Ein Zeuge hatte sie noch gesehen: Vermisste Claudia tot gefunden – Ermittler wenden sich nun an Öffentlichkeit

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Ein Mann sieht eine Schülerin abends in einen Wagen steigen. Zwei Tage später findet man ihre Leiche. Bis heute ist unklar, was passiert ist.

Rheinbach – Was passierte mit Claudia Wilbert? Ende der 70er wurde ihre Leiche an einem Wanderparkplatz in Scheuren im Landkreis Euskirchen in NRW gefunden. Zwei Tage später und rund 20 Kilometer weit entfernt von dem Ort, an dem sie das letzte Mal gesehen wurde. Die Ermittler sind sich sicher, dass die Schülerin Opfer eines Mordes wurde, tappen aber auch 45 Jahre später noch im Dunkeln.

Nun soll der Fall mithilfe der TV-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ aufgeklärt werden. Nicht zuletzt, um den Angehörigen Gewissheit zu geben.

Mädchen verschwindet 1979 nach Schulveranstaltung: Spaziergänger sah sie in ein Auto steigen

Mord verjährt nicht. Auch deshalb greifen die Ermittler nun wieder ein Verbrechen auf, das wohl im Frühjahr 1979 begangen wurde. Am Abend des 28. März besuchte die Zwölftklässlerin Claudia Wilbert eine Schulveranstaltung. Gemeinsam will man die entstandenen Fotos der Klassenfahrt im Vorjahr auf dem Dia-Projektor anschauen. Es ist ein nasskalter Frühlingsabend, wie die Rhein-Zeitung schreibt.

Da es spät wird, bittet die 17-Jährige ihren Bruder, sie mit dem Auto vom St. Josef Gymnasium in Rheinbach, etwa 16 Kilometer südwestlich der Bonner Innenstadt, abzuholen. Gegen 21.45 Uhr verlässt sie das Schulgebäude, um auf dem Parkplatz zu warten, heißt es in einer Pressemitteilung der Kripo Bonn. Treffen werden sie sich nicht mehr.

Ein Hundebesitzer sieht gegen 22.10 Uhr noch, wie das Mädchen an der nahegelegenen Kreuzung am angrenzenden Stadtpark zu einem jungen Mann ins Auto steigt. Es war das letzte Lebenszeichen von Claudia Wilbert.

Ein Triebtäter? Mitschülerin zuvor wohl ebenfalls von Mann in hellem Wagen belästigt

Hätte der Mann eingreifen können? Gegenüber der Polizei berichtet er, dass er im Weitergehen mit seinem Hund geglaubt habe, einen unterdrückten Hilferuf zu hören. Als er zurückkam, war das Mädchen gerade dabei, einzusteigen. Kurz darauf fuhr der helle Kastenwagen weg.

Auf der Kreuzung, wo Claudia Wilbert auf ihren Bruder gewartet hatte, fand der Hundebesitzer eine Tasche. Er geht anschließend zur Polizei. Die Suche wird sofort aufgenommen. Am 30. März 1979 wird die Leiche der Schülerin entdeckt. Etwa 20 Autominuten westlich von ihrer Schule.

Mit diesen beiden Fotos bittet das Bundeskriminalamt (BKA) um Hinweise zum mutmaßlichen Mord von Claudia Wilbert (links). Die 17-jährige Schülerin wurde 1979 zuletzt gesehen, wie sie in einen hellen Kastenwagen, ähnlich einem Renault 6, eingestiegen ist. © BKA

Später gibt eine Mitschülerin an, ebenfalls von einem jungen Mann in einem hellen Auto belästigt worden zu sein. Es habe ein Kennzeichen aus Euskirchen gehabt (Stadtkennung EU). In anderen Zeugenaussagen ist die Rede von verschiedenen PKW-Modellen: ein Renault 6, ein Peugeot 104, ein VW Golf oder ein Opel Kadett, wie das Bundeskriminalamt (BKA) schreibt. Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei dem Vorfall der Mitschülerin um den Mörder von Claudia Wilbert handelt.

Ungelöst, aber nicht vergessen: Darum geht man auch Jahre später „Cold Case“-Fällen nach

Der Tod von Claudia Wilbert ist ein „Cold Case“-Fall. Werden sämtliche Hinweise eines Kriminalfalls abgearbeitet und rücken aktuellere Verbrechen in den Fokus der Ermittler, gelten sie als solche „kalten“, also ungelösten, aber nicht vergessenen Fälle. „Eine zeitliche Grenze, wann ein Verbrechen zum Cold Case wird, existiert nicht“, erklärt Christian Soulier in einem älteren Gespräch mit web.de. Zum Zeitpunkt des Berichts 2019 war er Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Rheinland-Pfalz.

Einem Bericht der Neue Osnabrücker Zeitung von 2021 zufolge gibt es in Deutschland mehr als 3000 solcher ungelösten Fälle, rund ein Drittel davon alleine in NRW. Vollständig ist diese Statistik wohl längst nicht. Die Wahrscheinlichkeit, nach langer Zeit den Fall noch lösen zu können, ist gering. Die Erinnerungen von Zeugen verblassen und werden zunehmend unverlässlicher. Falls es überhaupt noch Zeugen gibt. Warum also nach so langer Zeit einem Fall noch nachgehen?

„Es geht darum, für Rechtsfrieden zu sorgen, Hinterbliebenen Gewissheit zu geben und um Prävention“, sagte der Gießener Staatsanwalt Thomas Hauburger, der sich intensiv mit Cold Cases beschäftigt, in der Vergangenheit der Deutschen Presse-Agentur. „Was die Angehörigen am meisten quält, ist die Ungewissheit.“ Außerdem könnten Täter auf freien Fuß noch immer gefährlich sein. Der wohl bekannteste ungelöste Kriminalfall in Deutschland um Rebecca Reusch ist laut Ermittler jedoch kein Cold Case. Noch immer würde neuen Spuren nachgegangen, heißt es.

Bei „Aktenzeichen XY...ungelöst“: Die Polizei bittet um Hinweise zu Claudia Wilbert

Auch der Fall Claudia Wilbert ist bis heute ungelöst, aber nicht vergessen. Gegenüber der Rhein-Zeitung erzählt der Bruder der damals 17-Jährigen, noch heute unter der Ungewissheit zu leiden. Das Polizeipräsidium Bonn bittet die Öffentlichkeit nun um Mithilfe.

  • Können Sie Angaben zur Tat oder zum Täter machen? Verdächtigt wird ein Mann, ca. 1,75 Meter, der damals zwischen 20 und 30 Jahren alt gewesen sein könnte (heutiges Alter: Mitte 60 bis Mitte 70).
  • Haben Sie Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre negative Erfahrungen (Ansprechen, Bedrohung, Verfolgung, Angriff) mit einem Autofahrer im Raum Rheinbach, Euskirchen oder Bonn gemacht? Oder kennen jemanden, der negative Erfahrung gemacht hat?

Sachdienliche Hinweise nimmt die Polizei per Kontaktschreiben auf dieser Homepage, per Mail (KK11.Bonn@polizei.nrw.de) oder telefonisch (0228 15-0) entgegen. Eine Belohnung von 2000 Euro ist ausgelobt. In der „Aktenzeichen XY... ungelöst“-Folge vom 11. September (Mittwoch, 20.15 Uhr, ZDF) wird der Fall aufgegriffen. Die Ermittler erhoffen sich von solchen Fernsehsendungen neue Anstöße. Nach der Folge zu einem 1986 getöteten Franken gingen vergangenes Jahr über 60 Hinweise ein. (rku)

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