Gasspeicher-Schock: Größter Speicher kaum gefüllt – „Als er das letzte Mal leer war, folgte die Gaskrise“

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Deutschlands Gasspeicher füllen sich schleppend – trotz gesunkener Preise. Experten warnen vor Risiken für den Winter. Der Markt sendet die falschen Signale.

Frankfurt – Trotz stabiler Gaspreise und einer als sicher geltenden Versorgungslage zeigen aktuelle Daten auffällig niedrige Füllstände in deutschen Gasspeichern. Betroffen sind zentrale Anlagen wie der größte Speicher in Rehden und der Speicher in Breitbrunn. Mit Blick auf kommenden Winter werfen diese Entwicklungen Fragen zur künftigen Versorgungssicherheit auf.

Gasspeicher in der größten Anlage Deutschlands auf Tiefpunkt

Besonders alarmierend ist der Zustand des größten Speichers in Rehden. Dieser ist derzeit nur zu 2,3 Prozent gefüllt. Ein Niveau, das zuletzt im Frühsommer 2022 erreicht wurde. Damals war das der Auftakt zur Gaskrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

„Als er das letzte Mal leer war, folgte die Gaskrise“, warnt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Noch sei man davon entfernt, aber: „In Kombination mit der massiven Abhängigkeit unserer Erdgasversorgung von wenigen norwegischen Pipelines ist das durchaus ein Grund zur Sorge“, sagt er in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.).

Gasspeicher halb leer – Bundeswirtschaftsministerin Reiche stuft Notfallplan herunter

Der Speicher in Rehden ist nicht der einzige Problemfall. Auch der viertgrößte deutsche Speicher in Breitbrunn, betrieben von Uniper, ist noch zu rund zwei Dritteln leer. Dort scheiterte eine geplante Auktion freier Kapazitäten im Juni – es fand sich kein Käufer. Uniper konnte sich zudem nicht mit der Nafta Speicher GmbH auf eine Vertragsverlängerung über 2027 hinaus einigen. Die Konsequenz: Uniper hat eine mögliche Stilllegung des Speichers bei der Bundesnetzagentur angezeigt.

Der Erdgasspeicher in Rehden
Der Erdgasspeicher in Rehden. © IMAGO/Fotostand / Andre Havergo

Und das, während Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche in derselben Woche die seit 2022 geltende Alarmstufe des Notfallplans Gas aufgehoben hat, wie Deutschlandfunk berichtet. Die Begründung: Die Speicher trügen zur Versorgungssicherheit bei, die Preise seien stabil.

Gaslage sei stabil – Rehden und Breitbrunn nur Einzelfälle

Die Bundesnetzagentur stuft die Lage offiziell als stabil ein. Rehden und Breitbrunn seien Einzelfälle, heißt es. Entscheidend sei die Gesamtschau und die zeigt wohl, dass Deutschlands Speicher aktuell zu gut 50 Prozent gefüllt sind. Das ist ein vergleichsweise niedriger Wert, liegt aber noch im Rahmen der Jahre vor der Energiekrise. Ein zentrales Problem liegt im Markt selbst. Normalerweise ist Gas im Sommer günstiger als im Winter. Händler kaufen dann im Sommer ein, um im Winter gewinnbringend zu verkaufen. Doch dieser Mechanismus hat in letzter Zeit nicht mehr funktioniert.

„Seit vergangenem Herbst und bis vor wenigen Wochen war die Einspeicherung wirtschaftlich unattraktiv, da Sommerpreise über den Winterpreisen lagen“, so eine Sprecherin von Uniper zur F.A.Z. Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender des Oldenburger Energiekonzerns EWE, formuliert es drastisch: „Wenn Speichernutzer keine wirtschaftlich tragfähigen Einspeicheranreize haben und sich der Staat zugleich aus der Verantwortung nimmt, ist das Risiko real, dass Speicher vor dem kommenden Winter nicht hinreichend gefüllt sind.“

Gefüllte Gasspeicher: Staat greift nur im Notfall ein

Spätestens wenn sich abzeichnet, dass gesetzlich vorgeschriebene Füllstände nicht erreicht werden, greift der Staat ein. Dann übernimmt das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) den Gaseinkauf – unabhängig vom Preis. Finanziert wird das über die Gasspeicherumlage, die aktuell 0,299 Cent pro Kilowattstunde beträgt.

Ab 2026 soll sie aus dem Klima- und Transformationsfonds getragen werden. Trotzdem schließt Wirtschaftsministerin Reiche einen staatlichen Eingriff derzeit aus. Angesichts der „insgesamt sicheren Versorgungslage“ sei die Befüllung durch THE derzeit nicht notwendig, erklärte sie am Dienstag.

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