„Jeder sollte machen, was er gerne möchte“: Neuer Assistenzdienst für Menschen mit Behinderung

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Schwimmen zu gehen, wäre ein großer Wunsch von Christina Rinner (li.). Rita Wagner von der Diakonie möchte die junge Frau unterstützen, eine Begleitung zu finden. © arp

Die Diakonie startet einen Assistenzdienst für Menschen mit Behinderung. Aktuell sind noch dringend Helfer gesucht.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Einen Einkaufsbummel machen, mit Freunden etwas unternehmen, ins Schwimmbad gehen: Dinge, die für sehr viele Menschen selbstverständlich sind, werden für Personen mit körperlicher oder geistiger Einschränkung zu einer großen Herausforderung, die ohne Hilfe nicht zu meistern ist. Hier setzt der Assistenzdienst an, den Rita Wagner von der Diakonie ins Leben gerufen hat und für den sie dringend Helfer sucht.

Förderung von „Aktion Mensch“

Rita Wagner ist Inklusionsbeauftragte der Diakonie. „Ich habe selbst eine behinderte Tochter und mitbekommen, wie Menschen mit Behinderung ausgeschlossen werden“, sagt sie. Bei vielen Aktionen des Ferienpasses habe ihre Tochter früher nicht mitmachen können, weil „sie so besonders“ ist, wie man ihr erzählte. Sie habe überlegt, was man tun könne, damit Menschen mit und ohne Behinderung mehr zusammenkommen, sich kennenlernen. Im vergangenen Jahr entstand die Idee, einen Assistenzdienst einzuführen – gefördert von der „Aktion Mensch“. Inzwischen sind alle Formalitäten erledigt. Was nun noch fehlt, sind Helfer.

Bedarf ist definitiv vorhanden. Eine, die den Dienst sehr gerne in Anspruch nehmen würde, ist Christina Rinner. Die 26-Jährige ist blind. Sie wohnt in der Jachenau. „Mir ist dort oft langweilig“, sagt sie. „Ich will raus in die Welt.“ Sie wolle etwas erleben, wie andere junge Leute auch. „Aber es ist sehr schwierig für mich, meine Freizeit zu gestalten, weil immer meine Eltern Zeit haben müssen, mich zu begleiten.“ Ein großer Wunsch wäre es, beispielsweise in der „Isarwelle“ schwimmen zu gehen. „Aber Frau Rinner kann nicht einfach so zum Schwimmen gehen, wenn ihr danach ist“, erklärt Wagner die Situation. Daher würde sie sich eine Assistentin wünschen, die etwa im gleichen Alter ist, über Führerschein und Auto verfügt und mit ihr in der Freizeit etwas unternimmt. Optimal wäre es, wenn sie aus Lenggries käme, da dann der Weg in die Jachenau nicht so weit wäre. Weg und Zeit würden bezahlt, betont die Inklusionsbeauftragte. Das Wichtigste sei aber, dass es menschlich passe. „Das Beste wäre es, wenn beide eine gute Zeit miteinander verbringen könnten.“ Neben dem Schwimmen hat Christina Rinner, die in einer Lenggrieser Reha-Klinik arbeitet, noch andere Hobbys: „S-Bahn fahren“, sagt sie lachend. Außerdem singe sie gerne und würde gerne mal einen Yoga-Kurs besuchen. Für all das würde sie eine Assistenz benötigen.

Menschen mit Behinderung mit Menschen ohne Behinderung zusammenbringen

Wagner hat bereits weitere Anfragen vorliegen. So erzählt sie von einem sechsjährigen Buben, der nichts lieber tun würde, als Fußball zu spielen. An einem Training im Verein könne er aber derzeit nicht teilnehmen. Dazu würde er ebenfalls eine Assistenz benötigen. „Wir wollen ermöglichen, dass jeder Mensch das machen kann, was er gerne möchte“, betont Wagner. Viele Leute könnten sich nicht vorstellen, wie es sei, mit einer Behinderung zu leben. Der Assistenzdienst könnte einen Einblick geben und so allen Seiten nutzen. „Ich würde mir wünschen, dass wir durch solche Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Behinderung als Sozialraum besser zusammenwachsen und man nicht übereinander redet, sondern miteinander.“

Wagner hofft, dass sich bald eine Assistentin für Christina Rinner findet. Dann würde es zunächst ein Kennenlerntreffen geben, bei dem definiert wird, welche Art der Unterstützung notwendig ist. Auch gebe es spezielle Angaben, was im Notfall zu tun ist. Wer an einer Assistenz für eine andere Person interessiert ist, kann sich ebenfalls bei Wagner melden. Helfer sollten mindestens 15 Jahre alt sein.

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