Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Das neues SPD-Programm offenbart ganz deutlich eine absurde Partei-Vorliebe
Die SPD weiß, dass sie in den Augen vieler Wähler inzwischen als Schutzpatron der Arbeitslosen gilt, nicht mehr als Interessenvertretung der Arbeitnehmer, also derer, die arbeiten, Steuern zahlen und den Staat finanzieren.
Deshalb will sie im kommenden Wahlkampf eine Wirtschaftspolitik propagieren, die sich auf einen einfachen Nenner bringen lässt: mehr Geld für die meisten plus mehr staatlicher Dirigismus.
Das entsprechende Sechs-Seiten-Papier trägt den Titel „Wir kämpfen für Deutschlands Zukunft: Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten“ . Immerhin erkennt die SPD darin an, dass die deutsche Wirtschaft seit zwei Jahren stagniert. Doch so wie die Genossen sich die Zukunft vorstellen, dürfte es wirtschaftlich keine strahlende werden.
SPD ist wieder da angekommen, wie sie vor Agenda 2010 war
Im Grunde ist die SPD wieder da angelangt, wo sie vor der „Agenda 2010“-Politik unter Kanzler Gerhard Schröder schon einmal war: bei ihrem festen Glauben, dass die Bürokraten im Wirtschaftsministerium am besten wissen, was der Wirtschaft guttut.
Für die Arbeitnehmer hat die SPD folgendes im Angebot: Eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro und eine Steuersenkung für 95 Prozent aller Steuerzahler.
Das läuft auf eine Politisierung der Lohnpolitik hinaus. Schließlich erzwingt jeder Anstieg des Mindestlohns eine Anhebung der unteren Lohngruppen in den Tarifverträgen.
Der Plan der SPD höhlt also die Tarifautonomie weiter aus, macht die Tarifpolitik zum Bestandteil von Wahlkämpfen und Koalitionsverhandlungen.
„Reiche“ sollen „etwas“ stärker in die Verantwortung genommen werden
Zur teilweisen Finanzierung der versprochenen Steuersenkungen für die große Mehrheit soll das eine Prozent der Steuerzahler mit den höchsten Einkommen „etwas“ stärker in die Verantwortung genommen werden.
Zu diesem einen Prozent zählen laut Bundesfinanzministerium Paare und Einzelpersonen mit jährlichen Einkünften von 284.000 Euro und mehr.
Dieses eine Prozent der Steuerzahler steuert schon jetzt fast ein Viertel (23,7 Prozent) zum gesamten Aufkommen an Lohn- und Einkommensteuer bei. Diese will die SPD künftig noch stärker zur Kasse bitten.
Was bei diesen „Reichen“ gern übersehen wird: Darunter fallen auch die vielen Familienunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft, das Rückgrat unserer Wirtschaft.
In diesen Fällen wird also mit dem Einkommen zugleich der Unternehmensgewinn besteuert. Diese Steuerzahler „etwas“ stärker in die Verantwortung zu nehmen, bedeutet folglich, die Investitionsmöglichkeiten ihrer Betriebe zu beschneiden.
Das wäre genau das Gegenteil einer das Wachstum fördernden Politik.
Eingeständnis, dass Deutschland nicht mehr attraktiv genug ist
Das Wachstum soll nach Meinung der SPD unter anderem durch verstärkte öffentliche Investitionen gesteigert werden. Eine Senkung der im internationalen Vergleich hohen Unternehmenssteuern wird abgelehnt.
Vielmehr soll der Staat Unternehmen in „Zukunftsbranchen“ mit „Superabschreibungen und Steuerprämien“ unterstützen. Steuerlich bevorzugt werden sollen auch Investitionen, die hierzulande „gute Arbeitsplätze“ sichern.
Das SPD-Motto lautet: „Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen.“ Das ist zugleich das Eingeständnis, dass Deutschland nicht mehr attraktiv genug ist, um aufgrund seiner Rahmenbedingungen inländische wie ausländische Unternehmen zum Investieren zu motivieren.
SPD zeigt ihre Vorliebe für Wirtschaftslenkung sehr deutlich
Mit ihren Investitionsanreizen zeigt die SPD ihre Vorliebe für Wirtschaftslenkung sehr deutlich. Der Staat soll bestimmen, welches Unternehmen mit welchen Produkten als zukunftsträchtig gilt und welche Arbeitsplätze gesichert werden sollen.
Ein Unternehmer muss also nicht in erster Linie potenzielle Abnehmer überzeugen, sondern alles daransetzen, dass ein Beamter seine Ideen für gut einstuft – eine absurde Vorstellung.
Das alles gibt es teilweise auch heute schon. Aber noch mehr Investitionslenkung wird den Standort Deutschland nicht stärken, sondern weiter schwächen.
Automobilindustrie liegt der SPD besonders am Herzen
Besonders am Herzen liegt der SPD die Automobilindustrie, wobei die engen Verbindungen zwischen Partei und Industriegewerkschaft Metall eine Rolle spielen. Um den Verkauf von E-Autos zu fördern, soll unter anderem die Einführung einer Kaufprämie geprüft werden.
Zudem will die SPD den Leasinganbietern vorschreiben, eine Quote für E-Autos einzuführen. Steuerlich besonders gefördert werden sollen E-Autos, die von Unternehmen als Dienstwagen zur Verfügung gestellt werden.
Da lässt sich erahnen, dass die steuerliche Behandlung von Dienstwagen mit Verbrenner negativ verändert werden soll.
Mittelstand wird wegen der Steuererhöhungen weniger Spielraum haben
Die SPD ist sich sicher: „Diese Reform wird den Menschen mehr finanziellen Spielraum geben und die Kaufkraft stärken. Damit kurbeln wir die Wirtschaft von unten und aus der Mitte der Gesellschaft an“. Klingt gut, trifft aber so nicht zu.
Der Mittelstand wird wegen der Steuererhöhungen weniger Spielraum haben. Viele Unternehmen werden nur dann das eigene Geschäft und damit die Wirtschaft ankurbeln können, wenn sie in das von der SPD geplante dirigistische Raster passen, wenn sie als aussichtsreich eingestuft werden.
Weniger Spielraum werden auch die Jüngeren haben. Denn die SPD verspricht eine „zielführende Reform der Schuldenregel“.
Das heißt nichts anderes, als die Schuldenbremse so zu lockern, dass der Staat sich wieder munter verschulden kann. Wobei die Genossen inzwischen wissen müssten, dass die Schulden von heute die Steuererhöhungen und Wachstumsbremsen von morgen sind.
„Wir kämpfen für Deutschlands Zukunft“ überschreibt die SPD ihr Wirtschaftsprogramm. Doch sie tut das mit den Mitteln der Vergangenheit: mehr Staat, mehr Umverteilung, mehr Schulden.
Da würde der Titel „Vorwärts Genossen, wir wollen zurück“ besser passen.