Union-Streit über die Grünen: Von kleinen und großen Teufelchen
Die Grünen flirten mit der Union. Noch nicht überall stoßen die Avancen auf Gegenliebe. Vor allem nicht in Bayern. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Seit die Grünen die Übergangs-Ampel aufs politische Altenteil geschoben haben und stattdessen wieder der Union schöne Augen machen, ist man sich auch zwischen CSU und CDU plötzlich nicht mehr grün: Eine Art Unvereinbarkeitsbeschluss mit den Grünen verlangt CSU-Chef Markus Söder und weist deren „peinliche Anbiederung“ entrüstet zurück. Keine Koalitionsoption voreilig ausschließen, kontert der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der in Düsseldorf selbst eine schwarz-grüne Koalition führt.
Da geraten, wenig überraschend, nicht nur die beiden Unions-Reserve-Kanzlerkandidaten aneinander, sondern auch zwei Denkschulen: Der Bayer Söder, lange selbst auf weichgespültem Merkel-Kurs, will die Union endlicher wieder kantiger ausrichten und hofft, so misstrauische konservative Wähler zurückholen zu können, um nach einem Wahlerfolg aus einer starken Position heraus Koalitionsgespräche mit einer dann (hoffentlich) pragmatischeren Klingbeil- oder Pistorius-SPD führen zu können.
Söder schließt Koalition mit Grünen aus – doch Wüst und Merz halten sich Optionen für Union offen
Wüst und Merz hingegen wollen sich möglichst viele Bündnisoptionen offenhalten, um nach der Bundestagswahl in gleichzeitigen Verhandlungen mit SPD und Grünen den Preis drücken zu können. So, wie es Boris Rhein in Hessen gerade mit beträchtlichem Erfolg vorexerziert hat.
Für beide Positionen lassen sich stichhaltige Argumente finden, wobei die Union sich nicht überall in einer so komfortablen Lage befindet wie in Söders Bayern, wo die Freien Wähler als natürlicher Mehrheitsbeschaffer bereitstehen. Deren niederbayerischer Stammesführer Hubert Aiwanger verfügt aus CSU-Sicht zwar auch über erhebliches Nervpotenzial. Doch ist er, verglichen mit dem „Kanzlerkandidaten“ Robert Habeck, für Söder der kleinere Teufel. Ein Coup ist den zuletzt nicht gerade erfolgsverwöhnten Grünen jedenfalls schon gelungen: Sie haben ihren epischen Ampelstreit für einen Moment elegant in die Reihen der Union getragen.