Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro: Gewerkschafter nennt Gastgewerbe-Löhne „skandalös“

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Für Millionen Menschen in Deutschland mehr Geld, das bringt die Anhebung des Mindestlohns mit sich. Einige Branchen und Beschäftigungsarten profitieren besonders.

Berlin – Mehr als jeder achte neu angestellte Arbeitnehmer in Deutschland wird profitieren. Der Mindestlohn wird angehoben. Das hatte die Mindestlohn-Kommission im Juni beschlossen. Am 1. Januar 2026 sind 13,90 Euro pro Stunde verpflichtend. 8,42 Prozent mehr für Geringverdiener. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat diese Woche eine Studie dazu veröffentlicht. Ein Fazit: 13 Prozent der Neuanstelllungen sind betroffen. Einige Jobs lohnen sich jetzt mehr.

Mehr neue Mitarbeiter betroffen als bereits angestellte Kollegen

Laut den Studienautoren entsteht ein besonderer Unterschied zu bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen: Hier sind lediglich fünf Prozent der Beschäftigten für weniger als 13,90 pro Stunde beschäftigt.

24.07.2025, Spanien, Madrid: Ein Kellner räumt einen Tisch ab. Foto: Gustavo Valiente/XinHua/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ein Kellner räumt einen Tisch ab. © Gustavo Valiente/dpa

Die Land- und Forstwirtschaft kann sich besonders freuen: Hier werden 53,2 Prozent der neuen Mitarbeiter profitieren. Wobei hauptsächlich die Landwirtschaft gemeint sein dürfte – hier arbeiten viele Saisonarbeiter aus dem Ausland. In der Vergangenheit gab es Diskussionen darum, ob der neue Mindestlohn auch in der Landwirtschaft gelten sollte. Eine Ausnahme ist aber rechtlich nicht möglich, wie eine Prüfung des Bundesagrarministeriums ergeben hat.

Gewerkschafter findet Zahlung von Mindestlöhnen „skandalös“

Das Gastgewerbe ist mit 35,3 Prozent bei allen Neueinstellungen betroffen. Das schließt etwa Hotels und Restaurants und Bars ein. Hier profitieren also besonders viele Menschen vom neuen Mindestlohn. Die zuständige Gewerkschaft NGG findet es jedoch „skandalös“, dass das Gastgewerbe nach wie vor eine „Mindestlohnbranche“ sei.

Mark Baumeister von der zuständigen Gewerkschaft NGG sagte: „Den Preis dafür zahlen wir alle: durch Aufstockung der nicht ausreichenden Einkommen jetzt und später bei der Rente.“ Das Gastgewerbe müsse aus dem Niedriglohnbereich raus. Er fordert vom Tarifpartner DEHOGA, dieser müsse „unbedingt“ die Klauseln abschaffen, die es Arbeitgebern ermöglichten, die Tarifverträge in einigen Bundesländern „zum Schaden der Beschäftigten zu unterlaufen“.

Die Botschaft: Mehr Tariflöhne bedeuten weniger Abhängigkeit vom Mindestlohn. Zuletzt hatte das Bundeskabinett beschlossen, die Tarifbindung bei eigenen Aufträgen zu stärken. DEHOGA-Präsident Guido Zöllick sprach in Bezug auf den Mindestlohn von „massiven Auswirkungen der Erhöhung auf die Betriebe seiner Branche“. Für die Hotellerie und Gastronomie bedeuteten diese „deutlichen Personalkostensteigerungen“ große Herausforderungen, wie er dem Portal Tageskarte berichtete.

Abgesehen vom Gastgewerbe hat das IAB auch die Zahlen mitgeliefert, wie viele Menschen in Jobs insgesamt betroffen sein werden: Die Mindestlohnerhöhung betrifft demnach 10 Prozent aller bestehenden und neu begonnenen Jobs. Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim Deutschen-Gewerkschafts-Bund (DGB), sagt dazu: „Die Zahlen zeigen, wie groß der Niedriglohnsektor in Deutschland nach wie vor ist. Hier muss mit aller Kraft gegengesteuert werden – für gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen.“

Neben einem steigenden Mindestlohn brauche es laut Körzell eine flächendeckende Tarifbindung – „Unternehmen dürfen sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen und müssen Tarifverträge akzeptieren“, sagte er dieser Zeitung. Das neue Tariftreuegesetz der Bundesregierung sei ein erster guter Schritt. „Weitere müssen folgen.“

Mindestlohn soll erhöht werden – Minijobs werden attraktiver

Insbesondere Minijobs werden attraktiver. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 13,90 Euro „würde hochgerechnet etwa 39 Prozent der Minijobs betreffen“, schreiben die Autoren. Nicole Gürtzgen spricht von einem „spürbaren Einfluss“ auf die Entlohnung im Niedriglohnbereich. Sie ist Leiterin des Forschungsbereichs Arbeitsmarktprozesse und Institutionen am IAB. Aber: auch hier Kritik von der Gewerkschaft. Dass vor allem Menschen in Minijobs von Niedriglöhnen betroffen sind, zeige, dass „Minijobs strenger reguliert“ und in „sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt“ werden müssten, sagte Körzell vom DGB.

Übrigens: Einige Menschen profitieren weder vom alten noch vom neuen Mindestlohn. Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind vom Mindestlohn ausgenommen, genauso wie manche Praktikanten, Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten arbeiten sowie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten, wenn sie einen neuen Job aufnehmen. Auch Insassen in Gefängnissen sind betroffen.

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