Nur wenige Cent pro Schuss: Mikrowellen sollen Putins Drohnen brennen lassen

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Mikrowellen und Laser – der neueste Hype der Waffentechnologen. Während die USA und China testen, will die Ukraine Star Wars schon realisieren können.

Kiew – „Moderne Kampflaser kosten nur wenige Cent pro Schuss und können in Sekundenschnelle ein Loch in ein Dutzend Kilometer entferntes Ziel brennen und dessen Elektronik außer Gefecht setzen“, schreibt Bohdan Miroschnytschenko. Was nach Star Wars klingt, hebt gerade die Ukrainska Prawda auf die Agenda: Mikrowellen gegen Drohnen. Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj liefern sich offenbar einen Wettbewerb darum, die Tür zum Krieg von übermorgen aufzustoßen – sind aber weit davon entfernt.

Gemeint seien „Directed-Energy-Waffen (DEW)“, schreibt die Prawda. Deren Wirkung läge entweder in einem gebündelten Lichtstrahl oder starker Mikrowellenstrahlung. Im Dezember hatte die Ukraine aufgetrumpft mit der Behauptung, sie habe ihre Luftabwehr mit einem bereits einsatzbereiten Laser verstärkt, wie CNN gemeldet hat. Mit Patrick Senft hatte der US-Nachrichtensender sogar einen vermeintlichen Experten aufgefahren. Senft zufolge sei es durchaus möglich, „dass die Ukraine eine funktionsfähige Energiewaffe (DEW) entwickelt, die in der Lage ist, einige Luftziele zu zerstören“, wie der Waffen- und Munitionsforscher des Beratungs-Unternehmens Armament Research Services geäußert hat.

Zwei ukrainische Infanteristen liegen im abendlichen Gegenlicht auf der Lauer, um russische Drohnen abzuschießen.
Auf der Lauer: Zwei ukrainische Soldaten einer Anti-Drohnen-Einheit. Im Ukraine-Krieg können einzelne Infanteristen mit schultergestützten Waffen die Kommunikation von Drohnen mit ihren Piloten stören. Der nächste Schritt wären größere Emitter, die auch gegen Drohnenschwärme operieren könnten. © IMAGO / Konstantin Mihalchevskiy

Ukraine hinkt hinterher: „Über Mikrowellensysteme in den ukrainischen Streitkräften ist nichts bekannt“

Senft bezog sich auf eine Waffe mit einem gebündelten Lichtstrahl. Aber Mikrowellen-Waffen? Zumindest die USA sollen in diesem Thema fortgeschritten sein: Das Pentagon bereite Hochleistungs-Mikrowellenwaffen vor, die unsichtbare Schläge gegen Schwärme von Kampfdrohnen durchführen könnten, schrieb vor einem Jahr Scientific American. Das Magazin legt nahe, dass diese Waffe die Antwort sei – oder sein sollte – auf Drohnenschwärme, die durch Künstliche Intelligenz gesteuert würden.

„Wir glauben, dass Hochleistungsmikrowellentechnologie von entscheidender Bedeutung ist, um die Bedrohung durch Schwärme kleiner Drohnen einzudämmen“, sagte Generalmajor Sean Gainey gegenüber Scientific American. Der Leiter des Joint Counter-Small Unmanned Aircraft Systems Office (JCO) der US-Armee fürchtet, dass Drohnen nicht nur künftig in Schwärmen anrückten, sondern das auch schneller und wendiger vonstattengeht; und dass sie insgesamt autonomer agierten, wie er dem Magazin gegenüber geäußert hat.

„China hat erfolgreich eine echte Waffe getestet, die an den Todesstern-Laser aus Star Wars erinnert“

Mit seinem Bericht produziert Miroschnytschenko letztendlich lediglich falsche Hoffnungen. „Über Mikrowellensysteme in den ukrainischen Streitkräften ist nichts bekannt“, wie er in der Prawda publiziert. Allerdings hat er recht, wenn er schreibt, dass gerade diese Technologie auf lange Sicht den Russen mit ihren Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed den Himmel verbauen könnte. Und natürlich wäre die Ukraine prädestiniert für die Entwicklung solcher Waffen. Wahrscheinlich werden ukrainische Ingenieure auch bereits an solchen Systemen tüfteln, allerdings fehlten der Ukraine für eine ausgereifte Waffe dieser Art sowohl die Zeit als auch die Ressourcen.

Was die USA und China dagegen haben: Laut Scientific American lasse die US-Regierung seit den 1960er-Jahren daran experimentieren und habe inzwischen sechs Milliarden Dollar investiert – in beide Arten von DEW, also Laserwaffen und Hochleistungsmikrowellen. „Letztere sind eine Form elektromagnetischer Strahlung wie Radiowellen, jedoch mit kürzeren Wellenlängen (daher das Präfix ‚Mikro‘), die von etwa 30 Zentimetern bis zu einem Millimeter reichen. Diese Energieform wird häufig in der Kommunikation, der Medizin, in industriellen Bereichen und natürlich zum Erhitzen von Lebensmitteln eingesetzt“, schreibt Scientific American.

Russland experimentiert: Mit Emittern, die gepulstes Infrarotlicht aussenden

Einzelne Frequenzen stören dann auch Schaltkreise, beschädigen sie oder setzen sie komplett in Brand. Das Prinzip ist dasselbe, lediglich mit mehrtausendfacher Energie. Weit realitätsnäher und offenbar für die Ukraine in Reichweite sind Laser – allerdings wohl noch nicht mit tödlicher Wirkung, sondern nur zum Blenden der Optiken von Drohnen. Die notwendige Energie zum Zerstören von Objekten zu transportieren, sei noch mit zu vielen technischen Herausforderungen verbunden, erläutern Techniker gegenüber CNN.

