Kurz vor Bundestagswahl - „Leistungsentzug für Totalverweigerer“: Landkreise fordern Reform bei Bürgergeld

Vier Wochen vor der Bundestagswahl hat der Deutsche Landkreistag ein umfassendes Forderungspapier an die nächste Bundesregierung vorgelegt. Darin werden Reformen in der Sozial- und Migrationspolitik sowie finanzielle Entlastungen für die Kommunen gefordert. Achim Brötel, Präsident des Deutschen Landkreistages, erklärte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Bei dieser Bundestagswahl steht wirklich viel auf dem Spiel.“

Er betonte, es gehe um die Frage, ob die Politik die Kraft habe, grundlegende Reformen anzustoßen. Gelinge das nicht, sehe er den demokratischen Rechtsstaat in Deutschland „mittel- und langfristig in echter Gefahr.“ Als warnendes Beispiel nannte Brötel die Entwicklungen in Österreich und den USA, wo Staaten „schnell auch Populisten in die Hände fallen“ könnten.

„Leistungsentzug für Totalverweigerer“

Zu den zentralen Forderungen zählt eine Reform des Bürgergeldes. Brötel forderte: „Das Bürgergeld muss reformiert werden – bis hin zum vollständigen Leistungsentzug für Totalverweigerer.“ Außerdem müsse die Karenzzeit abgeschafft werden. Dazu erklärte er: „Wir akzeptieren im ersten Jahr jeden Mietpreis. Das führt dazu, dass Vermieter bei Bürgergeld-Empfängern gerne auch einmal ein paar Euro pro Quadratmeter aufschlagen, weil sie wissen, dass es ohnehin übernommen wird.“ Dies habe nicht nur steigende Mietpreise zur Folge, sondern führe langfristig zur gesellschaftlichen Spaltung.

Im Bereich der Migrationspolitik plädierte der Landkreistags-Präsident dafür, den subsidiären Schutzstatus abzuschaffen. Er argumentierte: „Der subsidiäre Schutzstatus sollte gestrichen, und Bürgerkriegsflüchtlinge [sollten] künftig stärker in den Nachbarländern der Krisengebiete aufgenommen werden.“ Zugleich forderte er eine konsequente Abschiebung straffällig gewordener Migranten, auch im Falle ausreisepflichtiger Syrer. Brötel betonte, dies müsse zunächst bei Straftätern beginnen. Gleichzeitig stellte er klar: „Wer sich integrieren und in Deutschland arbeiten wolle, der solle dies aber auch weiterhin tun können.“

„240 von 294 Landkreisen haben derzeit Probleme mit dem Haushaltsausgleich“

Die schwierige finanzielle Situation der Landkreise stand ebenfalls im Fokus des Papiers. Laut Brötel hätten „240 von 294 Landkreisen derzeit Probleme mit dem Haushaltsausgleich.“ Zudem verlangte er eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer und forderte, flüchtlingsbedingte Unterkunftskosten müssten künftig vom Bund übernommen werden. Auch müssten die Mehrkosten durch Bundesgesetze reduziert werden, etwa bei der Eingliederungshilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe.

Ein weiterer Schwerpunkt der Forderungen ist die Reform der Pflegeversicherung. Diese müsse zu einer „Vollkasko-Versicherung“ umgebaut werden, so Brötel. Er wies auf drastisch gestiegene Kosten hin: „Wir haben Fälle, bei denen die Entgelte zuletzt um über 1000 Euro pro Monat gestiegen sind. Und: Eigenanteile von mehr als 3000 Euro pro Monat sind keine Seltenheit mehr.“ Für viele Menschen seien solche Summen nicht tragbar. Wer diese Kosten nicht zahlen könne, erhalte Hilfe zur Pflege, die jedoch von den Kommunen finanziert werde. Diese seien jedoch angesichts des hohen Defizits nicht länger dazu in der Lage. Brötel erklärte, ein solcher Umbau würde zwar zu höheren Sozialversicherungsbeiträgen führen und damit „Arbeit noch teurer“ machen, sei aber unausweichlich.

Zudem sprach sich der Landkreistag für mehr kommunale Eigenverantwortung, eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung und den schnelleren Glasfaserausbau aus. Der Deutsche Landkreistag vertritt bundesweit 294 Landkreise und deren 11.000 Gemeinden.