Nach der Washingtoner Gipfel-Show feiert die Börse schon den Trump-Frieden
Es war eine historische Gipfel-Nacht, die ablief wie eine schräge Seifenoper. Wird sie das Ende des Krieges bringen? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Eine solche Show hat die Welt noch nicht gesehen. Acht Europäer, die im Weißen Haus fast auf ihrer eigenen Schleimspur ausrutschen, um dem Hausherrn zu schmeicheln. Dazu Gesäusel wie nach der Rückkehr aus dem Mallorca-Urlaub: „Du siehst toll gebräunt aus! Wo hast du diese Bräune her? Ich will auch eine solche Bräune.“ Und alle glucksen und freuen sich, während drüben auf der anderen Seite des Atlantiks im selben Moment noch mehr Menschen in Putins erbarmungslosem Drohnenhagel sterben.
Unter Präsident Trump ist Spitzenpolitik in Zeiten des Krieges zu einer Seifenoper geworden, aber was nützt es. Die Europäer haben, das zeigt diese in jeder Hinsicht historische Nacht in Washington, ihre Lektion gelernt. Sie lautet: Wer nichts drauf hat, muss zumindest nett sein. Und an der richtigen Stelle mitlachen, auch wenn einem nicht danach zumute ist wie dem armen Präsidenten Selenskyj. Dem half wenigstens sein schauspielerisches Talent aus seiner ersten Karriere.
Ukraine-Gipfel in Washington: Trump schmeichelt dem „starken Anführer“ Friedrich Merz
Mit Trump zu können, ist die Währung in der Weltpolitik unserer Zeit. Gut für Deutschland: Kanzler Merz genießt die Sympathie des mächtigsten Mannes der Welt, sie speist sich auch aus der gemeinsamen Gegnerschaft zu der Frau, die 16 Jahre lang Deutschland regierte und auf Trump herabblicken zu können glaubte – bis die ukrainische Katastrophe ihren Lauf nahm und die Europäer plötzlich uralt aussehen ließ.
Die Rückkehr auf den roten Teppich der Weltpolitik war der Friedens-Köder, den Trump für Putin auslegte.
„Er ist eine sehr starke Person, ein sehr starker Anführer und in Deutschland überaus respektiert. Und er ist mein Freund. Es ist eine Ehre, ihn als Freund zu haben“, schwärmte Trump vom Kanzler. Der konnte sich als einziger in der illustren Runde sogar den Luxus leisten, den Gastgeber mit seinem Ruf nach einem Waffenstillstand ein wenig zu reizen.
An der Börse glaubt man an Trumps Frieden im Ukraine-Krieg
Man kann das alles peinlich und unwürdig finden, ebenso wie Trumps Umarmung für den Massenmörder Putin in Alaska. Doch griff der US-Präsident auch damit tief in die Trickkiste des Instinktpolitikers, der unbeirrt ein Ziel verfolgt. Putins Rückkehr auf den roten Teppich der Weltpolitik war der Köder, den Trump dem ja ebenfalls nicht ganz uneitlen Kremlchef auslegte.
Der deutlichste Hinweis, dass die Ukraine auf dem steinigen Weg zu einem wenn auch schmerzhaften Frieden sein könnte, kam gestern übrigens von der Börse, wo Zocker das Gras wachsen hören: Rüstungsaktien gingen nach der Washingtoner Gipfelshow in den freien Fall über. Hoffen wir von Herzen, dass diese Wette aufgeht.