Goldonis „Diener zweier Herren“ begeistert in Memmingen mit moderner Note

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Ganz so, wie es zur Commedia dell’Arte passt: Die damals neue Art des Theaters begnügt sich mit einem eher spärlichen Bühnenbild und legt den Schwerpunkt auf die Charaktere. Die Auftaktpremiere zur neuen Saison ist auch in diesem Sinne sehr gelungen. © Tom Otto

Im Landestheater Memmingen feierte die Komödie „Diener zweier Herren“ Premiere. Regisseurin Alice Asper verlegte den italienischen Klassiker in das Venedig der 1960er und -70er Jahre und sorgte mit viel Humor und Spielfreude für einen unterhaltsamen Theaterabend.

Memmingen – Mit der ersten Premiere im Großen Haus des Landestheaters schickt das Ensemble sein Publikum gleich auf eine turbulente „Suche nach dem Glück“ – ganz wie das neue Spielzeit-Motto es verlangt. Regisseurin Alice Asper hat sich dazu den italienischen Klassiker von Carlo Goldoni aus dem 18. Jahrhundert vorgenommen und sehr erfolgreich in ein modernes Gewand gepackt.

Die Theaterbesucher werden von Beginn an in das Venedig der 1960er und -70er Jahre entführt. Truffaldino, der Diener zweier Herren – gespielt von Felix Bronkalla –, singt sich mit dem damaligen Hit „Azzurro“ von Adriano Celentano vom Start weg in die Herzen des Publikums.

Um Herzensangelegenheiten geht’s auch im Stück: eine typische Verwechselungsstory, bei der eine emotionale Achterbahn zu bewältigen ist und am Ende doch alles wieder gut wird. Die Einzelheiten muss man erleben – hier ist dafür kein Platz.

Reichlich Wortwitz und „running gags“ wie beispielsweise „Bozen“ oder Truffaldinos „Patsche“, in der er laufend sitzt, ziehen sich durchs Stück und erheitern das Publikum, das sich nur allzu gern darin einbinden lässt.

Die Bearbeitung des Klassikers der Commedia dell’Arte ist Alice Asper herrlich gut gelungen. Das liegt nicht nur an ihrem Geschick, den „alten“ Stoff auf unsere Zeit zu transformieren und sich auf die Wesenszüge dieser damals neuen Art des Theaters zu konzentrieren. Sie baut eine weitere Ebene in die Geschichte ein und es gibt ein „Theater im Theater“ zu bewundern.

Die Spielfreude und Qualität der Akteure auf der Bühne ist ein mindestens ebenso wichtiger Erfolgsbaustein der Aufführung. Sie gehen in ihren Rollen hingebungsvoll auf, Harald Schröpfer und Michael Naroditski sogar jeweils in gleichen zweien.

Delia Rachel Bauen, die als Frau einen Mann spielt, karikiert in kleinen Gesten ständig mit einem fiktiven Augenzwinkern das Machogehabe der männlichen Welt.

Roberta Monção, die als Braut vom eigenen Vater verkauft wird, gibt in Aspers Rollenzuschreibung ihrer Aufsässigkeit gegenüber dem Vater gleich eine ordentliche Portion Feminismus mit auf den Weg.

Und last, but not least, Felix Bronkalla! Seine Vielseitigkeit, seine Gestik lassen ihn die Harlekin-Figur absolut glaubwürdig spielen. Ob er sich gerade der Lächerlichkeit preisgibt, mit dem Publikum flirtet oder mit vielen Mühen an seiner Loyalität festhält.

Wer den aktuell schlechten und bedrohlichen Nachrichten aus Politik und Wirtschaft mal entfliehen will, ist in diesem Stück absolut richtig aufgehoben.

Am Ende wird dann auch wieder alles gut, die Paare finden und lieben sich, nur Truffaldino geht leer aus. Er muss sich auf den Flirt mit dem Publikum beschränken, denn seine Geliebte aus Goldonis Original fiel in dieser wunderbaren Fassung dem Fachkräftemangel zum Opfer.

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