Deutschland: Reallöhne steigen rekordverdächtig - Wirtschaft hofft jetzt auf mehr Konsum

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Mehr Geld im Portemonnaie: Die Reallöhne in Deutschland steigen zurzeit stark. Für die Wirtschaft ist das eine gute Nachricht. © Patrick Pleul / dpa

Die deutschen Reallöhne sind zu Beginn dieses Jahres im Rekordtempo angewachsen. Für die Wirtschaft sind das tolle Nachrichten: Unternehmen hoffen nun auf eine verstärkte Kauflust der Bevölkerung.

Wiesbaden - Die Reallöhne der Arbeitnehmer in Deutschland sind im ersten Quartal auch wegen der Inflationsausgleichsprämie in Rekordtempo gestiegen. Sie wuchsen von Januar bis März um durchschnittlich 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. „Das war der vierte Anstieg in Folge und das stärkste Reallohnwachstum im Vorjahresvergleich seit Beginn der Zeitreihe 2008“, hieß es dazu. Demnach verzeichneten die nominalen Löhne mit rund 6,4 Prozent den zweithöchsten Anstieg seit 2008, während die Verbraucherpreise nur noch um 2,5 Prozent stiegen und damit nur einen Teil des Verdienstzuwachses aufzehrten.

Zu der positiven Entwicklung trugen die Inflationsausgleichsprämien bei. Die steuer- und abgabenfreie Prämie kann bis zu 3.000 Euro betragen. Diese freiwillige Leistung der Arbeitgeber kann noch bis Ende 2024 ausgezahlt werden. Überdurchschnittliche Verdienststeigerungen gab es den Angaben zufolge in den Bereichen „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ (+9,1 Prozent) und „Erziehung und Unterricht“ (+8,0 Prozent). Dort wird die große Mehrheit der Beschäftigten nach einem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst entlohnt.

„Es fehlt noch die Zuversicht“ - Experte ermuntert Bürger zum Konsum

„Der Anstieg ist eine sehr gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft und die Menschen in Deutschland“, sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. „Die Erholung der Kaufkraft der breiten Masse von Menschen dürfte sich in den kommenden Monaten auch in einer zunehmenden Beschleunigung der Konsumnachfrage niederschlagen.“ Gleichzeitig dürfte bei der Interpretation aber nicht übersehen werden, dass die Reallöhne noch bei weitem nicht die Verluste seit dem Beginn der Corona-Pandemie wettgemacht hätten. In den kommenden Monaten sei mit einem weiter robusten Zuwachs der Nominallöhne bei anhaltend niedriger Inflation rechnen, wobei sich der Anstieg mit dem Wegfall der Inflationsausgleichsprämien aber etwas abschwächen dürfte. „Der Konsum könnte damit zu einer wichtigen Stütze für die konjunkturelle Erholung werden“, sagte Dullien.

Positiv schätzt auch Analyst Michael Herzum von Union Investment die Entwicklung ein. „Damit steht wieder mehr Geld für neue Ausgaben zur Verfügung“, sagte der Experte. Zudem seien aus der Corona-Zeit nach wie vor überdurchschnittlich hohe Ersparnisse vorhanden. „Damit die Menschen wieder mehr Geld für den Konsum ausgeben, fehlt ihnen angesichts der lahmenden Wirtschaft und der Krisen rund um den Globus noch die Zuversicht“, sagte Herzum.

Niedriglöhner profitieren am stärksten

Im zurückliegenden ersten Quartal erhielt unter den Vollzeitbeschäftigten das Fünftel mit den geringsten Verdiensten das größte Lohnplus: Hier stiegen die nominalen - also nicht inflationsbereinigten - Löhne um 8,8 Prozent. Im obersten Fünftel fiel das Plus mit 5,7 Prozent unterdurchschnittlich aus.

2020 trug der vermehrte Einsatz von Kurzarbeit wegen der Corona-Krise zu sinkenden Reallöhnen bei, während 2021 und 2022 die hohe Inflation den Nominallohnanstieg aufzehrte. 2023 reichte es aufgrund des höheren Mindestlohns und der vielfach gezahlten Inflationsausgleichsprämie zu einem minimalen Reallohnanstieg von 0,1 Prozent. (reuters, lf)

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