„Staat muss hart reagieren“: SPD-Chef Klingbeil will Bürgergeld verschärfen
Die Ampel-Regierung hatte härtere Bürgergeld-Regelung auf den Weg gebracht. Aber wurden sie nicht zum Gesetz. Klingbeil nimmt den Faden wieder auf.
Berlin - Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat sich für harte Reaktionen des Staates bei Schwarzarbeit von Bürgergeld-Empfängern ausgesprochen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Das SPD-Ziel sei es, Menschen in Arbeit zu bringen, sagte der Sozialdemokrat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Und deshalb bin ich da auch sehr klar, dass es nicht geht, wenn jemand eine staatliche Leistung bekommt und sich zurücklehnt oder schwarzarbeitet. Ich will, dass der Staat in diesen Fällen hart reagiert.“ Es gelte: „Wer arbeiten kann - und ich sage ausdrücklich kann - der muss arbeiten.“
Gleichzeitig sprach sich Klingbeil für eine faire Behandlung von Bürgergeld-Empfängern aus. In Deutschland beanspruchten Hunderttausende Menschen das Bürgergeld, obwohl sie arbeiteten. Besonders betroffen seien alleinerziehende Frauen. Für den SPD-Politiker sei das der eigentliche Skandal: Wenn jemand trotz Arbeit nicht genug Geld erhalte und deshalb staatliche Hilfe benötige. „Mann kann nicht pauschal sagen, wer Bürgergeld bekommt, ist faul. Das finde ich populistisch“, sagte Klingbeil.
Klingbeil für härtere Bürgergeld-Regelungen - Ampel-Vorhaben scheiterte
Die Ampel-Regierung hatte Anfang Oktober verschärfte Regeln für Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger beschlossen. Diese sollten mit härteren Strafen sanktioniert werden, wenn die Betroffenen eine Arbeit ablehnen. Wegen des Koalitionsbruches zwischen SPD und Grünen mit der FDP kamen die geplanten Neuregelungen nicht mehr durch den Deutschen Bundestag. SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz hatte seinen Finanzminister Christian Linder (FDP) entlassen.

Falls die Union die Bundestagswahl am 23. Februar gewinnt, wollen CDU und CSU um Spitzenkandidat Friedrich Merz das Bürgergeld abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen. In einem gemeinsamen Union-Wahlprogramm heißt es: „Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden.“
Laut Wissenschaftlern: Bürgergeld-Ausgaben lenken von „wahren Problemen“ ab
Laut Forscherinnen und Forscher lenken Debatten über vermeintliche überhöhte Sozialausgaben oder falsche Anreize für Empfänger von Bürgergeld von den „wahren Problemen“ der deutschen Wirtschaft ab. So entstehe ein unnötiger Zeitverlust und ein „wirtschaftspolitischer falscher Druck auf Löhne und soziale Sicherung“, erklärte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Das könne auch die Nachfrage als wichtigen Stabilitätsanker weiter schwächen.
Die Stagnation der Wirtschaft in Deutschland „ist vor allem Konsequenz von sich verändernden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hinzu komme ein Energiepreisschock durch den Wegfall des russischen Gases. Die neue Regierung müsse sich um Investitionsoffensiven, günstigere Energiepreise - kurzfristig durch einen Brückenstrompreis -, und eine neue EU-weite koordinierte Industriepolitik bemühen.