Warum wir im Urlaub Dinge kaufen, die wir zu Hause bereuen

Ein Kleid in Korallenrot? Gekauft. Der Wein vom Strandrestaurant? Gleich drei Flaschen! Und das Basttäschchen? „Typisch ich“, dachten wir. Doch zu Hause verwandeln sich die Urlaubsschätze oft in Ladenhüter. Warum ist das so? Was passiert da in unserem Kopf – und wie können wir uns das Urlaubsgefühl bewahren, ohne dabei unnötigen Ballast mitzubringen? Sechs ehrliche Antworten mit einem Augenzwinkern.

Warum kaufen wir im Urlaub Dinge, die wir zu Hause nie benutzen?

Weil wir uns selbst ein wenig austricksen – aber mit den besten Absichten! Im Urlaub sind wir nicht wir selbst. Oder besser gesagt: Wir sind die Version von uns, die wir gerne öfter wären. Entspannt, spontan, offen für Neues. In dieser Rolle fühlt sich das orange Batikkleid plötzlich total „nach mir“ an. Der Granatapfelwein ist „so viel besser als alles aus dem Supermarkt“ – und die Basttasche? „Ein Statement!“

Nur leider verblasst diese Urlaubsversion von uns schneller als das Etikett auf der Sonnencreme. Zurück im Alltag, zwischen Meetingraum und Müllabfuhr, wirkt das Hemd plötzlich wie ein Karnevalskostüm und der Wein wie Flüssigkleber. Willkommen im Bermuda-Dreieck der Fehlkäufe.

Was genau passiert da in unserem Kopf?

Es ist ein Cocktail aus Emotion, Kontext und Dopamin. Unser Gehirn speichert positive Erlebnisse als Gesamtpaket ab: Sonnenuntergang plus Meeresrauschen plus kühler Rosé plus die nette Bedienung – zack, kauft man eine Kiste vom Wein.

Psychologisch nennt sich das „Kontext-gebundene Konditionierung“. Die gute Laune wird auf das Produkt übertragen. Doch zu Hause fehlt der Kontext. Und der Wein schmeckt plötzlich nach Keller statt Côte d’Azur.

Auch spielt das „Selbstkonzept“ eine Rolle: Im Urlaub erlauben wir uns, jemand anderes zu sein – mutiger, bunter, verspielter. Das Problem ist nur: Unser Alltag hat keinen Schrank für diese neue Identität.

Warum fällt es uns so schwer, uns die Fehlkäufe einzugestehen?

Weil niemand gerne zugibt, sich selbst reingelegt zu haben. Das neue Ich, das man da am Strand mit Strohhut und Strohtasche erschaffen hat, möchte man nicht gleich verraten. Also wird das Kleid nicht aussortiert, sondern „für später aufgehoben“. Der Wein bleibt im Regal, „für einen besonderen Anlass“.

Es geht nicht nur ums Geld. Es geht ums Gefühl, eine schöne Erinnerung zu verraten. Und manchmal auch um eine leise Angst: War ich da vielleicht nur glücklich, weil ich nicht zu Hause war?

Gibt es einen Weg, den Urlaubsflair mitzunehmen – ohne den Ramsch?

Absolut. Der Trick: Nicht das Produkt kaufen, sondern das Gefühl übersetzen. Was genau hat dich da so glücklich gemacht? Das Licht? Der Rhythmus des Tages? Das Unverplante? Statt also Olivenöl in Kanistern zu schleppen, vielleicht lieber überlegen: Wie kann ich mir mehr Leichtigkeit in meinen Alltag holen? Ein späteres Frühstück am Sonntag. Abends mal wieder draußen essen. Oder – ganz verrückt – einfach barfuß durch den Garten laufen. Das ist oft näher am echten Urlaubsgefühl als jede Basttasche aus Mallorca.

Was ist mit echten Erinnerungsstücken – ist das auch Quatsch?

Überhaupt nicht. Erinnerungsstücke sind wunderbar – wenn sie eine Geschichte erzählen, nicht nur ein Preisschild. Das Muschelarmband, das dir dein Kind am Strand gebastelt hat? Gold wert. Der Kugelschreiber mit Hotel-Logo? Vielleicht weniger. Es hilft, die Dinge nicht aus Pflichtgefühl zu kaufen („Ich brauch ein Mitbringsel“), sondern aus echtem Bezug.

Wenn ein Souvenir dich beim Ansehen lächeln lässt – Ziel erreicht. Wenn du erst grübeln musst, was das war – wahrscheinlich ein Fall fürs Sozialkaufhaus.

Und was machen wir mit dem Weinkarton, dem Kleid und den Espadrilles von 2022?

Mach’s wie die Franzosen: mit Stil loslassen. Lade ein paar Freunde ein, öffne den Wein, erzähl die Geschichte vom Fehlkauf und lach drüber. Vielleicht wird’s ein legendärer Abend. Oder stell das Kleid online – mit dem Titel „Guter Geschmack im falschen Leben“.

Wer weiß: Vielleicht ist da draußen jemand, für den genau dieses Kleid ein echtes Urlaubsgefühl bedeutet. Und du? Du kaufst dir stattdessen ein bisschen mehr Gelassenheit – ganz ohne Koffer.

Christoph Maria Michalski, bekannt als „Der Konfliktnavigator“, ist ein angesehener Streitexperte und Autor. Seine innovativen Strategien helfen, Konflikte effektiv zu meistern. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.