Klo-Vorschlag des Ur-Grünen: Erst verlacht und dann umgesetzt

Sie erinnern sich sicher an die Werbekampagne aus Baden-Württemberg und den Spruch: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein gutes Beispiel dafür. Aber er ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass man auch als Grünen-Politiker weniger auf Ideologie und stattdessen auf Pragmatismus setzen kann. Seit 2011 ist der Politiker im Amt, länger als jeder andere seiner Amtsvorgänger. Er hat zwar früher mal die zu vielen Autos auf deutschen Straßen beklagt. Aber das hat sich schnell gelegt. Heute fährt er standesgemäß mit einem ordentlichen Mercedes auf deutschen Straßen.

Winfried Kretschmann ist beliebt – nur nicht bei den Grünen in Berlin

Er führt „The Länd“ bis zu den Wahlen im nächsten Jahr. Der TV-Beitrag „Winfried Kretschmann: Der grüne Schlossherr“ (abrufbar in der ARD-Mediathek und am Donnerstagabend im TV) begleitet den beliebten Landespolitiker und untersucht, wie erfolgreich er agierte. 

Dabei tat sich Kretschmann zu Beginn seiner politischen Karriere durchaus schwer. Er gilt als kauzig, konservativ, bodenständig, eben ein wenig aus der Zeit gefallen. In der grünen Bubble der Hauptstadt kommt er nicht ideal an. Und die Jungen Grünen kritisieren den ehemaligen Bio-Lehrer deutlich als zu rechts.

Kretschmann eckt an. Er als Realo gegen die Fundis

Schon bei seinem Start in der Öko-Partei Ende der 70er-Jahre legt er sich mit seinen Parteikollegen an. Auch bei den Feministinnen eckt er an. Er bleibt stur und sagt heute: „Ich war immer harter Gegner der Fundis. Ich war immer ein Hardcore-Realo.“ 

So habe er damals, 2011, die Wahlen in Baden-Württemberg gewonnen. Joschka Fischer berichtet vom Wahlabend: „Die müssen in der CDU-Zentrale in den Tisch gebissen haben. So einen hatten sie nicht.“

Er mag kein Gendern und fremdelt mit Klima-Aktivisten

Er mag kein Gendern, er hat mit Klima-Aktivisten und Straßenklebern nichts zu tun. Und als ihm sein Stab mitteilt, dass er sonntags in Marbach eine Kafka-Ausstellung zusammen mit Parteikollegin Claudia Roth eröffnen soll, entfährt ihm: „Oh, Gott!“ 

Und das klang wahrlich nicht nach Freude über eine höhere Macht. Dafür loben ihn andere, die nicht den Grünen angehören. Thomas Strobl, CDU, sagt: „Er ist ein Pragmatiker mit liebevollem Blick.“ Der Bayern-Kollege Markus Söder, CSU, meint: „Ich schätze und respektiere ihn sehr.“

Eine Taste fürs kleine, eine andere fürs große Geschäft

Eine schöne Rand-Episode erlebt man auch in der Reportage. Der junge Grüne Kretschmann macht einen Vorschlag, der jeden Schwaben glücklich machen sollte. Er empfiehlt die Zwei-Stufen-Regelung fürs Klosett. 

Also zwei Tasten, einer für kleines und einer fürs große Geschäft. Damals wurde Kretschmann verlacht für diese Idee. Heute ist das in Klos ein Standard. Da sage noch einer, ein grüner Konservativer bringe nichts auf den Weg.

TV-Kolumne "Winfried Kretschmann"
Als junger Grüner war Kretschmann rebellisch - aber gleichzeitig konservativ ARD