Gerichtsverfahren: Nachbarn klagen gegen Heizzentrale am Wiesengrund
Den Anliegern geht es um Lärm, Staub und Gerüche. Das Landratsamt sieht aber keine Veranlassung für die Aufhebung von der Baugenehmigung für die Heizzentrale.
Auf der einen Seite fünf Richter, auf der anderen fünf Anwälte, drei Vertreter des Landratsamtes und Starnbergs Stadtbaumeister: Es wurde eng gestern Vormittag im Sitzungssaal 6 des Verwaltungsgerichts München. Die 11. Kammer beschäftige sich dort mit zwei Klagen von Anliegern des Starnberger Neubaugebiets am Wiesengrund gegen die Baugenehmigung für die dortige Heizzentrale. Die wird mit Hackschnitzeln betrieben und versorgt die 51 Reihenhäuser mit Wärme – die 71 geplanten Wohnungen sollen nach ihrer Fertigstellung ebenfalls angeschlossen werden. Die zwei Nachbarn fühlen sich jedoch durch Lärm und Abgase der Anlage gestört. Nun ging es um die Frage, ob das Landratsamt insgesamt fünf Genehmigungs-, Ergänzungs- und Änderungsbescheide zwischen 2020 und 2022 zu Recht erteilt hat oder nicht.
Schnell entwickelte sich ein Schlagabtausch zwischen den Vertretern der Kläger – dem Starnberger Rechtsanwalt Viggo von Wietersheim und seinem Münchner Kollegen Martin Neugebauer – und dem Vorsitzenden Richter Johann Oswald. Die Anwälte wollten anhand von Fotos und Videos auf einem Handy darlegen, wie stark die Abgasbelastung für die gut 40 Meter entfernten Wohnhäuser sei. „Die Aufnahmen sind zu unterschiedlichen Tageszeiten gemacht worden“, sagte Neugebauer. „Daraus wird deutlich, dass die Geruchs- und Staubimmissionen die zulässigen Richtwerte übersteigen.“ Der Richter ließ das nicht zu. „Die Beweismittel sind als Nachweis, dass Grenzwerte überschritten werden, ungeeignet“, betonte er.
Alexander Strobl von der Unteren Immissionsschutzbehörde am Landratsamt erklärte, dass es im Jahr 2022 tatsächlich Beschwerden aus der Nachbarschaft gegeben habe – auch wegen Lärms. Nachdem im Juli 2023 neue Abgasschalldämpfer in die Anlage eingebaut worden seien, seien keine Reklamationen mehr vorgetragen worden. Zudem habe es zwischen Januar 2023 und Januar 2024 acht Vor-Ort-Termine gegeben, um einer möglichen Geruchsbelästigung nachzugehen. Diese hätten zu unterschiedlichen Tageszeiten während der Heizperiode stattgefunden, erklärte Strobl. Ergebnis: Zweimal habe es Auffälligkeiten gegeben – „einmal aus dem Haus einer Beschwerdeführerin und einmal auf dem Vorplatz des Kraftwerks und der dahinter liegenden öffentlichen Straße“. Messungen mit Geräten seien nicht erforderlich gewesen. „Und Abgasschwaden gehören zum Betrieb einer solchen Anlage“, sagte Strobl. Kreisbaumeister Dr. Christian Kühnel ergänzte, dass die Baugenehmigung mit den erforderlichen Gutachten unterlegt sei.
Die von Neugebauer und von Wietersheim beantragte Einbeziehung von Strobls Recherche in die Gerichtsakten lehnte der Vorsitzende Richter ebenfalls ab. Auch das sei nicht erforderlich, sagte er. Die Aussage von Wietersheims, dass die Lärmgrenzwerte von 34 Dezibel gar nicht eingehalten werden könnten, wertete der Richter als „Behauptung“. Spätestens zu dem Zeitpunkt war die Stimmung zwischen Gericht und Klagevertretern deutlich angespannt. Anwalt Neugebauer hielt die Entscheidungen Oswalds für „in höchstem Maß bedenklich“ und beantragte, Sachverständigengutachten zu Lärm-, Geruchs- und Staubimmissionen einzuholen. Aber auch das lehnte das Gericht nach einer kurzen Beratung ab.
Micha Klewar, Anwalt der beigeladenen GP Joule Bioenergie Am Wiesengrund GmbH, die die Heizzentrale betreibt, erklärte, dass die Emissionen am Schornstein gemessen worden und dabei „keine Auffälligkeiten“ festgestellt worden seien. „Ich gehe davon aus, dass die Grenzwerte eingehalten werden“, sagte er. Es gebe auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies nicht so sei. Für Gerüche gebe es im Übrigen keine anwendbaren Grenzwerte.
Neugebauer und von Wietersheim beantragten schließlich, die fünf Bescheide aufzuheben. Kreisbaumeister Kühnel und die Vertreter von Stadt und Bioenergie GmbH beantragten, den Antrag abzuweisen. Eine Entscheidung gab es am Donnerstag, wie beim Verwaltungsgericht üblich, noch nicht. In welche Richtung das Urteil geht, will das Gericht heute mitteilen.
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