Unternehmen gehen dagegen vor - Betrug durch Millionen Fake-Bewertungen – so schützen Sie sich

Wie groß und umfassend das Problem mit gefälschten Rezensionen im Internet ist, demonstrieren die nackten Zahlen. Bei einer Untersuchung der EU-Kommission vor zwei Jahren kamen bei fast zwei Dritteln der analysierten Online-Shops, Marktplätze, Buchungswebsites, Suchmaschinen und Preisvergleichsdienste Zweifel an der Echtheit der Kundenbewertungen auf.

Amazon filtert 250 Millionen Fake-Bewertungen heraus

Ein ähnliches Bild bietet sich bei Amazon, dem Marktführer des Handels im Internet. Auf Nachfrage von FOCUS online hieß es, dass der global agierende Onlineversandhändler allein im vergangenen Jahr rund 250 Millionen gefälschte Bewertungen vor ihrer Veröffentlichung herausfiltern konnte.

Dahinter steckt ein weltweites Expertenteam von mehr als 15.000 Mitarbeitern, unterstützt von künstlicher Intelligenz. Wie es weiter aus Unternehmenskreisen heißt, wurden für den Kampf gegen Produktfälschungen, Betrug und Rezensionsmissbrauch in dem Jahr mehr als 1,2 Milliarden Dollar investiert. Was unter anderem auch dazu führte, dass immerhin 99 Prozent der angesehenen Produkte auch durch authentische Rezensionen bewertet waren.

Google prüft Rezensionen nicht auf Echtheit

Amazon gehört wie auch das Reise- und Bewertungsportal HolidayCheck zu den Firmen, die offenlegen, dass und wie sie die Echtheit von Kundenurteilen kontrollieren. Das ist seit Mai 2022 durch das deutsche Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht Pflicht. Viele große Player wie Google wählen jedoch den einfacheren Weg und geben an, dass sie Bewertungen nicht auf Echtheit prüfen.

Mehrheit der Verbraucher fordert gesetzliche Prüfpflicht

Die Tatsache, dass jeder Anbieter mit Online-Bewertungen werben darf, aber nicht prüfen muss, ob diese authentisch sind, ärgert nicht nur Jonas Ertlmaier, Leiter der Betrugsverfolgung bei HolidayCheck und Mitgründer der Initiative „ Gemeinsam gegen Fake-Bewertunge n“.

Bei einer aktuellen Umfrage unter mehr als 1000 Personen im Alter zwischen 16 und 69 Jahren fand das Reiseportal heraus, dass für 93 Prozent glaubwürdige Bewertungen bei Kaufentscheidungen von großer Bedeutung sind. Bezüglich Reisen lag der Stellenwert von Nutzerbewertungen bei 76 Prozent. Und 82 Prozent der Befragten sprachen sich für eine gesetzliche Prüfpflicht aus.

„Das Fälschen von Bewertungen muss im Strafrecht verankert werden“, fordert Ertlmaier, der mit einem Team von mehr als 40 Experten samt künstlicher Intelligenz in Sachen Verhinderung und Verfolgung von Betrug unterwegs ist. Seit 2016. Damals wurde HolidayCheck auf professionelle Agenturen aufmerksam, die Fake-Bewertungen im großen Stil verkaufen. „Das haben wir nicht hingenommen und sind als einer der ersten vor Gericht gezogen. 2019 haben wir auch ein Urteil erwirkt, dass der Verkauf von Fake-Hotelbewertungen rechtswidrig ist“, erklärt der Verwaltungswissenschaftler.

HolidayCheck setzt Privatermittler ein

Trotzdem sind etliche dieser Agenturen, die auf einem Millionen-Geschäftsmodell basieren, noch aktiv. Niedergelassen meist in Ländern wie in Dubai, afrikanischen oder mittelamerikanischen Kleinstaaten, wo die Rechtsverfolgung schwierig ist. „Doch auch da lassen wir nicht locker“, so Ertlmaier, „und setzen Privatermittler ein“. Schließlich nehme der Urlaub eine Sonderstellung bei den meisten Familien ein. „Er ist der zweitgrößte Kaufentschluss nach dem Autokauf und die größte regelmäßige Konsumentscheidung.“

So können sich Internetkunden schützen

Solange die Prüfpflicht von Bewertungen noch nicht gesetzlich verankert ist, müssen Verbraucher also auf der Hut sein. Zwar filtert auch HolidayCheck nach eigenen Angaben mehr als 99 Prozent von Fake-Bewertungen heraus, bevor sie online gehen. Der oberste Betrugsverfolger von HolidayCheck rät bei der Suche nach dem passenden Hotel auf Meinungspluralismus zu achten: „Beim Querlesen sollte sich ein breites Spektrum von guten, mittleren und auch schlechten Rezensionen ergeben. Nützlich ist auch, diese nach den persönlich wichtigen Kriterien zu sortieren.“ Ebenso sollte die Filterfunktion bei Hotelfotos genutzt und Bilder von Urlaubern angesehen werden, die vor Ort waren.

Weitere Tipps für Verbraucher

Wer also auf Nummer sicher gehen will, beherzigt zudem die folgenden Tipps von Verbraucherschutz Baden-Württemberg und dem Gütesiegel-Unternehmen Trusted Shops

1. Besonders viele Rezensionen innerhalb einer kurzen Zeit können auf Betrug hindeuten.

2. Übertrieben positiven, blumigen und womöglich sehr langen, eher nach Werbetext klingenden Formulierungen sollten Sie misstrauen.

3. Ähnliche Formulierungen in vielen Bewertungen sind oft ein Hinweis auf Fakes.

4. Negative Rezensionen mit Empfehlung von Konkurrenzprodukten sollten stutzig machen.

5. Auch das Gesamtbild der vergebenen Sterne kann Hinweise geben, ob getrickst wird. Zu viele Fünf-Sterne-Bewertungen neben wenigen Ein-Stern-Bewertungen wirken verdächtig.

*Die HolidayCheck Group AG ist eines der führenden europäischen Digitalunternehmen für Urlauber und Urlauberinnen. Hauptaktionär des Unternehmens mit Hauptsitz in München ist Hubert Burda Media Konzern, zu dem auch FOCUS online gehört.