Keine Joints mehr in Bangkok? Kiffer-Paradies Thailand vor Cannabis-Aus
Als erstes Land in Asien hatte Thailand den Konsum von Cannabis legalisiert. Nun plant die Regierung eine Kehrtwende. Eine Aktivistin glaubt allerdings, dass es dafür bereits zu spät sei.
Die Sorten tragen Namen wie „Thai Budsaba“, „Blue Dream“, oder „Platinum Gorilla Glue“, sie versprechen ein paar Stunden Auszeit vom Alltag. In ihrem kleinen Laden in der Sukhumvit Road im Herzen von Thailands Hauptstadt Bangkok verkauft Kitty Chopaka Cannabis-Blüten, das Gramm für um die 20 Euro. Möglich ist das seit fast zwei Jahren, ganz legal. Ihre Kunden, sagt Chopaka, seien vor allem Ausländer, „viele davon aus Ländern, in denen Cannabis verboten ist“. Während die Einheimischen vor allem Cannabis-Produkte mit nur geringem Wirkstoffgehalt bevorzugten, würden die Touristen „eher das harte Zeug“ rauchen, sagt sie.
Seit die Regierung des asiatischen Landes im Juni 2022 Cannabis von der Liste verbotener Substanzen gestrichen und damit Anbau, Verkauf und Konsum faktisch freigegeben hat, ist Thailand zum weltweiten Mekka für Kiffer geworden. Rund 6000 lizensierte Shops gibt es im ganzen Land. Ein Teil des Grases, das in Thailand verkauft wird, kommt illegal über die Grenze – aus Laos etwa über den Mekong, und zum Teil sogar aus den USA oder Kanada. Andere Händler bauen ihre eigenen Cannabis-Pflanzen an. Kitty Chopaka hingegen bezieht ihre Ware von rund 50 Kleinbauern im ganzen Land, von denen es mittlerweile ein paar Tausend gibt.
Viel Geld werfe ihr 15-Quadratmeter-Laden nicht ab, erzählt sie am Telefon. Aber das sei auch gar nicht ihr Ziel. „Ich bezeichne mich als Aktivistin und Anwältin von Cannabis“, erklärt die 38-Jährige. Ihre gehe es darum, dass jeder, der wolle, Zugang zu Cannabis bekomme. Auch ihre beiden Kinder, wenn diese alt genug seien. Sie selbst konsumiere ebenfalls. Angefangen haben sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes, das Gras helfe ihr gegen Migräne. „Für mich ist es ein Kraut mit einer positiven Wirkung und einer langen Geschichte in Thailand.“

Cannabis-Konsum in Thailand: streng reguliert, aber überall erhältlich
Die Gewinne aus dem Cannabis-Verkauf nutzen Chopaka und ihre Mitstreiterinnen unter anderem, um Menschen zu beraten, die ihr eigenes Geschäft eröffnen wollen. Denn wer sich an die gesetzlichen Regeln halte, der habe „mit ziemlich viel Bürokratie“ zu kämpfen. „Die vielen Regulierungen, das ist so etwas wie meine Gute-Nacht-Lektüre“, witzelt Chopaka, die einst die Anwaltskanzlei ihres Vaters geleitet hat. Jeder Cannabis-Shop muss dokumentieren, woher er seine Ware bezieht und an wen die Cannabis-Blüten weiterverkauft werden, zudem müssen Ladeninhaber die Ausweise ihrer Kunden kontrollieren. Einmal im Monat muss dann ein Bericht an die zuständige Gesundheitsbehörde geschickt werden. Verkaufen dürften die Läden ohnehin nur Cannabis-Blüten sowie Extrakte, die maximal 0,2 Prozent THC enthalten, nicht aber fertig gedrehte Joints oder Haschkekse.
Auch der Konsum ist reglementiert. Kiffen in der Öffentlichkeit ist verboten, zudem ist Frauen, die schwanger sind oder stillen, sowie Menschen unter 20 der Konsum generell nicht erlaubt. Doch wirklich durchgesetzt werden die Regeln oftmals nicht. Mediziner beklagen, der Anteil der unter 20-Jährigen, die trotz Verbots zum Joint greifen, sei von einem auf zehn Prozent gestiegen. Konjunktur haben in Thailand nicht nur die Cannabis-Shops, sondern auch die Entzugskliniken. Im vergangenen Jahr wurden offiziellen Zahlen zufolge 63.000 Patienten wegen psychischen Problemen in Verbindung mit Cannabis-Konsum behandelt, ein Jahr zuvor waren es noch 37.000.
Cannabis ist in Thailand mittlerweile fast überall erhältlich, vor allem an Touristen-Hotspots wie Bangkok oder Phuket. Der Regierung sind all die bekifften Touristen ein Dorn im Auge, sie will die Legalisierung daher nun ein Stück weit rückgängig machen. Ein neuer Gesetzentwurf solle „die Verwendung von Cannabis nur für gesundheitliche und medizinische Zwecke erlauben“, sagte Thailands Gesundheitsminister Chonlanan Srikaew Anfang Februar. „Der Gebrauch zum Spaß wird als falsch angesehen.“ Bereits im vergangenen Sommer hatte Thailands neuer Premierminister Srettha Thavisin eine entsprechende Gesetzesänderung angekündigt, jetzt macht die Regierung anscheinend Ernst. Vorgesehen sind Strafen von umgerechnet rund 1500 Euro für Freizeit-Kiffer.
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Deutschland vor Cannabis-Legalisierung
Kitty Chopaka hatte die Vorgängerregierung einst bei der Legalisierung beraten, jetzt haben sie und ihre Mitstreiter 10.000 Unterschriften gesammelt, um auf das Gesetzgebungsverfahren einzuwirken. Dass die Regierung in Bangkok gegen Cannabis vorgeht, kann sie nicht verstehen. Chopaka wirft der Regierung eine Doppelmoral vor: „Irgendein Politiker ist offenbar die Sukhumvit Road entlangspaziert und hat sich über die vielen Cannabis-Shops aufgeregt“, sagt sie. „Und dabei hat er die Go-Go-Bars, die Sex-Shops und die Crack-Verkäufer, die überall herumstehen, anscheinend nicht gesehen.“ Ohnehin sei es schon zu spät, den Cannabis-Konsum zu verbieten. Schließlich gebe es im ganzen Land nun Menschen, die wüssten, wie man die Pflanzen anbaut und weiterverarbeitet. „Will die Regierung all diese Leute ins Gefängnis stecken?“
Die Diskussion über eine Cannabis-Freigabe in Deutschland verfolgt die thailändische Aktivistin genau. Hierzulande plant die Ampel-Regierung eine Legalisierung in zwei Schritten. Zunächst sollen der Eigenanbau der Pflanzen sowie die Abgabe der Droge in sogenannten Cannabis-Clubs erlaubt werden. Später sollen in ausgewählten Modellregionen dann auch spezielle Shops das Kraut verkaufen können. „Wenn Deutschland schon weiter wäre, gäbe es die Diskussion bei uns in Thailand nicht“, glaubt Kitty Chopaka. Denn dann hätte sich Thailand als Cannabis-Lieferant angeboten, statt über ein Verbot nachzudenken. Das Know-how dazu, sagt sie, sei schließlich vorhanden.