CDU will Magnetschwebebahn – und erntet beißenden Spott

In Berlin gab es schon einmal eine Magnetbahn (Archivbild): Das Projekt zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Kemperplatz wurde damals eingestellt. Vergrößern des Bildes In Berlin gab es schon einmal eine Magnetbahn (Archivbild): Das Projekt zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Kemperplatz wurde vor mehr als 30 Jahren eingestellt. (Quelle: Settnik/dpa)
Facebook Logo Twitter Logo Pinterest Logo WhatsApp Logo

Der Berliner CDU schwebt ein neues Großprojekt für die Hauptstadt vor. Die Idee soll wohl frisch und modern klingen, aber Fachleute wundern sich.

Es ist ein altes Wunschprojekt der Hauptstadt-CDU: Schon 2020 präsentierte Kai Wegner, CDU-Landeschef und heute Regierender Bürgermeister, die Vision einer Magnetschwebebahn in Berlin. So könne beispielsweise der Flughafen BER besser an die Stadt angebunden werden, glaubte er.

Jetzt könnten diese Pläne konkret werden. CDU-Fraktionschef Dirk Stettner behauptet, das Projekt sei einfach und vor allem kostengünstig zu realisieren, eine Pilotstrecke könne innerhalb von zwei Jahren für 80 Millionen bis 85 Millionen Euro aufgebaut, das Geld von Klimaschutzprojekten abgezwackt werden. "Wir müssen als Metropole so etwas mal probieren", fand Stettner und erntete dafür Zustimmung von Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), die die Idee "eine sinnvolle Ergänzung" für das Berliner Verkehrsnetz nannte.

"Spaßpartei" CDU: Magnetschwebebahn nur ein Phantasieprojekt

Aber außerhalb der CDU ist der Gegenwind enorm, der Spott der Bürger beißend. Von der "Wuppertalisierung Berlins" ist schon die Rede, es wird an das in Deutschland nach jahrzehntelanger staatlicher Förderung eingestampfte "Erfolgsprojekt Transrapid" erinnert. Der Berliner Landesverband im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schrieb, die Klimakrise sei zu ernst, um mit ihr "nach Art einer Spaßpartei umzugehen". Die Magnetschwebebahn sei bloß ein "Phantasieprojekt aus Beton". Es verhöhne alle Menschen, "die ernsthaft den Klimaschutz schnell voranbringen wollen".

Twitter
Twitter

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Twitter-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Twitter-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Wieso die CDU-Pläne so vehementes Kopfschütteln auslösen, wird deutlich, wenn man Fachleute zu der Idee von der Magnetbahn anhört. Ihre Kritik ist breit gefächert. "Ich wundere mich sehr", fasst Markus Hecht, Professor an der Technischen Universität (TU) Berlin, sein Fazit zusammen.

Teuer, gefährlich, ineffizient: TU-Professor über Magnetbahn

Eine Schwebebahn zu bauen sei, anders als von der CDU behauptet, überhaupt nicht günstig. Zwar sei natürlich eine oberirdische Trasse kostensparender als eine unterirdisch verlaufende Bahn, aber da würden Äpfel mit Birnen verglichen: "Genauso gut und wesentlich billiger könnte man auch eine ganz normale Bahnstrecke aufständern."

Zudem berge die Zulassung eines völlig neuen Konzepts für eine Magnetschwebebahn in Berlin unkalkulierbare zeitliche und finanzielle Risiken. "Nehmen Sie nur die Fluchtwege", sagte Hecht. Er kenne keine Magnetschwebebahn, die momentan ein in dieser Hinsicht überzeugendes Sicherheitskonzept integriert habe. Solche Fragen seien aber für eine Zulassung in vertretbarer Zeit essenziell.

Und dann sei auch noch die Energieeffizienz von Magnetbahnen "sehr schlecht". Dies liege an Unebenheiten der Fahrstrecke, weswegen der Abstand zwischen Führungsschiene und Zug bei der Magnetbahn mindestens einen Zentimeter betragen müsse. Der Abstand zwischen Anker und Magnetspule in einem Elektromotor betrage hingegen nur einige Zehntel Millimeter, die Magnetbahn habe daher einen wesentlich schlechteren Wirkungsgrad.

Experte zu Berliner Plänen: "Aus der Zeit gefallen und sinnlos"

Harsche Worte kamen auch von dem Verkehrsforscher Andreas Knie. "Magnetschwebebahnen sind Hochleistungs-Massenverkehre, die sehr viele Menschen zur gleichen Zeit von A nach B bringen", sagte der Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität am Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung der Nachrichtenagentur dpa. "Das wäre eine gute Idee für das Berlin in den 20er, 30er oder 40er Jahre gewesen, aber nicht für das heutige Berlin."

Die Stadt sei vielfältiger, kleinteiliger geworden. Die vorhandenen Massenverkehrsmittel – U-Bahn, S-Bahn und Straßenbahn – reichten dafür völlig aus, betonte Knie. "Die Idee, jetzt einen ganz neuen Verkehrsträger zu bauen in einer hochverdichteten, hochversiegelten Stadt, ist aus der Zeit gefallen und einfach sinnlos." Magnetschwebebahnen einzusetzen, sei nur bei Entfernungen von mehreren hundert Kilometern clever. "Da ist Deutschland der falsche Ort für."

Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Regierungsfraktion mit dem Vorschlag von den wirklich wichtigen Problemen der Berliner Verkehrspolitik ablenken wolle – allen voran vom Konflikt rund um die Aufteilung des öffentlichen Straßenraums.

Kritik auch aus der SPD: "Das macht mich schon wieder sauer"

Besonders unangenehm für die CDU: Aus der mitregierenden SPD kommt ebenfalls Unverständnis, obwohl es doch angeblich bereits eine Verständigung mit dem Koalitionspartner gegeben hatte. Davon will aber zumindest der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tino Schopf, nichts wissen: "Das macht mich schon wieder sauer", sagte er dem "Neuen Deutschland". "Mir ist nicht bekannt, dass da jemand drüber gesprochen hat."