Warum sich Bauern in Europa für Proteste zusammenschließen
Bauernproteste begleiten Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel. Die teilweise gewaltsamen Demonstrationen der Bauern richten sich gegen die EU-Agrarpolitik.
Brüssel – Die Bauernproteste reißen nicht ab: Angesichts eines Treffens der EU-Agrarminister in Brüssel haben Hunderte Landwirte teils gewaltsam gegen die Agrarpolitik demonstriert. Insgesamt 900 Traktoren blockierten am Montag (26. Februar) Straßen im EU-Viertel, wie die Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf die Polizei berichtete.
Bereits seit Längerem sind Landwirte in zahlreichen EU-Ländern auf den Straßen, um unter anderem gegen EU-Handelsabkommen, Bürokratie und Umweltauflagen zu protestieren.
Bauernproteste in Brüssel gegen EU-Agrarpolitik – was sind die Hintergründe?
Es geht unter anderem um die Angst vor Billigimporten aus Drittstaaten, den Ärger über zu viele Umweltvorgaben im Rahmen des Europäischen Grünen Deals. Zudem wächst der Ärger über zu viel Bürokratie. „Das Statistische Bundesamt hat berechnet: En durchschnittlicher Landwirt verbringt ein Viertel seiner Zeit am Schreibtisch“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vor dem Treffen in Brüssel. „Also unser Motto muss sein: Das muss dringend runter.“ Weg mit überbordender Bürokratie. Konzentration aufs Wesentliche. Feldarbeit statt Papierarbeit ist das Motto der Stunde.“
Wegen EU-Bauernprotesten: Kommission kündigte Lockerungen an
Die EU-Kommission hatte schon angekündigt, den Landwirten in dem Punkt entgegenzukommen. So will die Kommission im März eine groß angelegte Befragung bei allen Bauern starten. Die Online-Umfrage soll dazu beitragen, Ursachen für Sorgen der Landwirte und den Verwaltungsaufwand zu ermitteln. Zudem hat die Kommission konkrete Pläne für Lockerungen bei den Anforderungen. Künftig soll die Zahl der Kontrollbesuche von Behörden der Mitgliedstaaten auf den Höfen halbiert werden.
Ebenso setzte die Kommission bereits eine Regelung rückwirkend zum Januar dieses Jahres aus, wonach Landwirte vier Prozent der Ackerfläche ungenutzt lassen müssen, damit sich dort die Natur erholt. Mit der Vorgabe soll eigentlich die Umwelt geschützt werden. Damit Betriebe von der vorgeschlagenen Ausnahme profitieren können, sollen sie im Gegenzug auf sieben Prozent ihrer Ackerflächen stickstoffbindende Pflanzen wie Linsen oder Erbsen beziehungsweise Zwischenfrüchte anbauen.
Wegen EU-Bauernprotesten: Kommission nimmt Pestizidgesetz zurück
Angesichts der andauernden Proteste der Bauern zog die EU-Kommission zudem ihren Vorschlag für eine Pestizidverordnung zurück. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, die Verordnung sei ein Symbol der Polarisierung geworden. Laut von der Leyen ist das Ganze damit aber nicht vom Tisch.
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Im zurückgezogenen Vorschlag war vorgesehen, dass Landwirte den Einsatz von Pestiziden in den kommenden Jahren deutlich einschränken müssen. Konkret sollten laut Kommissionsvorschlag insgesamt 50 Prozent weniger Pestizide bis 2030 eingesetzt werden. Ziel war es, damit das Artensterben einzudämmen.
Bauernproteste in Brüssel drohen zu eskalieren – Sperren und brennende Reifen
Doch wird die Reaktion der EU-Kommission und die Aussicht auf Lockerungen den Zorn der Bauern bändigen? Die Landwirte brachten am Montag in Brüssel ihre Wut zum Teil auf gewaltsame Art zum Ausdruck. Sie setzten Reifen in Brand, schütteten Gülle auf die Straße, und Pyrotechnik wurde gegen Polizisten gerichtet. Die Beamten setzten Wasserwerfer ein. Neben lautem Hupen waren auch immer wieder kleinere Explosionen zu hören. Die Polizei richtete zahlreiche Straßensperren rund um die EU-Institutionen ein.
Der flämische Bauernverband Boerenbond distanzierte sich von den gewaltsamen Protesten. Das in Brüssel sei ein krasser Gegensatz zu den bisher friedlichen und sicheren Protesten im Land und sei nicht die Art, sich Gehör zu verschaffen, erklärte eine Sprecherin des Verbands gegenüber der Agentur Belga.
Bauernverband Boerenbond distanziert sich von gewaltsamen Protesten
Nicht nur in Brüssel protestierten Landwirte. Polnische Bauern haben 24 Stunden lang die Autobahn nach Deutschland an der Grenze bei Frankfurt (Oder) blockiert. Während der Blockade der Autobahn 12 wurden Auto- und Lastwagenfahrer auf andere Routen umgelenkt. Ein Verkehrschaos am Grenzübergang blieb aus. Am Montagnachmittag konnte der Verkehr nach dem Ende der Protestaktion wieder fließen, teilte eine Sprecherin der polnischen Polizei in Slubice der Deutschen Presse-Agentur mit.
Am Sonntag (25. Februar) und Montagmorgen mussten Lastwagen, Autos und Busse Umleitungen fahren, weil auf polnischer Seite kilometerweit Traktoren standen. Auch in Madrid haben Landwirte Proteste angekündigt. Rund 5000 Bauern werden am Nachmittag vor dem Sitz der Vertretung der Europäischen Kommission erwartet. (bohy mit dpa)