Duell am Himmel - Boeing kommt am Rivalen Airbus nicht vorbei
Während die Aktie von Airbus seit fast fünf Jahren steigt, lässt die Erholung bei Boeing auf sich warten. Wie die Chancen auf einen Kurswechsel stehen.
Boeing steckt schon seit Oktober 2018 beziehungsweise März 2019 tief in der Krise. Damals sind kurz hintereinander zwei Maschinen des Typs Boeing 737 Max 8 in Indonesien und Äthiopien abgestürzt sind. Dann zwang Corona die Flugzeuge ab Anfang 2020 in die Hangars. Der Kurs der Boeing-Aktie sackte von mehr als 400 Dollar in der Spitze auf unter 130 Dollar ab. Seither hat sie sich nicht mehr richtig erholt.
Boeing kommt nicht aus der Krise
Die Krux bei Boeing ist, dass die Turbulenzen einfach nicht aufhören wollen. Immer wieder gab und gibt es bei dem amerikanischen Flugzeughersteller Qualitätsprobleme – zuletzt bei den Sauerstoffmasken.
Davor wurde das Fehlen wichtiger Bolzen festgestellt, wodurch während eines Fluges ein türgroßes Paneel aus dem Rumpf gerissen wurde.
Im vergangenen Jahr kamen dann noch wochenlange Streiks und nicht kalkulierte Kostensteigerungen bei einem neuen Tankflugzeug und dem Nachfolger der Präsidentenmaschine „Air Force One“ hinzu, für die Festpreise vereinbart sind.
Nun soll Trump-Buddy Elon Musk dafür sorgen, dass wenigstens noch eine Maschine während der Amtszeit des alten und neuen US-Präsidenten ausgeliefert wird.
Boeing schreibt seit sechs Jahren rote Zahlen
Das alles hinterlässt tiefe Spuren in der Bilanz und in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung des Konzerns. Der Umsatz brach im vierten Quartal 2024 um fast ein Drittel auf nur noch 15,2 Milliarden Dollar ein. Selbst in der Rüstungssparte waren die Verkaufserlöse zuletzt rückläufig. Insgesamt fiel ein Nettoverlust von fast 3,9 Milliarden Dollar an. Pro einem Dollar Umsatz machte Boeing also zuletzt 0,25 Dollar Miese.
2024 war bereits das sechste Verlustjahr in Folge. Das Minus von insgesamt 11,8 Milliarden Dollar fiel nur unwesentlich geringer als das Defizit von zwölf Milliarden Dollar im „Rekordjahr“ 2020 aus.
Besserung kaum in Sicht
Im vergangenen Jahr lieferte der einstige Weltmarktführer nur noch 317 kommerzielle Verkehrsflugzeuge aus – gut ein Drittel weniger als in den zwölf Monaten zuvor. Wegen Qualitätsmängeln hat die US-Luftfahrtbehörde FAA die Produktion bei Boeing vorerst auf 36 Maschinen des Typs 737 Max gedeckelt.
Der irische Billigflieger Ryanair, der ausschließlich mit Jets von Boeing fliegt, kappte kürzlich zum zweiten Mal in Folge seine Passagierprognose, weil sich die Auslieferung neu bestellter Flugzeuge verzögert.
Boeings Schulden erreichen schwindelerregende Höhen
Boeing hat bis Ende September einen Schuldenberg von 53,9 Milliarden Dollar angehäuft. Dem stand zum Ende des dritten Quartals ein negatives Eigenkapital von 23,6 Milliarden Dollar gegenüber. Der Mittelzufluss aus einer Kapitalerhöhung im vierten Quartal ist hier allerdings bisher nicht berücksichtigt, da Boeing die entsprechenden Informationen noch nicht veröffentlicht hat. CEO Kelly Ortberg geht allerdings davon aus, dass es Jahre dauern wird, die Unternehmenskultur bei Boeing zu verbessern.

Airbus-Produktion dagegen mehr als ausgelastet
Bei Airbus stellt sich die Situation grundsätzlich anders und deutlich besser dar. Zwar ist auch hier der Aktienkurs zu Beginn der Krise eingebrochen. Doch sehr schnell setzte eine kräftige Gegenbewegung ein.
Und die hält bis heute an. Das hat fundamentale Gründe Airbus hat im vergangenen Jahr 766 Flugzeuge an seine Kunden übergeben und damit mehr als doppelt so viele wie sein amerikanischer Konkurrent. Es hätten sogar noch mehr Maschinen sein können, wenn die Europäer mit der Produktion nachgekommen wären. Airbus-Chef Guillaume Faury sprach schon bei der Bekanntgabe der Ergebnisse für die ersten neun Monate 2024 – so wörtlich – von einer starken Nachfrage.
Das ursprüngliche Produktionsziel von rund 800 Maschinen konnte jedoch aufgrund von Lieferengpässen, insbesondere bei der Innenausstattung der Flugzeuge, nicht eingehalten werden. Daher reduzierte Faury die Planung auf 770 Flugzeuge, was Airbus knapp geschafft hat.
Ähnliche Bewertung: Obwohl Airbus mehr als doppelt so viele Flugzeuge baut wie Boeing, liegt der Börsenwert kaum höher. Das lässt sich kaum rechtfertigen. Entweder müsste der Kurs von Boeing weiter fallen oder der von Airbus steigen.

Airbus hat Vorbestellungen für 8749 Flugzeuge
Die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Ende September lagen Bestellungen für 8749 Verkehrsflugzeuge vor. Damit wäre die Produktion theoretisch für mehr als zehn Jahre ausgelastet, selbst wenn keine neuen Aufträge hereinkämen. Hinzu kommen Bestellungen für 308 Hubschrauber. Vor allem die Flugzeuge der A320-Familie erweisen sich als Verkaufsschlager Rund vier von fünf Auslieferungen entfallen auf diese Baureihe.
Die A320 fliegen von der Kurz- bis zur Langstrecke. Bis 2027 will Airbus-Chef Faury die monatliche A320-Produktion auf 75 Flugzeuge steigern. Das scheint allerdings alles andere als trivial zu sein.
Die gute Auftragslage spiegelt sich auch im Umsatz wider. Von Anfang Januar bis Ende September stiegen die Verkaufserlöse um fünf Prozent auf 44,5 Milliarden Euro. Davon entfielen 7,7 Milliarden Euro auf Rüstungsgüter. Airbus stellt wie Boeing neben Verkehrsflugzeugen auch militärische Produkte her. Zum Angebot gehören unter anderem das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon sowie verschiedene Transportflugzeuge.

Ein Risiko sind Donald Trumps angedrohte Strafzölle
Vor allem der Verteidigungsbereich sorgte jedoch in den ersten neun Monaten für einen Gewinnrückgang.
Airbus erklärt das unter anderem mit verschiedenen Entwicklungsprogrammen für Satelliten. Insgesamt stiegen die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung um fast 200 Millionen auf fast 2,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente Airbus in den ersten drei Quartalen netto 1,8 Milliarden Euro nach 2,3 Milliarden Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Ein Risiko sollten Investoren aber auf jeden Fall im Auge behalten: US-Präsident Donald Trump könnte Europa und damit auch Airbus mit Strafzöllen belegen, was das US-Geschäft empfindlich belasten dürfte. Zwar würde die EU sicherlich mit Gegenmaßnahmen antworten. Ob das aber Airbus helfen würde, ist sicherlich fraglich. Risikoscheue Anleger warten, bis hier Klarheit herrscht.