Wirtschaftsweise: „32-Stunden-Woche wird in vielen Unternehmen schwer zu vermeiden sein“

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Eine 32-Stunden-Woche sei in vielen Branchen „schwer zu vermeiden“, sagte die Wirtschaftsweise Grimm. Gleichzeitig warnt sie vor den Folgen für Deutschlands Wirtschaft.

Nürnberg – Eine 32-Stunden-Woche, oder auch eine Vier-Tage-Woche, werde „in vielen Unternehmen und Branchen langfristig schwer zu vermeiden“ sein. Davon geht Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Interview mit der Wirtschaftswoche vom Montag, 6. Mai, aus. Der Grund: „Die Verhandlungsposition der Beschäftigten wird angesichts des eskalierenden Arbeitskräftemangels immer besser.“

Wirtschaftsweise sieht 32-Stunden-Woche als „weitere massive Belastung für das Wirtschaftspotenzial“

Gleichzeitig stellt eine Arbeitszeitverkürzung in dieser Form ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung dar. „Eine 32-Stunden-Woche in weiten Teilen der Wirtschaft wäre eine weitere massive Belastung für das Wirtschaftspotenzial“, sagte die Ökonomin von der TU Nürnberg.

Auch Steuereinnahmen und die Fähigkeit der Politik, den Herausforderungen durch Klimawende, Transformation und geopolitischen Konflikten zu begegnen, ist damit laut Grimm beeinträchtigt.

Wachstumspotenzial von Deutschlands Wirtschaft bleibt niedrig, wenn „Absinken des Arbeitsvolumens“ nicht begrenzt wird

Mit Blick auf die langfristigen Zukunftsaussichten der deutschen Wirtschaft sieht der Sachverständigenrat der Bundesregierung lediglich ein Wachstumspotenzial von etwa 0,4 Prozent. „Ohne mutige Strukturreformen werden wir künftig keine großen Sprünge machen“, sagte Grimm der Wirtschaftswoche. Die demografische Entwicklung ist dabei ein Problem.

Wirtschaftsweise Veronika Grimm sitzt bei Markus Lanz im Studio. In einem Kreis neben ihrem Kopf ist ein Wahlplakat mit der Forderung „Vier Tage Arbeit, drei Tage frei. 4-Tage Woche bei gleichem Lohn“ zu sehen.
Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnt vor den Belastungen der Wirtschaft durch eine 32-Stunde-Woche. (Montage) © Teutopress/Jan Huebner/Imago

„Wenn es uns nicht gelingt, das Absinken des Arbeitsvolumens zu begrenzen und die Investitionen deutlich zu erhöhen, wird das Wachstumspotenzial niedrig bleiben“, erklärte die Wirtschaftsweise. Forderungen nach einer Vier-Tage- bzw. 32-Stunden-Woche könnten demnach einen solchen Einfluss haben.

„Eine Diskussion über kürzere Arbeitszeiten können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten“

Ähnlich sieht es Siemens-Vorstandsmitglied und Personalchefin Judith Wiese. „Eine Diskussion über kürzere Arbeitszeiten können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Angesichts der alternden Gesellschaft und dem Fachkräftemangel sei die Debatte „natürlich ziemlich heikel“.

Einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge wünschen sich jedoch 81 Prozent der Befragten eine Vier-Tage-Woche, 73 Prozent will das jedoch nur bei gleichem Lohn. Die Gewerkschaft IG Metall fordert die Vier-Tage-Woche für Beschäftigte in der Stahlindustrie.

Lokführer-Erfolg mit 35-Stunden-Woche heizt Debatte über Arbeitszeitverkürzungen neu an

Die Lokführergewerkschaft GDL hat im März 2024 dagegen eine 35-Stunden-Woche ab 2029 durchgesetzt. Damit kam die Diskussion über kürzere Arbeitszeiten erneut in Schwung. Im Zuge der Streiks hatte auch Wirtschaftsminister Robert Habeck die Forderungen nach kürzeren Arbeitszeiten kritisiert.

„Einen positiven Effekt kann ich jetzt erstmal nicht sehen“, erklärte Monika Schnitzer nach dem Tarifabschluss zwischen Bahn und GDL. Sie argumentierte mit der geringen Produktivität bei einer niedrigeren Arbeitszeit. „Es ist auch nicht zu erwarten, dass man in 35 Stunden so viel Arbeit leisten kann wie in 40 Stunden.“ Es hänge sehr vom Beruf ab, in welchen Branchen eine verkürzte Wochenarbeitszeit möglich sei. (ms)

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