Not in der Pflegebranche: Viele Krankenhäuser würden ohne Reform „insolvent gehen“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Gesundheitsminister Lauterbach verspricht Wege aus den Finanzproblemen der Pflegebranche. Zudem will er die steigenden Beiträge stabilisieren. Doch einige Fragen bleiben offen.

Berlin – Explodierende Beiträge, herausfordernde Finanzierung, instabiles System: In der Pflegebranche muss sich schnell etwas tun. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat vor dem Hintergrund der Finanzprobleme der Pflegeversicherung eine „große Reform“ angekündigt. Der Gesundheitsminister verspricht, die Beitragssätze zu stabilisieren. Doch wie will er das angehen?

Lauterbach will Pflegereform vorstellen – Lage in der Pflegebranche ist ernst

In wenigen Wochen will Lauterbach eine Pflegereform vorstellen. Es gehe dabei um die Finanzierung, etwa um die Beiträge, die Eigenbeteiligung in der stationären Pflege, um mögliche Vollkasko-Elemente und eine Stärkung der Angehörigenpflege. Zum Thema Beitragssätze sagte Lauterbach, dies werde im Gesamtpaket mit der Reform bekanntgegeben. Zu Details äußerte sich der Gesundheitsminister bislang nicht.

Klar ist allerdings, dass es eine Strukturreform braucht. Deutschland habe bereits jetzt das teuerste Gesundheitssystem in ganz Europa, so Lauterbach. „Ohne Reform würden viele Krankenhäuser dagegen insolvent gehen. Und ohne Strukturreformen würden die Beiträge weiterhin steigen, ohne Aussicht auf Besserung“, sagte der Gesundheitsminister im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Pflegebranche vor Finanzproblemen – Lauterbach sucht Lösungen

Eine erste Pflegereform hatte die Koalition schon umgesetzt. Sie brachte Entlastungen für Pflegebedürftige bei Eigenanteilen, die sie im Heim zahlen müssen, aber auch bereits einen höheren Beitrag: Für Menschen ohne Kinder stieg er Mitte 2023 auf vier Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Familien mit mindestens zwei Kindern zahlen – bezogen auf den Arbeitnehmeranteil – jetzt weniger als zuvor. 

Karl Lauterbach (SPD)
Gesundheitsminister Lauterbach will an der Organspende-Schwelle Hirntod festhalten. © Kay Nietfeld/dpa

Doch die Finanzprobleme der Pflegeversicherung blieben. Das Gesundheitsministerium begründet das nun unter anderem mit eben dieser vorangegangenen Reform, die Pflegebedürftige in Heimen erheblich entlastet habe, und auch damit, dass es mehr Pflegebedürftige als angenommen gebe. 360.000 Menschen sind Lauterbach zufolge im vergangenen Jahr dazugekommen, in diesem Jahr rechne man mit zusätzlichen Pflegebedürftigen. Zudem seien Löhne in der Pflege gestiegen. 

Sorge vor steigenden Sozialbeiträgen – Lauterbach verspricht Stabilisierung

Auch bei den Krankenkassenbeiträgen wird – wie schon länger bekannt ist – mit einem Anstieg im nächsten Jahr gerechnet. Beim Kassen-Spitzenverband ist von mindestens 0,6 Prozentpunkten die Rede, laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) könnten es auch 0,7 werden. Zusammen mit dem Pflegeversicherungsplus also bis zu einem Prozent Abzüge mehr? Das wären bei einem Brutto von 3.000 Euro grob gerechnet 15 Euro weniger netto im Monat (die anderen 15 Euro zahlt der Arbeitgeber) – aufs Jahr gerechnet also 180 Euro weniger. 

Den immer steigenden Sozialbeiträgen will Lauterbach entgegenwirken. „Mit unseren Reformen wollen wir die Qualität der Versorgung verbessern. Das wird dazu beitragen, die Beitragssätze zu stabilisieren“, sagte Lauterbach dem Handelsblatt.

Sorge um Aus der Pflegebranche – Krankenkassen schlagen länger Alarm

Schon länger weist die Pflegebranche auf den Ernst der Lage hin. Der Dachverband der Betriebskrankenkassen hatte sogar vor einem Kollaps der Pflegeversicherung gewarnt. „Bildlich steht das Haus der Pflegeversicherung in Flammen“, erklärte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, Anfang Mai. Bereits 2024 droht demnach ein Defizit von etwa einer Milliarde Euro in der Pflegeversicherung.

Zudem hatte ein Medienbericht für großen Aufruhr gesorgt: Demnach drohe Pflegeversicherung eine Zahlungsunfähigkeit. Dem RND zufolge werde in der Ampel-Koalition fieberhaft an einer Notoperation gearbeitet. Lauterbach dementierte eine drohende Zahlungsunfähigkeit, räumte aber eine derzeitige Schwäche bei den Einnahmen der Pflegeversicherung und hohe Kosten ein.

So seien im vergangenen Jahr 360.000 Pflegebedürftige dazugekommen, in diesem Jahr rechne man mit 400.000 Menschen. Außerdem seien die Tarife in der Pflege sehr stark gestiegen und teure Zuschüsse für stationär Pflegebedürftige gewährleistet worden. (bohy mit Material der dpa)

Auch interessant

Kommentare