Klimaschutzverträge wirksam, aber teuer
In der Industriepolitik hebt der CAT die kürzlich eingeführten Klimaschutzverträge hervor. Sie könnten Unternehmen dazu bringen, schon früher in neue, teure Technologien zur Reduktion der Emissionen zu investieren, weil die Klimaschutzverträge einen Teil des Investitionsrisikos abmildern . Das ist wichtig, denn der Industriesektor müsse „den Verbrauch fossiler Energien viel schneller reduzieren und die Elektrifizierung der Prozesse viel schneller durchführen“, so der CAT.
Ohne die Verträge bestehe die Gefahr, dass Unternehmen zu spät investieren, weil sie auf eine Preissenkung bei neuen Technologien warten. Allerdings kosten die ersten beiden Runden der Klimaschutzverträge fast 20 Milliarden Euro. Es ist „unklar, wie lange der Bundeshaushalt in der Lage sein wird, eine solch kostenintensive Maßnahme zu unterstützen“, so die Einschätzung der CAT-Analysten.
Verkehrssektor: Drohen Fahrverbote und hohe CO₂-Preise?
Zu den größten Problemsektoren gehört laut CAT der Verkehrssektor. Wenn die Emissionen des Sektors nicht bald schnell sinken, müssten ab 2030 „drastische und disruptive Maßnahmen wie extrem hohe CO₂-Preise oder Fahrverbote“ eingeführt werden. Andernfalls würde der Verkehrssektor auch seine langfristigen Klimaziele verfehlen. Die Bundesregierung müsse eine Verkehrssektor-Strategie entwerfen und umsetzen. Die CAT-Analysten kritisieren:
- Einzelmaßnahmen wie das Deutschlandticket hätten kaum Klimawirkung.
- Der CO₂-Preis für Kraftstoffe von 45 Euro pro Tonne CO₂ sei viel zu gering.
- Das abrupte Ende der Förderung von E-Autos Ende 2023 habe sich negativ auf die Verkäufe ausgewirkt. Das Ziel, bis 2030 15 Millionen E-Autos auf den deutschen Straßen zu haben, werde verfehlt.
Dass die LKW-Maut erhöht und die Einnahmen zum Ausbau der Bahninfrastruktur genutzt werden sollen, lobt der CAT. Allerdings besteht derzeit noch immer eine große Lücke bei der Finanzierung der 86 Milliarden Euro, die bis 2030 in die Bahninfrastruktur investiert werden sollen. Nur die Hälfte des Geldes wurde aktuell schon bereitgestellt oder eingeplant.
Klimafinanzierung müsste fairerweise verdreifacht werden
Überraschend ist, dass auch Deutschlands Klimafinanzierung lediglich als „unzureichend“ bewertet wurde. Mit etwa sechs Milliarden Euro jährlich gehört Deutschland schon heute zu den Vorreitern in der Finanzierung von Klimaschutz in ärmeren Staaten. Laut CAT-Analysten müsste die Bundesregierung diesen Beitrag aber verdreifachen, um ihren „gerechten Anteil“ zu leisten. Die CAT-Analysten fordern Deutschland zudem auf, klare Signale gegen neue Gasinfrastruktur im In- und Ausland zu senden.
Die Analysten des Climate Action Tracker kritisieren zudem, dass Deutschlands Klimaziele „noch immer nicht 1,5-Grad-kompatibel“ seien. Die Bundesregierung müsse also nicht nur mehr unternehmen, um ihr Klimaziel für 2030 zu erreichen, sondern „ihren Ehrgeiz weiter erhöhen“, um die Ziele des Pariser Abkommens erreichbar zu halten.
Um bis 2030 auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen, müsste Deutschland laut Climate Analytics:
- Den Anteil von Kohle und Gas auf ein bis drei Prozent (Kohle) bzw. vier bis sechs Prozent (Gas) des Strommixes reduzieren. Im Jahr 2023 haben Kohle und Gas zusammen noch rund 40 Prozent des Strommixes ausgemacht.
- Die Emissionen des Industriesektors müssten sich um 52 bis 70 Prozent im Vergleich zu 2019 reduzieren.
- Die Emissionen des Verkehrs- und Gebäudesektors müssten sich um 53 bis 60 Prozent (Verkehr) 54 bis 60 Prozent (Gebäude) im Vergleich zu 2019 reduzieren.
CAT hat auch die Klimamaßnahmen von Brasilien, Singapur und Kanada neu bewertet. Wie das Rating dafür ausfiel, lesen Sie weiter unten in den News.
Von Nico Beckert