Die ersten 100 Tage zählen: Das haben Kanzler Merz und sein Kabinett geplant

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Die neue schwarz-rote Koalition will jetzt loslegen. Einige Themen sollen direkt ab Tag eins der neuen Regierung umgesetzt werden, andere brauchen mehr Zeit.

Berlin – Schwarz-rot will direkt loslegen. Neben den internationalen Herausforderungen wie dem Ukraine-Krieg oder dem Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump gibt es auch innerhalb der Bundesrepublik mit der Migration und der Wirtschaftskrise viele Herausforderungen, die der Neukanzler Friedrich Merz (CDU) lösen muss. Immerhin wartet die Welt und Europa seit einem halben Jahr auf eine Bundesregierung, die mit einer Parlamentsmehrheit im Rücken auch wirklich handlungsfähig ist - und jetzt muss es schnell gehen. Laut CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sind die ersten 100 Tage entscheidend.

„Wenn wir jetzt nicht am Anfang zu liefern, werden die Leute uns nicht vertrauen“, sagte er kurz vor der Kanzlerwahl im Bundestag dem TV-Sender Phoenix. Deswegen seien die ersten drei Monate entscheidend. Die Zeit bis zur parlamentarischen Sommerpause Mitte Juli werde vermutlich die wichtigste für die komplette Wahlperiode, sagte Linnemann. „Was da zugeknöpft wird, ist entscheidend für den Erfolg.“ Mit Blick auf Merz sagte er: „Ich glaube fest daran, dass er dieses Land überraschen wird.“

Aktivere Außenpolitik: Merz erste Reise als Bundeskanzler führt ihn zu Macron und Tusk

Die erste große Baustelle, die Merz bereits einen Tag nach der Zitterpartie bei seiner Wahl zum Bundeskanzler beseitigen will, ist die Außenpolitik. Denn der CDUler will mehr als frühere Kanzler außenpolitisch aktiv werden. „Die Welt ist so in Unordnung, dass sich ein deutscher Bundeskanzler mehr als bisher, viel mehr als in den vergangenen Jahrzehnten um die Außenpolitik und auch um die Europapolitik kümmern muss“, sagte er in der ARD.

Deswegen ist Merz bereits am Mittwoch (7. Mai) zu seiner ersten Auslandsreise aufgebrochen. Etwa 17 Stunden nach seiner Ernennung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier startete er mit dem Regierungsflieger nach Frankreich, anschließend geht es nach Polen.  In Paris wird Merz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron unter anderem darüber sprechen, wie Europa nach dem radikalen außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump selbstständiger werden kann.

In Warschau dürfte es mit Ministerpräsident Donald Tusk neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch um irreguläre Migration gehen. Merz hat eine Verschärfung der Grenzkontrollen und verstärkte Zurückweisungen vom ersten Tag seiner Amtszeit an angekündigt. Für die Umsetzung ist der neue CSU-Innenminister Alexander Dobrindt zuständig. Polen begegnet den Maßnahmen mit Skepsis.

Irreguläre Migration: Merz und Innenminister Dobrindt wollen Zurückweisung an den Grenzen sofort starten

Das Thema Migration dürfte für die 100 ersten Tage der neuen Regierung eins der Schlüsselthemen werden. Denn Merz, hatte angekündigt, als Kanzler am ersten Tag im Amt das Innenministerium anzuweisen, alle Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle illegalen Einreisen zurückzuweisen. Das gelte auch für Menschen mit Schutzanspruch.

Er sagte: „Es wird ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen oder die von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen.“ Die EU-Asylregeln seien dysfunktional. „Deutschland muss daher von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen“, erklärte Merz.

Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert.

Umsetzen soll sein Vorhaben der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt. Auch er kündigte an, gleich nach seinem Amtsantritt verstärkte Zurückweisungen von Migranten und vermehrte Kontrollen an den deutschen Außengrenzen anzuordnen. „Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert“, sagte der CSU-Politiker am vergangenen Wochenende der Bild am Sonntag. 

Beobachter erwarten, dass zumindest vorübergehend mehr Bundespolizisten an die Grenze geschickt werden. Was sich sonst noch ändern wird, war kurz nach der Vereidigung der neuen Regierungsmannschaft dagegen unklar. Denn das derzeitige Mittel der Wahl, Zurückweisungen auch von Asylbewerbern an den deutschen Außengrenzen, ist juristisch wie politisch umstritten.

Stabilere Finanzpolitik: Klingbeil soll Haushalt der neuen Regierung rasch nachträglich aufstellen

Schnell handeln will auch der neue Bundesfinanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil. Der 47-Jährige wird als Finanzminister in den kommenden Monaten alle Hände voll zu tun haben. Der Haushalt für das laufende Jahr, über den die Ampel-Regierung zerbrach, muss nun rasch nachträglich aufgestellt werden. Parallel stehen bereits die Beratungen für den Etat 2026 an, der ebenfalls in diesem Jahr beschlossen werden muss.

Regierungswechsel - Ernennung des Bundeskabinetts
Kanzler Merz und seine neuen Ministerinnen und Minister im Schloss Bellevue. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Für Klingbeil wie für die neue schwarz-rote Koalition dürfte beides zur Bewährungsprobe werden. Denn trotz des bereits nach der Wahl beschlossenen 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens für Infrastruktur-Investitionen muss die neue Regierung im Budget wohl kräftig den Rotstift ansetzen. Vorsorglich haben Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, dass alle ihre Vorhaben „unter Finanzierungsvorbehalt“ stehen.

Wirtschafts- und Arbeitsmarkt: Senkung von Strompreisen, Bürokratieabbau und Aktivrente

Auch die neue Ministerin für Arbeit und Soziales Bärbel Bas (SPD) wird in den ersten drei Monaten einiges von Merz' Wahlversprechen umsetzen müssen. Als Ministerin soll Bas „sicherstellen, dass die Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien gestärkt werden“, gab die SPD-Spitze zudem bereits als Ziel aus.

Wie der Tagesspiegel berichtet, planen Union und SPD, die Stromsteuer und die Netzentgelte zu senken und damit die Stromkosten um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde zu drücken und die Umsatzsteuer für Gastronomen auf sieben Prozent zu reduzieren. Neben diesen Themen nannte Merz auch den Bürokratieabbau als Priorität. Zudem soll Arbeiten im Alter mit einer Aktivrente attraktiv gestaltet werden, auch sie will Merz noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen.

Die von der Union gewünschten Steuersenkungen für Unternehmen sollen nach der Vereinbarung mit der SPD erst ab 2028 kommen (bg/dpa).

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