Wenige Monate vor Olympia 2024: Mutmaßlicher Doping-Skandal in China aufgedeckt
Eine Recherche der ARD und der New York Times hat einen großen Dopingfall in China aufgedeckt. Die WADA schritt nicht ein.
Potsdam – Schon bald beginnen die Olympischen Sommerspiel 2024 in Paris. Gespannt blicken die Athletinnen und Athleten auf das Weltevent, um sich in den zahlreichen Sportarten zu messen. Die großen Sportnationen eifern dabei auch um den ersten Rang in der Gesamtwertung des Medaillenspiegels. Ein Verdacht auf Massendoping in China sorgt nun für viel Aufregung im Vorfeld der Großveranstaltung.
Olympia-Siegerin wurde weniger Monate vor den Spielen in Tokio positiv getestet
Der Fall, den die ARD und die New York Times in einer gemeinsamen investigativen Recherche aufgedeckt haben, fand in Januar 2021 bei einem nationalen Wettkampf im chinesischen Shijiazhuang statt. 23 Schwimmerinnen und Schwimmer wurden dabei auf das für Profisportlerinnen und Profisportler strengstens verbotene Herzmittel Trimetazidin getestet.
Bei den Betroffenen handelte sich unter anderem um die spätere Doppel-Olympiasiegerin Zhang Yufei sowie Wang Shuan und Yang Junxuan, die ebenfalls in Tokio Medaillen gewannen. Die chinesische Anti-Doping-Agentur CHINADA hat einen Bericht verfasst, wie es zu diesen positiven Dopingtests kam. Der Untersuchung wurde allerdings von einer staatlichen Institution durchgeführt. Das Dokument liegt der ARD vor.
Trotz positiver Dopingfälle: WADA schaut nur zu
Laut des Berichts gab es eine Kontamination mit dem verbotenen Mittel in der Hotelküche in Shijiazhuang, durch die die Substanz in das Essen geraten sei. Die Schwimmerinnen und Schwimmer haben Trimetazidin dann unwissend über die Nahrung aufgenommen, wie es heißt. Die CHINANDA teilte die positiven Testergebnisse fristgerecht zwei Monate später der WADA mit. Die Welt-Anti-Doping-Agentur reagierte nicht. Die chinesische Untersuchung, bei der Rückstände des Medikaments in der Hotelküche gefunden worden sein sollen, folgte dann im Juni.
Auf ARD-Anfrage hieß es von der WADA, dass es „keine Grundlage gebe“ die CHINADA-Erklärung anzufechten. Demnach gab es lediglich eine „niedere Konzentration“ und „schwankende Werte“ bei den Betroffenen, die laut des Regelwerks keine unabhängige Untersuchung nach sich zog. Die CHINADA schrieb außerdem, dass es „keine Anti-Doping-Verstöße“ gegeben habe. Auf dieser Grundlage blieb die WADA tatenlos.

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Trotz Dopingverdachtsfälle gingen Schwimmerinnen und Schwimmer in Tokio an den Start
Kritik an dem Vorgehen gab es unter anderem von Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD): „Wenige Monate vor den Olympischen Spielern muss der im Raum stehende Verdacht des Wegschauens oder gar Vertuschens schnellstens umfassend aufgeklärt werden.“ Auch Sportrechtler Thomas Summerer kritisierte gegenüber der ARD: „Die WADA als höchstes Kontrollgremium im Weltsport hätte intervenieren müssen, damit mehr Licht ins Dunkel kommt.“
Außerdem wurden die Athletinnen und Athleten trotz der positiven Dopingtests nicht vorläufig von der WADA gesperrt, wie es bei solchen Vergehen üblich ist. Die Sportlerinnen und Sportler durften Ende April an den Vorausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen und konnten später in Japan große Erfolge feiern. Die tatsächlichen Konsequenzen dieser Recherche sind noch ungewiss. Auch in Deutschland gab es zuletzt einen Doping-Skandal. (jsk)