Offenbar reicht eine durch das Blenden verursachte kurzzeitige Unterbrechung der Video-Verbindung, um die Effektivität der Drohne zu beeinträchtigen, wie das Magazin The War Zone (TWZ) berichtet: „Insbesondere FPV-Drohnen (First Person View) können sich so schnell bewegen, dass schon ein kurzer Verlust der Situationswahrnehmung dazu führen kann, dass sie stark vom Kurs abkommen und/oder abstürzen. Dies gilt insbesondere für ihre Angriffsflüge“, schreiben die TWZ-Autoren Joseph Trevithick und Tyler Rogoway.

Offenbar sind aber auch die Russen dabei, solche Systeme zu entwickeln – die aber offenbar noch derart unterentwickelt sind, dass Russland sie im Ukraine-Krieg nicht einsetzen kann. Laut TWZ soll das Shtora-1-System in den 1980er-Jahren in Panzern der Serien T-80 und T-90 eingebaut worden sein: Emitter, die gepulstes Infrarotlicht aussendeten, hauptsächlich um Laserzielsucher und Laserentfernungsmesser zu stören – die waren vornehmlich in Panzerabwehr-Lenkwaffen verbaut. Wie TZW schreibt, sind diese Emitter aber offenbar aufgegeben worden. Jedenfalls von Russland. TWZ will wissen, dass die USA solche „Laser“ sowohl mobil für größere Panzerverbände plant, als auch für den Einsatz auf Handwaffen des einzelnen Infanteristen.

USA denken weiter: Die Abwehr von Drohnen würde sozusagen in der Luft stationiert

Allerdings berichtet Scientific American davon, dass die USA damit experimentieren, Mikrowellenwaffen auch in kleine Fluggeräte zu implementieren. Die Abwehr von Drohnen würde dann sozusagen in der Luft stationiert. Demgegenüber provozieren neue Ideen offenbar auch wieder neue Herausforderungen. Hochleistungsmikrowellen würden an sich schon wieder ihre Abwehr voraus nehmen, wie Scientific American ausführt: Die Schaltkreise einer Drohne bräuchten demnach lediglich gegen elektromagnetische Einflüsse abgeschirmt werden.

Die einfache Do-It-Yourself-Drohne, wie sie jetzt in der Ukraine verwendet würde, wäre dann Geschichte. Sie würde komplexer werden und müsste mehr Leistung bieten, weil sie an Gewicht zunähme und mehr Kosten produzierte. Aber das sind Schwierigkeiten, über die China längst hinweggekommen zu sein scheint, wie Popular Mechanics aktuell berichtet.

„China hat erfolgreich eine echte Waffe getestet, die an den Todesstern-Laser aus Star Wars erinnert“, schreibt das Wissenschafts-Magazin. Demnach „sendeten sieben Fahrzeuge in Westchina jeweils einen Hochleistungs-Mikrowellenstrahl aus, der zeitlich und räumlich präzise zusammenlief und einen leistungsstarken Superstrahl erzeugte“, wie Popular Mechanics unter Berufung auf einen Artikel der South China Morning Post vom November 2024 veröffentlicht. Die Bündelung der Strahlen habe vorausgesetzt, dass die Mikrowellen-Fahrzeuge auf einer exakt ausgerichteten Position standen und nur wenige Millimeter abweichen durften; genauso wie sie zeitlich jeweils nur 170 Pikosekunden voneinander differieren durften – also jeweils 170 Billionstel einer Sekunde.

China prescht woran: Auf einer Messe im vergangenen Jahr mobile Mikrowellen-Waffen präsentiert

Nach eigenen Angaben hätten die Chinesen die Strahlen aber in rund 1.800 Kilometern gebündelt und GPS-Signale wirksam unterdrückt, wie die Post berichtete. Popular Mechanics behauptet, China lege so viel Energie in die Forschung bezüglich dieser Waffen, weil sich das Land gegenüber den USA im Hintertreffen wähnt. Und auch die USA halten diesen aktuellen Test offenbar für wenig aussagekräftig. Die Waffen der Chinesen hätten viel zu wenig Energie, um Schaden an Satelliten anzurichten; was auch die Chinesen zugeben.

Wie The War Zone im November berichtete, hätten die Chinesen im vergangenen Jahr mobile Mikrowellen-Waffen präsentiert auf der China International Aviation & Aerospace Exhibition, auch bekannt als Zhuhai Airshow. Die vierachsigen Lkw von der Länge eines Panzertransporters hätten ein Panel von der Größe eines Hausdaches transportiert. Popular Mechanics-Autor Sébastien Roblin ist unsicher, inwieweit China Fortschritte realisiert oder mit einer vermeintlichen Innovation aufzutrumpfen versucht.

Offensichtlich sind China und die USA die einzigen ernstzunehmenden Protagonisten dieser Waffengattung; obwohl Großbritannien und Israel ebenfalls Laserwaffen nachgesagt werden. Insofern scheint beinahe grotesk, was Vadym Sukharevskyi dem Sender CNN gegenüber explizit geäußert hat. Der Kommandeur der unbemannten Systeme der ukrainischen Streitkräfte will die Welt glauben machen: „Heute können wir mit diesem Laser bereits Flugzeuge aus einer Höhe von über zwei Kilometern abschießen.“

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