Von Besuchern überrannt: Beliebtem Ausflugsziel in Bayern droht die Sperrung
Immer mehr Touristen strömen zu Bayerns Naturjuwelen. Doch der Ansturm hat Folgen – und gefährdet die sensible Umwelt.
Nürnberg - Die Zugspitze und der Königssee sind bei Touristen sehr beliebt, doch auch weniger bekannte Orte erleben einen Besucheransturm, was Konsequenzen hat.
Zählt zu den schönsten: Kein Touri-Hotspot und trotzdem überlaufen
Die Schwarzachklamm, ein Naturjuwel südöstlich von Nürnberg, erfreut sich bei Ausflüglern großer Beliebtheit. Seit der Corona-Pandemie hat sich die Besucherzahl laut der Gemeinde Schwarzenbruck vervielfacht, was zu Problemen führt. Die Gemeinde sucht nun nach Möglichkeiten, die empfindliche Natur zu bewahren.
Die Schlucht ist nur ein Beispiel in Bayern: Die wachsende Wanderlust betrifft nicht mehr nur bekannte Ziele wie die Zugspitze oder den Königssee. Auch weniger bekannte Orte werden zeitweise überrannt, da soziale Medien und Outdoor-Portale sie überregional bekannt machen.
Der Fluss Schwarzach hat sich zwei Kilometer durch den Burgsandstein gegraben. Die Schlucht zählt laut dem Landesamt für Umwelt zu den schönsten Geotopen Bayerns und steht unter Naturschutz. Dennoch hielten sich zu viele Menschen nicht an die geltenden Regeln, sagt Schwarzenbrucks Bürgermeister Markus Holzammer (Freie Wähler). „Es wird an den Steilhängen geklettert, die Wege werden verlassen, Müll und Zigarettenstummel liegengelassen.“
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Ausflügler planen Touren mithilfe von Social Media
Warum interessieren sich plötzlich so viele für Orte wie die relativ kleine Klamm in Bayern? Dieses Phänomen sei rund um viele deutsche Großstädte zu beobachten, sagt Tourismusforscher Markus Pillmayer von der Hochschule München. „Die Leute wollen sich in ihrer Freizeit erholen und sportlich betätigen, sei es Wandern, Fahrradfahren, Klettern oder Ähnliches - und das findet natürlich im Umland statt.“
Hinzu kommt, dass viele ihre Ausflüge spontan je nach Wetter und Laune planen, oft mithilfe von Instagram, TikTok, Outdoor-Portalen und regionalen Tourismus-Seiten. Dabei wählen sie oft eine Tour, die ihnen gefällt, ohne sich näher zu informieren, ob diese zu der Zeit begehbar sei und ob diese über offizielle Wege führe.
Das Walberla, ein Tafelberg in der Fränkischen Schweiz mit markanten Felstürmen, ist ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel und Fotomotiv. Das gesamte Bergmassiv heißt eigentlich Ehrenbürg.
„Wird einfach durchgeschnitten oder abgerissen“: Ärger über Ausflügler
Dort sind viele Trampelpfade neben den offiziellen Wanderwegen entstanden, die Schäden regenerieren sich nicht mehr über den Winter, beschreibt Wiehn die Lage. Ihrer Meinung nach schlagen Outdoor-Portale teilweise Routen auf diesen illegalen Pfaden vor, sogar Fahrradtouren, obwohl der Berg für Fahrräder gesperrt ist, sagt sie.
An den Eingängen des Naturschutzgebiets gibt es Infotafeln und kleinere Schilder, die über die Verhaltensregeln informieren. Doch manche Menschen übersehen oder ignorieren diese bewusst, sagt Wiehn. Trampelpfade wurden sogar mit Flatterbändern abgesperrt, um der Natur Erholung zu ermöglichen. „Das Flatterband ist weg innerhalb kürzester Zeit. Das wird einfach durchgeschnitten oder abgerissen.“
Im Zuge eines neuen Besucherlenkungskonzepts sollen laut Wiehn unter anderem neue Geländer, zusätzliche Hinweisschilder und Fahrradständer an den Eingängen installiert werden, um das Radfahrverbot deutlich zu machen.
Auch das Landratsamt Oberallgäu setzt online und vor Ort auf Besucherlenkung (https://www.freiraum-lebensraum.info/), um Achtsamkeit und Verantwortung bei den Besuchern zu fördern. Ergänzend sind Naturschutzwächter und punktuell die Polizei im Einsatz, zum Beispiel am Schrecksee, der bei jüngeren Besuchern als Fotomotiv beliebt ist.
Beliebtem Ausflugsziel droht die Sperrung
Die Gemeinde Schwarzenbruck plant, ein Schutzkonzept in der Schwarzachklamm umzusetzen. Die Naturschutzbehörden haben dafür grünes Licht gegeben, sagt die Umweltbeauftragte Mareike Menneckemeyer. Geplant sind unter anderem zusätzliche Infotafeln an kritischen Stellen und die Einfassung von Wegen. Auch Ranger könnten in den nächsten Wochen verstärkt im Einsatz sein.
Sollte das nicht ausreichen: „Wir sind dem nicht abgeneigt, die Klamm temporär zu sperren. Aber das ist nicht unsere erste Wahl“, sagt Menneckemeyer. Ein Beispiel gibt es bereits: Im Nationalpark Berchtesgaden wurde 2022 eine pittoreske Gumpe oberhalb des Königssees gesperrt, weil Selfie-Jäger den Weg dorthin querfeldein suchten. (kam/dpa)