Treibt über die Alpen: Neue Plage steuert auf Deutschland zu – „Frage ist nicht ob, sondern wann“

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Ein Schädling bedroht die Schweiz enorm – und wird auch in Deutschland zur Gefahr. Über 100 Pflanzenarten stehen auf der Speisekarte des tropischen Tiers.

Berlin – Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Krankheiten und Schädlinge auch in nördlicheren Breiten aus. Der Schweizer Landwirtschaft macht derzeit der Wanderfalter Baumwollkapseleule zu schaffen: Der Schädling mit dem botanischen Namen Helicoverpa armigera frisst sich durch über 100 Pflanzenarten – darunter Bohnen, Tomaten, Paprika, Zuckermais und Salate. Experten gehen davon aus, dass sich die Falter auch dauerhaft in Deutschland niederlassen könnten.

Wenn sich die Raupe eingräbt, ist es zu spät – Schweiz setzt auf Früherkennung durch Fallen

In der Schweiz zeigen Messdaten, dass der Falter aus mehreren Richtungen einfliegt – aus Süden, Westen und Osten. Wegen des Klimawandels breitet er sich nun auch in Richtung Norden aus. Inzwischen ist auch der Kanton Zürich betroffen. Nachdem 2023 erstmals Raupen des Schädlings entdeckt wurden, richteten die Eidgenossen im vergangenen Jahr 25 Fallen zur Überwachung ein. Die Zahl der dort entdeckten Tiere war im Juni 2025 bereits höher als im Vorjahreszeitraum. Ziel der Fallen und Kontrollen ist es, den Befall früh zu erkennen und rechtzeitig mit Insektiziden einzugreifen – bevor sich die Raupen in die Pflanzen bohren und nicht mehr bekämpfbar sind.

„Baumwollkapseleulen sind im Ackerbau deutlich problematischer als etwa der Japankäfer“, betont Olaf Zimmermann, Schädlingsexperte am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der kleine Japankäfer richtet im Süden Deutschlands bereits erhebliche Schäden an Feldern und Bäumen an. „Der Käfer frisst Blätter und Früchte und geht hauptsächlich in Wein und Obst, aber die Baumwollkapseleule geht auch in Flächenkulturen wie Mais und Feldgemüse.“ Die Raupen des Wanderfalters fressen bevorzugt Früchte und Hülsen, hinterlassen dabei Kot und beschädigen auch Blattgemüse – das macht einen Teil der Ernte unverkäuflich.

Der Schädling Helicoverpa armigera setzt die Landwirtschaft in der Schweiz zunehmend unter Druck. © Montage / IMAGO / Wirestock/ Frank Bienewald

Klimakrise treibt Schädling über die Alpen: Falter könnte sich bald in Deutschland niederlassen

Der Klimawandel begünstigt die Ausbreitung des Falters: In Ungarn hat sich die Eule schon als Dauerschädling im Mais etabliert, in Südfrankreich verursachte sie 2023 hohe Verluste im Lavendelanbau. Auch in Süddeutschland wurden bereits befallene Felder gemeldet. „Es gibt in Deutschland noch keine Überwinterung, aber jedes Jahr Zuflüge“, so Zimmermann laut dpa weiter. Das Tier werde sich aus Sicht des Experten an die klimatischen Bedingungen in Deutschland anpassen. „Die Frage ist nicht, ob er kommt und bleibt, sondern wann.“ Der Schädling kann laut dem Experten 1000 Kilometer weit fliegen und damit auch die Alpen überqueren.

Zimmermann rechnet damit, dass sich die Falter hierzulande dauerhaft ansiedeln könnten – etwa in Südbaden. Vereinzelt fand man auch in Hannover und Berlin schon Befall. Neben der Schweiz haben auch andere Nachbarländer mit dem Schädling zu kämpfen: „In Österreich, besonders in den Randgebieten der Pannonischen Tiefebene, kommt der Baumwollkapselwurm jährlich vor, besonders in sehr heißen Jahren kann es zu Massenauftreten kommen“, heißt es von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). „Das Vermehrungspotenzial ist ein Problem“, kommentiert Zimmermann.

Ein Falterweibchen könne mehr als 2000 Eier legen. Es gebe aber wirksame Bekämpfungsmöglichkeiten. Wichtig sei das Timing: „Die Baumwollkapseleule hat eine bohrende Raupe. Wenn sie einmal im Stängel einer Pflanze ist, kommt man nicht mehr ran. Wenn man erste Falter entdeckt, hätte man zwei bis drei Wochen zum Eingreifen. Dafür wäre das Monitoring wichtig.“ Das sei aber kostspielig und käme deshalb häufig zu spät. „Gehandelt wird oft erst, wenn bereits große Schäden da sind“, kritisiert der Experte. Zuletzt breitete sich auch der Eichenprozessionsspinner zunehmend in Deutschland aus.

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