„Unruhe in der Belegschaft“: Pharmariese baut an deutschen Standorten hunderte Stellen ab
Der Pharmariese Teva streicht bei seiner Deutschlandtochter eine dreistellige Zahl an Stellen. Laut einem Gewerkschafter könnte das aber erst der Anfang sein.
Ulm – In der europäischen Pharmaindustrie sorgen derzeit Briefe von US-Präsident Donald Trump für große Aufregung, vor Herausforderungen steht die wichtige Branche aber bereits seit langem. Eine interne Mail hatte vor wenigen Monaten bereits am Deutschlandsitz des israelischen Pharmakonzerns Teva in Ulm (Baden-Württemberg) die Sorge vor einem umfassenden Stellenabbau geschürt. Nun steht fest, dass bei Teva Deutschland, um die traditionsreichen Unternehmen Ratiopharm und Merckle, rund 200 Stellen abgebaut werden sollen.

Wie die Augsburger Allgemeine von Julian Liebner, dem Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) erfahren hat, soll der geplante Stellenabbau bei Teva/Ratiopharm in zwei Schritten erfolgen. Als Grund für die Maßnahme nennt der Gewerkschafter zum einen Sparvorgaben von dem Mutterkonzern aus Israel, und zum anderen auch, dass eine Effizienzsteigerung durch Automatisierung und dem Einsatz von KI angestrebt wird. Jüngst hatte ein japanischer Pharmakonzern angekündigt, seinen bisherigen Deutschlandsitz aufgeben zu wollen.
Teva/Ratiopharm: Stellenabbau in Ulm und Blaubeuren soll auf Freiwilligkeit basieren
Der Stellenabbau bei Teva/Ratiopharm soll sich dem Bericht zufolge sowohl am Stammsitz in Ulm als auch am größten Produktionsstandort des Teva-Konzerns in Blaubeuren-Weiler (Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg) bemerkbar machen. Da im ersten Schritt im Frühjahr bereits 50 Stellen abgebaut wurden, stehen noch rund 150 Arbeitsplätze zur Disposition. Laut Liebner von der IGBCE soll die Sparmaßnahme auf Freiwilligkeit basieren, betriebsbedingte Kündigungen seien „Stand jetzt“ nicht geplant, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Bei einem deutschen Traditionsunternehmen läuft ein solches Freiwilligenprogramm derzeit nicht nach Plan.
Name | Teva Deutschland |
Gründung | 2010 (Merckle GmbH 1881, Ratiopharm GmbH 1973) |
Sitz | Ulm, Baden-Württemberg |
Branche | Pharmaindustrie |
Mitarbeiter | 2.900 (2024) |
Standorte | Ulm, Blaubeuren-Weiler, Berlin |
Bei Teva Deutschland sollen die Arbeitsplätze konkret durch Auflösungsverträge mit Abfindungszahlungen sowie durch das Nicht-Nachbesetzen von frei werdenden Stellen abgebaut werden. Laut dem Gewerkschafter würden einige Mitarbeiter die Abfindung, die mit maximal zwei Jahresgehältern vergleichsweise gering ausfallen soll, nur deshalb annehmen, weil sie befürchten, ansonsten komplett leer auszugehen. Zum Vergleich: beim Maschinenbauer Chiron hängt die Abfindung von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab und kann bis zu 150.000 Euro betragen.
IGBCE-Chef befürchtet weitere Sparmaßnahmen - „Ende der Fahnenstange“ noch nicht erreicht?
Am Hauptsitz von Teva Deutschland und Ratiopharm in Ulm sowie am größten Produktionsstandort in Blaubeuren-Weiler arbeiten insgesamt laut Unternehmensangaben rund 2.900 Menschen. Ein sozialverträglicher Abbau von 200 beziehungsweise noch 150 Stellen klingt demnach vergleichsweise human, IGBCE-Bezirksleiter Julian Liebner sieht aber ein weiteres Problem. „Was ist mit den Leuten, die zurückbleiben?“, fragte er und führte auf, dass zu befürchten sei, dass die restliche Belegschaft dann mit noch größerem Druck konfrontiert werde. „Das sorgt für Unruhe in der Belegschaft.“
Zumal der Gewerkschafter nach eigenen Angaben bezweifelt, ob „das Ende der Fahnenstange“ bereits erreicht ist, oder ob es in Zukunft noch weitere Sparmaßnahmen geben wird, die eben nicht in Ulm geplant werden, sondern vom Mutterkonzern in Israel ausgehen. Die Ratiopharm GmbH wurde im Jahr 1973 in Blaubeuren als Tochtergesellschaft der traditionsreichen Merckle GmbH gegründet und gehört gemeinsam mit dieser seit 2010 zum israelischen Teva-Konzern.