„Schreckliche Zehn“ schlimmer als Trump-Zölle: Reiche fordert Ende von EU-Hürden

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Angesichts drohender höherer US-Zölle will die Bundeswirtschaftsministerin den EU-Binnenmarkt stärken. Dazu sollen Handelshemmnisse innerhalb der EU abgebaut werden.

Berlin – Die Europäische Union ist einer der größten Wirtschaftsmärkte weltweit. Laut dem Bundeswirtschaftsministerium erwirtschaften ihre über 450 Millionen Bürger und über 24 Millionen Unternehmen im Jahr 2023 14,7 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit liegt sie hinter China mit 18,7 Prozent und den USA mit 15,0 Prozent auf Platz drei.

Reiche fordert Beseitigung teurer Handelshürden in der EU: Binnenmarkt wächst rasant

Der EU-Binnenmarkt hat eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Mitgliedstaaten. Der Abbau von Handelsbarrieren wie Zöllen lässt den innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr rasant wachsen. Laut der EU hat sich der jährliche Export innerhalb des Staatenbundes seit 1993 auf 3,4 Billionen Euro im Jahr 2022 verfünffacht.

Auch Zahlen der Bundeszentrale für politische Bildung gehen in die gleiche Richtung. Demnach exportierten die Mitgliedstaaten (damals noch EU-28 inklusive Großbritannien) im Jahr 2017 Waren im Wert von 5224 Milliarden Euro. Dabei entfielen 64,0 Prozent oder 3345 Milliarden Euro auf den Export in andere EU-Mitgliedstaaten. Vom Gesamtimport in Höhe von 5139 Milliarden Euro entfielen 3280 Milliarden Euro oder 63,8 Prozent auf den Handel innerhalb der EU. Der Anteil der Ausfuhren Deutschlands in andere EU-Staaten belief sich auf 58,5 Prozent der Gesamtexporte. Der Intra-EU-Import entsprach 66,0 Prozent des Gesamtimports.

Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche will, dass Deutsche später in Rente gehen.
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche will den EU-Binnenmarkt durch Abbau von Handelshemmnissen stärken. (Archivbild) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Reiche fordert Beseitigung teurer Handelshürden in der EU: Barrieren kosten das Dreifache der Trump-Zölle

Seit der erratischen Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump nimmt die Bedeutung des EU-Binnenmarkts zu. Darauf hat auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hingewiesen. Sie hat eine Beseitigung interner Barrieren gefordert. Dabei gehe es um eine Gesamtbelastung durch solche Barrieren von 44 Prozent, also fast das Dreifache der drohenden Trump-Zölle, sagte Reiche der Bild am Sonntag.

„Das sind über das Jahr genommen Milliardenverluste, die den Unternehmen und damit auch den Arbeitnehmern verloren gehen“, so Reiche. Die EU müsse endlich ihren Binnenmarkt vollenden. Zwar habe es zuletzt kleine Fortschritte gegeben, man sei aber noch längst nicht am Ziel.

Reiche fordert Beseitigung teurer Handelshürden in der EU: Unterschiedliche Regelungen schrecken ab

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm stimmt Reiche zu. „Der Schaden ist immens. Diese vielen unterschiedlichen Regeln schrecken Unternehmen und vor allem Investoren ab“, sagte die Ökonomin dem Blatt. „Unternehmen investieren nicht, wenn sie die Regelungen gar nicht mehr durchschauen.“ Auf EU-Ebene, in den Mitgliedstaaten, in den Bundesländern und in den Kommunen gebe es überall unterschiedliche oder zusätzliche Regeln.

Gegenüber der Bild am Sonntag hieß es von der Europäischen Kommission, mit der neuen Binnenmarktstrategie würden die zehn größten Hindernisse – die sogenannten „Schrecklichen Zehn“ – angegangen. Die Strategie sehe vor, den EU-Markt „nahtlos, einfacher und stärker zu machen“.

EU-Kommission will zehn Hürden im Binnenmarkt beseitigen

Zu den zehn größten gemeldeten Hemmnissen im europäischen Binnenmarkt, die die EU-Kommission beseitigen will, gehören

  1. komplizierte Niederlassung und Geschäftstätigkeit
  2. komplexe EU-Vorschriften
  3. mangelnde Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten
  4. beschränkte Anerkennung von Berufsqualifikationen
  5. Fehlen einheitlicher Standards
  6. fragmentierte Verpackungsvorschriften
  7. mangelnde Produktkonformität
  8. restriktive und divergierende nationale Vorschriften für Dienstleistungen
  9. aufwendige Vorschriften für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in risikoarmen Sektoren
  10. ungerechtfertigte territoriale Angebotsbeschränkungen, die zu hohen Preisen für Verbraucher führen.

Reiche fordert Beseitigung teurer Handelshürden in der EU: Dienstleistungshandel ist Flickenteppich

Anders als beim Güterhandel ist die EU im Bereich des Dienstleistungshandels trotz des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs noch immer ein Flickenteppich aus 27 unterschiedlichen Systemen. Laut einer Studie des ifo-Instituts, die im Auftrag der IHK München und Oberbayern erstellt wurde, wird dieser Bereich durch unterschiedliche bürokratische und institutionelle Regelungen gehemmt, die „tief in den nationalen Systemen verwurzelt“ sind.

Am Donnerstag, 7. August, sollen die neuen US-Zölle in Kraft treten. Die Einigung zwischen der EU und den USA sieht einen Zollsatz in Höhe von 15 Prozent für die meisten EU-Importe in die USA vor.

Auch interessant

Kommentare