System ist „völlig intransparent" - Ex-Vorstände der Bundesagentur für Arbeit üben Kritik am Bürgergeld
Seit Anfang 2023 ersetzt das Bürgergeld das bisherige Hartz IV. Ziel war es, mehr finanzielle Unterstützung zu bieten, die Bürokratie zu verringern und die langfristige Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern. Doch laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit kehrt jeder zweite erfolgreich vermittelte Bürgergeld-Empfänger nach nur drei Monaten wieder ins Jobcenter zurück.
Ende Juni hatten insgesamt rund 5,6 Millionen Menschen Anspruch auf Bürgergeld, über 4 Millionen davon gelten als erwerbsfähig. Die ehemaligen Vorstandsmitglieder Frank-Jürgen Weise und Heinrich Alt sehen schwerwiegende Probleme im System.
Bürokratie lähmt Jobcenter
„Es gibt in Deutschland 260.000 junge Menschen zwischen 25 und 45, die seit längerer Zeit nicht arbeiten, obwohl sie alle Kriterien für Erwerbstätigkeit erfüllen“, sagte Frank-Jürgen Weise, der von 2004 bis 2017 Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit war, im Interview mit dem „Spiegel“. Das System sei „völlig intransparent und nicht mehr steuerbar“. Weise kritisiert, dass die Jobcenter von Bürokratie gelähmt seien.
Heinrich Alt, der zwischen 2002 und 2015 im Vorstand der Bundesagentur tätig war, sieht ebenfalls ein „Akzeptanzproblem“ beim Bürgergeld. „Wer in die Arbeit geht, aber wenig verdient, fängt an zu vergleichen – und da startet die Unzufriedenheit“, erklärt Alt. Zwischen 2021 und 2024 hätten Langzeitarbeitslose 26 Prozent mehr erhalten, während die Löhne in diesem Zeitraum nur um knapp zwölf Prozent gestiegen seien. Gleichzeitig seien die Preise um 17 Prozent angestiegen. Diese Unterschiede führen laut Alt zu Frustration bei arbeitenden Bürgern.
Forderungen nach Reformen und Maßnahmen
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Arlt aus Mecklenburg-Vorpommern fordert eine Umbenennung des Bürgergelds und ein Umdenken innerhalb der Partei. „Heute werfen mir meine Wähler vor, dass wir Faulheit tolerieren, obwohl überall Arbeitskräfte gesucht werden“, so Arlt im „Spiegel“.
Die Bundesregierung plant ein Maßnahmenpaket, um mehr Bürgergeld-Empfänger zur Aufnahme einer Beschäftigung zu bewegen. Dazu zählen stärkere Leistungskürzungen bei Ablehnung zumutbarer Arbeitsstellen und Konsequenzen bei Schwarzarbeit.