Maloja Pushbikers aus Holzkirchen beenden 2023 als zweitbeste deutsche Mannschaft
Holzkirchen - Ein Rundfahrtsieg, sechs Etappenerfolge, 24 Podestplätze und 42 Top-Ten-Platzierungen – für die Maloja Pushbikers geht gerade das sicher erfolgreichste Jahr zu Ende. Damit befinden sie sich auch voll im Soll ihres Fünf-Jahre-Plans.
Mit 385 UCI-Punkten sind die Holzkirchner Radsportler das zweitbeste deutsche Team. Nur das World-Tour-Team BORA-Hansgrohe war besser. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass das Raublinger Team, das auf der Worldtour Platz zehn belegt, dort zig-fache Millionenbeträge zur Verfügung hat.
„Das Niveau in unserer Mannschaft ist inzwischen so hoch, die opfern sich regelrecht auf. Da ist keiner dabei, der nur sein eigenes Ergebnis im Kopf hat“, verrät Team-Chef Christian Grasmann das Erfolgs-Geheimnis der Pushbikers. Neben dem ausgeprägten Teamgeist bleibt aber in erster Linie harte Arbeit der Grundstein für die hervorragenden Ergebnisse. „Man muss schon extrem hart arbeiten, um dazuzugehören“, erklärt Grasmann.
Roy Eefting-Bloem sorgte schon früh im Jahr für das erste Topergebnis der Pushbikers. Der 34-jährige Niederländer rauschte bei der Bahnrad-EM in Glasgow auf Platz zwei und bei der Weltmeisterschaft auf Platz vier nur knapp an den Medaillen vorbei. Wenig später holte Eefting-Bloem dann aber den ersten Saisonsieg für sein Team. Der eigentliche Bahn-Spezialist setzte sich im Massensprint von Taipeh durch und gewann so die Auftakt-Etappe der Taiwan-Rundfahrt. Auf Platz drei landete noch Teamkollege Filippo Fortin, der vorher den Zielsprint vorbereitet hatte. „Du hast früh gemerkt, wie heiß die Jungs waren, aber dass sie dann gewinnen, war schon irre“, erzählt Grasmann.
Gleich fünf weitere Mal stand Fortin dann noch auf dem Podest ganz oben: bei der Rundfahrt Belgrad-Banjuka, der Tour of Estonia, der Tour of Bulgaria und zweimal bei „In the footsteps of the Romans“ in Bulgarien. Wobei er die letzte am Ende sogar in der Gesamtwertung gewann. „Vom Niveau aber vielleicht noch höher einzuschätzen war die Tour of Estonia“, erzählt Grasmann und lobt dabei die tolle Leistung des 23-jährigen Dänen Matias Malmberg, der dort einen sensationellen zweiten Platz belegte. „Matias ist eine richtige Maschine!“
Auch zum Jahresende, inzwischen wieder in Europas Hallen unterwegs, sind die Pushbikers recht aktiv und ebenfalls sehr erfolgreich. Roy Eefting-Bloem gewann ein Scratch-Rennen in der UCI Track Champions League und Matias Malmberg fuhr mit dem Neuseeländer Aaron Gate beim Sechs-Tage-Rennen in Gent gleich zwei Siege ein und lag damit in der Gesamtwertung auf Platz fünf.

„Natürlich gehört immer auch eine Portion Glück dazu, aber die Erfolge sind letztlich doch das Ergebnis eines geplanten Prozesses“, betont Grasmann. Ein Prozess, an dessen Ende 2025 der 42-jährige Teamchef seine Pushbikers gerne mit der Pro-Lizenz sehen würde. „Damit wären wir dann das einzige deutsche Pro-Team“, erklärt Grasmann, fügt aber sofort hinzu, „dass der Plan jetzt nicht auf Teufel komm raus aufgehen muss.“ Wichtiger ist ihm in jedem Fall ein rundes und gesundes Team. „Der Rest ergibt sich dann von ganz allein. Letztlich ist es egal, ob ein Fahrer nach 90 oder 100 Kilometern abgehängt wurde – entscheidend ist, dass er bis dahin aber wichtige Arbeit fürs Team gemacht hat.“
Ohne Merchandising und besonders ohne Sponsoren ist das Ganze natürlich nicht zu schaffen. Sponsoren stehen auf Sichtbarkeit, Kommunikation und medienwirksame Präsenzen, am liebsten im Fernsehen, und natürlich Erfolge. „Inzwischen ist das Interesse am Team merklich gestiegen“, verrät Grasmann stolz. Noch besser wäre es aber, wenn die Pushbikers aus ihrer recht regionalen Umgebung noch mehr internationale Aufmerksamkeit erreichen würden. „Dann wirst du auch gleich für den ein oder anderen Fahrer viel interessanter“, weiß der Teamchef. Für die hohen Ziele ist das auch notwendig, denn mit Paul Rudys und Liam Bertazzo beenden zwei Eckpfeiler ihre Karriere. Wer zukünftig neu zum Team stößt, will Grasmann noch nicht verraten. Sein Gesichtsausdruck verrät aber, dass er mit den bisherigen Verhandlungen mehr als zufrieden ist.
Neben dem Ausbau der bereits guten Beziehung zwischen Team und Community soll dann auch der neue Standort Waakirchen weitere Vorteile bringen. Spätestens im kommenden April wird der Umzug von Holzkirchen ins Gut Oberkammerloh stattfinden. „Dass wir uns dort einrichten und verwirklichen können, dafür möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bei Leonhard Bendel und seiner Frau Hannah für das große Entgegenkommen bedanken“, betont Grasmann. Sicherlich auch mit dem nicht ausgesprochenen Hinweis darauf, dass gerade das Interesse und die Unterstützung speziell im Landkreis Miesbach noch ausbaufähig wären.

Von Oberkammerloh aus soll dann der Weg ins internationale Geschäft weiter verfolgt werden. „Die angepeilte Protour mit Starts bei der Tour de France oder den Klassikern wie Paris-Roubaix oder Mailand – Sanremo würden die Pushbikers dann in die allererste Reihe des Radsports bringen. Da findet dann das ganz große Kino statt“, ist sich Grasmann sicher. Dass der Eintritt in diese Eliteliga die eine oder andere Million erfordert, ist selbstredend und bedarf noch viel Einsatz. „Die Gehälter für die Fahrer sind dabei noch der kleinste Teil der Kosten“, erklärt Grasmann. „Die Flüge und Fahrten, die Versicherungen, die UCI-Gebühren und das ganze Team an Betreuern und Technikern im Hintergrund sind vor allem die Kosten, die wir erst generieren müssen.“
Bevor es allerdings soweit ist, verlangt auch jetzt schon die Zusammenstellung des perfekten Rennkalenders Grasmann viel Arbeit ab. „Wir sind ja so gut wie immer im Rennbetrieb. Nach den Feiertagen geht es zum Beispiel ohne Pause weiter mit den Sechstage-Klassikern in Berlin und Bremen.“ Spätestens im März geht es dann für die Maloja Pushbikers wieder zurück auf die Straße und nach Taiwan, um die tollen Ergebnisse des so erfolgreichen Jahres 2023 möglichst zu wiederholen.