Freisings evangelische Geistliche über Missbrauchsstudie entsetzt: „Schrecklich, furchtbar, absolut verheerend“
In der evangelischen Kirche hat es deutschlandweit mehr Fälle von sexualisierter Gewalt gegeben, als angenommen. Die Studie beschäftigt auch die Kirchenvertreter aus dem Landkreis.
Landkreis – Mindestens 1259 mutmaßliche Täter habe es in der evangelischen Kirche gegeben. Sie alle sollen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen ausgeübt haben. Und das sei nur „die Spitze der Spitze des Eisbergs“, heißt es in der Studie.
„Schrecklich, furchtbar und absolut verheerend“, findet das Christian Weigl, der Dekan der Evangelischen Kirche im Kreis Freising. Sonderlich überrascht ist er jedoch nicht. „Man konnte ahnen, dass sich die evangelische Kirche in diesem Punkt nicht so sehr von der katholischen unterscheidet. Aber das macht es natürlich nicht weniger schlimm“, sagt er.
Dem schließt sich auch die Freisinger Pfarrerin Meye Hoesch de Orellana an: „Schockierend“, findet sie die durch die Studie ans Tageslicht gebrachten Erkenntnisse. „In der evangelischen Kirche kann man ja nicht das Argument des Zölibats anbringen, dass die Priester nicht heiraten dürfen. Viele haben eine Familie und Kinder, das macht es noch schockierender.“
Der Pfarrerin, die für die Schwerpunkte Freising Neustift, Norden und Nordosten Freisings, Haag und Zolling zuständig ist, ist wichtig, dass das Thema ernst genommen wird. „Bei uns in der Jugendarbeit sind wir schon seit längerer Zeit für dieses Thema sensibilisiert. Wenn wir zum Beispiel eine Veranstaltung mit Übernachtung haben, lassen wir uns von den Jugendmitarbeitern ein Führungszeugnis zeigen“, berichtet sie.
Sowohl Weigl als auch Hoesch de Orellana können sich vorstellen, dass die Studie zu vermehrten Kirchenaustritten führt. „Aber das ist ja auch nichts völlig Neues, die Zahl der Kirchenaustritte ist in den letzten Jahren stark angestiegen – auch bei uns im Landkreis „, weiß die Pfarrerin und weiter: „Aber mir ist wichtig zu erwähnen, dass das nicht bedeutet, dass die Menschen nicht mehr gläubig sind. Meiner Meinung nach spielt die Religion im Alltag vieler Leute eine Rolle - unabhängig von Kirchenaustritten.“
Der abschließende Wunsch von Christian Weigl: „Ich hoffe, dass wir in der Kirche daraus lernen und so etwas Schlimmes nicht mehr vorkommt.“