Reaktionen auf Geisel-Videos der Hamas: Merz und Macron ensetzt
Die Bilder sind kaum zu ertragen: In einem Video, das die Hamas verbreitet hat, sind ausgehungerte israelische Geiseln zu sehen. Die politischen Reaktionen reichen von Schock bis zu Entsetzen.
Berlin/Paris - Nach der Verbreitung von Aufnahmen ausgehungerter israelischer Geiseln durch die Terrororganisation Hamas zeigten sich zahlreiche Politiker geschockt. „Ich bin entsetzt über die Bilder von Evyatar David und Rom Braslavski“, sagte etwa Bundeskanzler Friedrich Merz am Sonntag der Bild-Zeitung. „Die Hamas quält die Geiseln, terrorisiert Israel und benutzt die eigene Bevölkerung im Gazastreifen als Schutzschild.“
„Gerade deshalb führt zunächst kein Weg an einem verhandelten Waffenstillstand vorbei“, betonte Merz. „Die Freilassung aller Geiseln ist dafür zwingende Voraussetzung.“ Die Hamas dürfe dann aber „in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen“. Auch Außenminister Johann Wadephul, der am Freitag von einer Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete zurückgekehrt war, äußerte sich schockiert. Diese zeigten „die ganze Niedertracht ihrer Peiniger“, sagte Wadephul zu Bild.
Hamas verbreitet Geisel-Videos: Macron spricht von „unerträglichen Bildern“
Der französische Präsident Emmanuel Macron reagierte entsetzt auf die „unerträglichen Bilder“ der ausgemergelten Geiseln. Die Bilder zeigten die „niederträchtige Grausamkeit“ und die „grenzenlose Unmenschlichkeit“ der Hamas, erklärte Macron im Onlinedienst X. Er unterstrich, dass die unverzügliche Freilassung aller noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln für seine Regierung die „absolute Priorität“ habe.
Israels Präsident Isaac Herzog beschuldigte in einem Post auf X die Hamas, die die Menschen in Gaza hungern ließe: „Sie plündert Hilfsgüter und blockiert genau die humanitären Lieferungen, die von Israel gemeinsam mit seinen internationalen Partnern gerade ausgeweitet wurden.“ Herzog nannte das Verhalten der Terrororganisation „pure Grausamkeit“.
Hamas veröffentlicht Geisel-Bilder: Laschet kritisiert „unsere Staatsspitze“
Der ehemalige NRW-Ministerpräsident und spätere Spitzenkandidat der Union, Armin Laschet, teilte Herzogs Post und stellte die Frage dazu: „Warum schafft es unsere Staatsspitze nicht, sich dem Appell anzuschließen, täglich die Namen der deutschen Geiseln zu nennen und die sofortige Freilassung zu fordern?“ Die Abgeordneten des Bundestages, zu denen Laschet zählt, „sollten trotz aller Meinungsunterschiede zum Nahost-Konflikt wenigstens diese Barbarei an unseren Landsleuten öffentlich und klar benennen.“
Die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer Dschihad hatten drei Propagandavideos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln verbreitet. Eines der Videos zeigt den abgemagerten 24-jährigen David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Andere Aufnahmen zeigen, wie der Deutsch-Israeli Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss.
Nahost-Konflikt: Merz und Macron wollen Hamas keine Rolle bei politischer Lösung einräumen
In seiner Reaktion auf die Videos betonte Macron ebenso wie Merz, dass die Hamas keine Rolle in der politischen Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern spielen dürfe. „Wir fordern die totale Demilitarisierung der Hamas, ihren kompletten Ausschluss von jeglicher Form der Regierung und die Anerkennung Israels durch den Staat Palästina“, erklärte der französische Präsident.
In der Frage des Palästinenserstaats verfolgen Frankreich und Deutschland allerdings abweichende Kurse. Macron hat angekündigt, im September im Rahmen der UN-Generaldebatte einen Palästinenserstaat anerkennen zu wollen. Auch andere westliche Staaten haben dies angekündigt oder erklärt, die mögliche Anerkennung eines Palästinenserstaats zu prüfen.
Die Bundesregierung plant hingegen einen solchen Schritt vorerst nicht, sondern hält die Anerkennung eines Palästinenserstaats erst als das Ergebnis eines noch zu bewältigenden Verhandlungsprozesses für sinnvoll.
Hamas verbreitet Geisel-Videos: Bundesregierung konstatiert „erste Fortschritte bei humanitärer Hilfe“
In seiner Reaktion auf die Geisel-Videos forderte Merz am Sonntag die israelische Regierung auch auf, den Zynismus der Hamas nicht zu erwidern. Israel müsse für die Bevölkerung im Gazastreifen „weiter humanitäre Hilfe leisten“, sagte er zu Bild. Bundesaußenminister Johann Wadephul hatte am Donnerstag und Freitag Israel und das Westjordanland besucht und dann am Samstag den Kanzler über seine Reise unterrichtet.
Die Bundesregierung konstatierte am Wochenende „erste, leichte Fortschritte bei der humanitären Hilfe“ für die Menschen im Gazastreifen. Diese würden „allerdings bei weitem nicht ausreichen, um die Notlage zu lindern“. Die Bundesregierung betonte in einer Erklärung, Israel stehe „weiter in der Pflicht, eine umfassende Versorgung auch mit Unterstützung der Vereinten Nationen und anderer humanitärer Organisationen sicherzustellen“. (fmü/afp/dpa)