Machen wir uns nichts vor: Es ist ein Höllenjob. Ein 30-Milliarden-Euro-Loch hat der Bundesfinanzminister in seinem Haushalt. Seine Partei, die SPD, trudelt weiter und weiter bei den Wählern in die Bedeutungslosigkeit. Und dann als Vizekanzler auch noch für den geschlossenen Auftritt der Bundesregierung mitverantwortlich. Nach seinem „Sommerinterview“ bei den Öffentlich-Rechtlichen hat Lars Klingbeil heftige Prügel bezogen. Seine Berater scheinen Korrekturbedarf gesehen zu haben. Jetzt probiert es der 47-Jährige mit einem kurzfristig ins Programm genommenen Interview bei den Privaten. Aber läuft das wirklich besser? „Kommen wir zu härteren Tönen“, kündigt jedenfalls das Ende der Nachrichtensendung „Newstime“ das Gespräch an.
Und Spaß dabei? Das wiederholt Berufspolitiker Klingbeil lieber
„Mir macht alles drei sehr viel Spaß“, sagt der Finanzminister-Parteivorsitzende-Vizekanzler und wiederholt es zur Sicherheit, damit er’s vielleicht auch selber leichter glaubt: „Es macht mir großen Spaß.“ Die Themen, nach denen er dann befragt wird – sie wirken eher spaßbefreit. Ein Lob bringt der Vizekanzler für den Bundeskanzler für seine Ukraine-Politik mit: „Friedrich Merz macht einen guten Job“, sagt er, „wir dürfen uns nicht mit einem Katzentisch zufriedengeben.“ Außenpolitisch sieht das nach Harmonie aus. Und im Inneren? Da fällt es schon deutlich schwerer. Die Zusammenarbeit in der Koalition? Klingbeil verweist auf Erfolge, muss aber auch zugeben: „Da waren unglückliche Situationen.“
Das spannendste Thema wird das Haushaltsloch für 2027. 30 Milliarden Euro fehlen aktuell. Wo das Geld herkommen soll? Der Bundesfinanzminister verweist zunächst auf eine Politik-Premiere: „Es gab noch nie eine Bundesregierung, die eine 30-Milliarden-Lücke schließen musste.“ Und wo will der Bundesfinanzminister das Stopfei anlegen? Er wird schwammig – und hoffnungsfroh. „Da wird es Reformen geben“, weicht Klingbeil zunächst aus. Um dann auf eine bessere Zukunft zu setzen: „Da wird es – hoffentlich! – Wachstum geben.“
Lars Klingbeil: Willkommen im Minenfeld
Allein mit Hoffnung lässt ihn das Interview-Team natürlich nicht davonkommen. Und da fängt Lars Klingbeil an, es sich mit allen möglichen Zielgruppen zu verderben. Positiv gesagt: Er heuchelt sich nicht ausschließlich durchs Minenfeld. Steuererhöhungen? Schließt er nicht aus. „Es muss alles sein.“ Geht es also gegen die Gutverdiener? „Ich will nicht provozieren“, antwortet Klingbeil, „aber Vermögende dürfen nicht nur appellieren: Ihr müsst mehr arbeiten.“ Das lässt sich in der Tendenz als ziemlich klares Ja lesen. Und bei den Gering- bis Nichtverdienern? „Ich weiß, wir müssen beim Bürgergeld etwas machen.“
Zwischen diesen beiden Abgründen versucht der Bundesfinanzminister, sich und seiner Partei ein Seil zu spannen. Es heißt: Gerechtigkeit. So versucht er seine SPD über den Absturz hinweg zu balancieren. Auch diesen Punkt wiederholt er, damit es nicht untergeht. Er wolle auf Gerechtigkeit achten. „Am Ende muss es gerecht sein.“ Genau hier positioniert der Bundesvorsitzende auch seine Partei. „Am Ende soll stehen: Deutschland ist ein Ort für sichere Arbeitsplätze“, beschreibt Lars Klingbeil sein Ziel – und für seine SPD heißt das: „Wir sind die Partei der Arbeit. Wir sind die Partei der fleißigen Menschen.“
Und dann kontern die Interviewer Klingbeils Dachdecker-Verweis
Den Standardverweis auf den Dachdecker, der seit 45 Jahren weit oben schuftet, lassen ihm die Interviewer diesmal nicht unwidersprochen durchgehen. Sie haben eine Konter-Zahl vorbereitet. Den 15.000 Dachdecker-Betrieben im Land stellen sie 15 Millionen Büroarbeitsplätze gegenüber. Die Konter-Zahl haben sie gut vorbereitet. Ob Klingbeil bei diesem eingeschobenen Interview im Privatfernsehen mehr Punkte macht? Den versöhnlichen Schluss nutzt er jedenfalls nicht. Da wird er gefragt, wie das denn sei mit den Opfern für die Politik als Familienvater mit kleinem Kind. Die Tränendrüse mag der Berufspolitiker nicht. „Ich tue das“, ist sein schlichter Satz, „auch für die kommende Generation.“