Verstärkt durch den Klimawandel - Hinter großer Spanien-Flut steckt das gefürchtete „Dana“-Phänomen
Brücken brechen einfach weg
Mindestens 92 Tote gab es allein in der Region Valencia im Osten des Landes, wie der Notdienst der Region auf X mitteilte. Zwei weitere Leichen wurden in der benachbarten Region Kastilien-La Mancha geborgen, eine in Málaga im südspanischen Andalusien. Es wird derweil befürchtet, dass die Zahl der Opfer weiter ansteigen wird. Nach zahlreichen Vermissten wird intensiv gesucht. Allein in Paiporta könnte es Dutzende Tote geben, erklärte Bürgermeisterin Maribel Albalat gegenüber Medien.
Besonders schlimm ist die Lage in der auch bei Urlaubern sehr beliebten Region Valencia. Aber auch andere Mittelmeer-Anrainer-Regionen wie Andalusien und Murcia sind schwer betroffen. Die starken Regenfälle setzten unzählige Straßen, Gebäude und Felder unter Wasser. Straßen und kleinere Brücken brachen weg, Bäume, Autos und auch große Lastwagen wurden von den Wassermassen wie Spielzeug mitgerissen. Neben heftigem Regen gab es Hagel und starke Windböen. Aus der andalusischen Küstenortschaft El Ejido unweit von Almería berichteten Einwohner von Hagelkörnern „so groß wie Golfbälle“.
Wasserballon im Mega-Sturm
Für die Katastrophe war der sogenannte „Kalte Tropfen“ verantwortlich, in Spanien auch als „Dana“-Phänomen bekannt. „Dana“ ist ein Akronym für „depresión aislada en niveles altos“, zu Deutsch etwa „isoliertes Tief in großer Höhe“. Vor allem in den Monaten September und Oktober tritt „Dana“ häufiger auf der iberischen Halbinsel auf.
In seiner Intensität sei das Phänomen „vergleichbar mit einem karibischen Hurrikan oder einem asiatischen Taifun“, sagte der spanische Wetter- und Klimaforscher Jorge Olcina der Nachrichtenagentur EFE. Grob gesagt entstehen die „kalten Tropfen“, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben. Die kalten Temperaturen in der Luft treffen auf die warmen Temperaturen des Meeres - die Folge sind große, schwere Wolken, die wie ein prall gefüllter Wasserballon von wuchtigen Stürmen angetrieben werden. Die Topographie der iberischen Halbinsel mit ihren Hügeln und Gebirgen begünstigt die Entstehung der Wolken zusätzlich.
„Alles über 20 Grad ist gefährlich“
Je wärmer das Wasser des Mittelmeers ist, desto heftiger fallen die Regenfälle dann aus. Wärmere Temperaturen transportierten mehr Energie in die Regenwolken, erklärt Olcina. Die Wassertemperatur des Mittelmeeres betrage durch die Erderwärmung derzeit 23 Grad - „alles über 20 Grad ist schon gefährlich.“ Früher hätte es solche „Dana“-Situation vielleicht alle fünfzehn Jahre gegeben, schätzt der Experte. Jetzt seien es vielleicht alle fünf Jahre.
Die Folge sind Situationen wie in der Region Valencia, wo bis zu 500 Liter Regenwasser pro Quadratmeter niederprasselten - und das nur binnen sechs Stunden. Im vergangenen Jahrhundert habe es in Valencia nur zwei Stürme mit einer ähnlichen Intensität gegeben, sagte Ruben del Campo, Sprecher der Wetterbehörde Aemet, zu spanischen Medien. Die meisten Stürme gingen glimpflich aus, doch diesmal war in Valencia alles anders. „In dieser Gegend formten und regenerierten sich Sturmsysteme ständig aufs Neue“, erklärte del Campo. Ein perfekter Sturm-Kreislauf.
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