FOCUS-Kolumne von Jan Fleischhauer - Alle auffälligen Asylbewerber zum Psychiater? Wer so denkt, verhöhnt die Opfer
Ob Herr Lauterbach oder Frau Vu oder Frau Miosga mal versucht haben, einen Therapieplatz zu ergattern? Selbst akute Fälle werden vertröstet, weil es nicht genug Fachpersonal gibt. Die Bundespsychotherapeutenkammer schätzt, dass es schon jetzt 7000 Kassensitze zu wenig gibt. Ich will gar nicht über die Kosten reden. Ich sage nur: Wenn man die Bürger so richtig gegen sich aufbringen will, kommt man mit so einer Idee um die Ecke.
Linksgrünes Lager: Wenn es um afghanische Gewalttäter geht, herrscht erstaunliche Geduld
Ich kenne mich ein wenig bei mentalen Problemen aus. Zwei Jahre habe ich als Zivildienstleistender in einer psychiatrischen Nachsorgeeinrichtung in Hamburg gearbeitet.
Unter den Bewohnern gab es alles, was der psychotische Formenkreis zu bieten hat: Manien, bipolare Störungen, schwere Depressionen, Schizophrenien. Aber dass sich jemand ins Auto gesetzt hätte, um dieses in eine Menschenmenge zu steuern, ist in all den Jahren, die es die Ein- richtung nun gibt, nicht ein einziges Mal vorgekommen.
Eine Leserin hat mich darauf hingewiesen, dass auch nach dem Kosovo-Krieg viele traumatisierte Menschen nach Deutschland gekommen seien. Den Überlebenden des IS- Terrors wurde ebenfalls Furchtbares angetan. Trotzdem hat man bislang nicht vernommen, dass einer der Kriegsflüchtlinge wahllos auf Kinder eingestochen hätte.
Bis heute klammern sich viele an die Vorstellung, man könnte eine Änderung der Migrationspolitik umgehen, wenn man irgendwie mehr Verständnis für die Täter aufbringen würde. Weshalb fällt es gerade Politikern links der Mitte so schwer, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen?
Wenn sich normale Bürger nicht mehr auf Straßenfeste trauen, liegt etwas im Argen
Auch im linken Milieu kann man bei gesellschaftlich schädlichem Fehlverhalten sehr unnachsichtig sein. Einmal die Hand zum Hitlergruß gehoben oder im Suff „Ausländer raus“ gegrölt und selbst kirchentagsbewegte Grüne fordern sofortige Exklusion. Nur wenn es um afghanische Gewalttäter geht, herrscht erstaunliche Geduld.
Ich glaube, muslimische Flüchtlinge dienen als Projektionsfläche. Sie sind der Ersatz für die Unterdrückten und Entrechteten, die der Linken mit der Arbeiterklasse abhandengekommen sind. Dazu kommt eine gewisse Romantisierung.
Schon der Ahnvater der Bewegung, der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau, schwärmte vom „edlen Wilden“, der im Einklang mit der Natur lebe, unberührt von allen Defiziten der Moderne. Dass es sich bei dem „edlen Wilden“ um eine westliche Fantasie handelte, gehört inzwischen zum Stand der Wissenschaft – nur bis zu den modernen Bewunderern des indigenen Weltenwanderers scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben.
Kritiker sagen, dass man nicht so tun solle, als ob ungesteuerte Migration das größte Problem Deutschlands sei. Es ist vielleicht nicht das größte, wäre meine Antwort, aber ein sehr großes. Ich kenne aus dem Kindergarten eine Reihe von Eltern, die inzwischen Menschenansammlungen meiden. Wir leben in einem der sichersten Länder der Welt, keine Frage. Aber wenn sich normale Bürger nicht mehr auf Weihnachtsmärkte oder Straßenfeste trauen und die Gewerkschaften Demos aussetzen, weil sie ihre Mitglieder nicht dem Risiko eines Angriffs aussetzen wollen, liegt etwas im Argen.
Hohe Kosten durch Migration und Sozialleistungen
Auch ökonomisch bleibt der unkontrollierte Zuzug nicht ohne Folgen. Nahezu 50 Milliarden Euro geben wir dieses Jahr für das sogenannte Bürgergeld aus, wobei die Hälfte der Bezieher, anders als das Wort Bürgergeld vermuten lässt, gar keinen deutschen Pass hat. Dazu kommen die Kosten für Unterbringung, medizinische Versorgung, Schule, Kita und natürlich die Asylverfahren.
Der Attentäter von München hat nicht nur zwei Anhörungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchlaufen, wie man der Zeitung entnehmen konnte. Anschließend hat sich auch noch ein Gericht mit seinem Fall befasst, da er den abschlägigen Bescheid nicht hinnehmen wollte.
Die Bundesregierung hat in ihrer unendlichen Weisheit kurz vor dem Bruch der Ampel verfügt, dass ausreisepflichtigen Ausländern automatisch ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt wird, der ihnen hilft, gegen die Ausweiseverfügung vorzugehen. All das will bezahlt sein. Zusammengerechnet kommt man auf einen Betrag, der leicht an den Verteidigungshaushalt heranreicht.
Ich will nicht zu pathetisch werden
Bei „Markus Lanz“ saß neulich Michael Kyrath, der vor zwei Jahren bei der Messerattacke von Brokstedt seine 17-jährige Tochter verlor. Man sei inzwischen mit weit über 300 Elternpaaren im Kontakt, die das Schicksal teilten, sagte er. Und er fuhr dann fort:
„Was uns alle eint, es ist immer dasselbe Täterprofil, es ist dasselbe Tatwerkzeug, es ist nahezu derselbe Tathergang, es sind nahezu dieselben Tatmotive und es sind am Ende einer Tat dieselben Floskeln, die wir seit Jahren hören, die Versprechungen der Politiker ‚wir machen, wir tun‘ – geschehen ist überhaupt gar nichts. Wir werden die nächsten Fälle wieder erleben. Und wir werden wieder erleben, dass die üblichen politischen Verantwortlichen an der nächsten Tatstelle stehen und wieder Bedauern bekunden, wie schrecklich das doch ist, und wieder versprechen, was sie nicht alles in Bewegung setzen wollen, und danach wird wieder nichts passieren.“
Ich will nicht zu pathetisch werden, aber am 23. Februar geht es auch um die Frage, ob Herr Kyrath Recht behält oder nicht.