Neues Bussystem in Kempten: Freie Wähler sind gegen temporäre Residenzplatzsperrung für Autos
Kempten - Die Pläne für das neue Bussystem konkretisieren sich. Wenn der Stadtrat zustimmt, gelten ab Mitte 2024 neue Linien. Bedenken gab es in zwei Ausschüssen zur Sperrung des Residenzplatzes für Autos, bis der endgültige Umstiegspunkt in der nördlichen Innenstadt funktioniert. Trotzdem stimmten im Mobilitätsausschuss alle Mitglieder für die Lösung.
Wie berichtet, muss die „Zentrale Umsteigemöglichkeit“ ZUM im Herzen der Stadt den Baustellenfahrzeugen für den Umbau des Sparkassenquartiers Platz machen. Da die ZUM für eine Verbesserung des Bussystems in der Zukunft keine Möglichkeit bietet, hat die Stadt Pläne in die Wege geleitet für ein neues Linienkonzept. „Die Revolution“: Nun soll es an verschiedenen Stellen im ganzen Stadtgebiet Umsteigepunkte geben, an denen die Busse nur kurz Halt machen. An der jetzigen ZUM bleiben dann noch zwei Haltestellen.
Neues Bussystem in Kempten: Weniger Linien, aber gleiche Kilometer-Zahl
Verkehrsmanager Stefan Sommerfeld sieht viele Vorteile in der Neuerung: Er bezeichnet den neuen schnelleren Takt als einen „Quantensprung“. Zwischen Hauptbahnhof und der Haltestelle nördliche Innenstadt als wichtigen Knotenpunkten und über die „Ex-ZUM“ sollen die Busse im 7,5-Minuten-Takt verkehren, ansonsten im 20- bis 30-Minuten-Takt, beziehungsweise alle 20 Minuten auf den Ringbuslinien. „Die Ringbusse erhöhen das Leistung des Systems um 50 Prozent“, sagt Sommerfeld.
Auch während der Festwoche funktioniere der Regelbusbetrieb ganz normal. Und: „Ich muss nicht immer in die Innenstadt fahren. Der Wechsel an der Ringbuslinie spart Fahrzeit“, gerade wenn man in die Gewerbegebiete gelangen möchte. Trotzdem sei es weiterhin möglich, auch mit dem Regionalbus in die Innenstadt zu fahren.
Auch die Teilnehmer im Verkehrsausschuss zeigten sich insgesamt angetan von der Neuerung, allen voran Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Thomas Landerer (FW) vermisste Hirschdorf und Lauben im neuen Konzept. „Das ist ein Bereich, in dem wir noch nachschärfen müssen“, erklärte Thomas Kappler, Leiter der Kemptener Verkehrsbetriebe (KBV). Noch stehe nicht fest, wo die Busse genau fahren.
Dass es unter Umständen lange brauchen kann, bis sich die Bevölkerung darauf eingestellt hat, öfter umsteigen zu müssen, um von A nach B zu kommen, merkte CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold an.
Hauptbahnhof und Haltepunkt nördliche Innenstadt
Wie Sommerfeld erklärte, seien am Hauptbahnhof vorerst keine größeren baulichen Maßnahmen notwendig. Erst wenn der Landkreis seine Busse 2026 auf sein neues ÖPNV-Angebotskonzept umstelle, brauche man am Vorplatz mehr Standflächen.
Aber wo sollen die Busse in der nördlichen Innenstadt halten? Der Parkplatz in der Rottachstraße ist weit entfernt von der Innenstadt. Zur Auswahl stehen noch der Parkplatz am Hofgarten, der der Stadt gehört, aber relativ weit entfernt vom Zentrum liege; und der Parkplatz am Pfeilergraben, auf den man seitens der Stadt hofft, der sich aber im Besitz des Freistaats befindet. Die Gespräche hierzu laufen, so Sommerfeld.
Große Umstellung für Autofahrer
Der Verkehrsausschuss empfahl dem Stadtrat ebenfalls einstimmig, bis dahin, also bis Anfang 2027, die Haltestelle Residenz/Pfeilergraben vor Galeria Kaufhof zu nutzen.
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Sieben Haltestellen müssen hier barrierefrei eingerichtet werden. Allerdings – und das bereitete insbesondere Thomas Landerer Kopfzerbrechen – haben dann Autos aus Sicherheitsgründen an dieser Stelle keinen Platz mehr, auch wegen der hier verlaufenden Route der Feuerwehr. Nur Busse, Liefer- und Radverkehr soll dann noch erlaubt sein zwischen Poststraße und Pfeilergraben.
Landerer und Berchtold gefällt mit Blick auf Menschen mit Gehbehinderung auch nicht, dass die Parkplätze an den Langen Ständen wegfallen, auch wenn Berchtold sagt, bei dieser Bushalte-Lösung können hier keine Autos fahren. Bleiben werden die Parkplätze beim Hildegardplatz, Marstall, Poststraße, Pfeilergraben und Kirchberg.
Als Einschnitt mit Umgewöhnungsphase beurteilten auch die Ratskollegen die Neuerung. Zweiter Bürgermeister Klaus Knoll befürchtet Rückstaus in der Poststraße. Das einzig Positive sei seiner Meinung nach der belebende Effekt für die Langen Stände. Eine Verbesserung für den Platz sahen Thomas Hartmann (Grüne) und Julius Bernhardt (FFK) in der Sperrung. Wolfgang Hennig (SPD) hält es für notwendig, in dieser Zeit die Unterführung Pfeilergraben wieder zu öffnen.
Protest der Freien Wähler gegen Residenzplatzsperrung
Im Haupt- und Finanzausschuss, der einen Tag nach dem Verkehrsausschuss stattfand, fiel die Diskussion um die Residenzplatz-Sperrung für Kfz heftiger aus. Vor allem die Freien Wähler monieren, dass dadurch die nördliche Innenstadt und der dortige Einzelhandel gefährdet werde. Stark in der Diskussion standen auch die dadurch wegfallenden Parkgebühren an den Langen Ständen.
Die FW um Fraktionsvorsitzenden Andreas Kibler befürchten, dass es sich um eine längerfristige Lösung handelt. Was, wenn im Galeria-Kaufhof-Gebäude Bauarbeiten notwendig werden sollten?, fragen sie in einem Antrag an OB Kiechle.
Sie fordern, dass eine Lösung erarbeitet werden soll, bei der ein Einbahnverkehr in Ost-West-Richtung funktioniert und die Parkplätze bleiben können. Außerdem wünschen sie, Gewerbetreibende, Handelsverband und City-Management in der Sache anzuhören. Sie erwarten, dass im Stadtrat über den Stand der Verhandlungen zur dauerhaften Lösung für die Bushaltestelle berichtet wird.