauf hatten auch Regierungsvertreter der Ampel-Koalition gepocht. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte beispielsweise zu Politico, dass ansonsten der „soziale Frieden“ gefährdet sei, „weil Menschen den Eindruck gewinnen könnten, die Politik erschwert es ihnen, in den eigenen vier Wänden zu leben und das bezahlen zu können“.

Wie der Spiegel nun aber berichtet, ist doch noch kein Kompromiss gefunden worden. So besteht die Kommission immer noch auf den Ansatz „Worst First“, wie es in einem internen Protokoll aus den Beratungen hieße. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) habe sich daraufhin in einem Brandbrief an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewandt und davor gewarnt, eine solche Regelung zuzulassen. „Im Vorfeld der Europawahlen 2024 gleicht das einem Spiel mit dem Feuer“, zitiert das Magazin aus dem Brief.
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Nach Angaben der staatlichen Deutschen Energieagentur (Dena) stehen die rund 22 Millionen Wohngebäude in Deutschland aktuell für rund 35 Prozent des deutschen Energieverbrauchs. Etwa drei Viertel des Bestands wurde vor 1979 errichtet, ohne Vorgaben für den Wärmeschutz. Alte Gebäude brauchen laut Dena unsaniert für Raumwärme und Warmwasser das Drei- bis Fünffache von dem, was heute technisch möglich ist. „Energetische Sanierungen bieten damit ein enormes Potential, um unseren Energieverbrauch zu reduzieren“, bekräftigt die Energieagentur. Das kann aber teuer werden – auch wenn langfristig gesehen eine Sanierung dem Eigentümer Geld sparen kann, weil weniger Energie verbraucht wird. Noch dazu steigert eine Modernisierung den Wert einer Immobilie.
Mit Material von dpa