„Einfach verhext“: Kandahar-Start von deutschem Ski-Ass steht auf der Kippe

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Stemmt er sich aus dem Starthaus oder nicht? Simon Jocher entscheidet erst nach dem Einfahren vor dem ersten Training, ob seine Ferse die Kandahar mitmacht. © Peter Kornatz

An diesem Wochenende findet auf der Kandahar die letzte Abfahrt vor der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft statt. Doch ob ein deutscher Speed-Fahrer überhaupt an den Start geht, ist ungewiss.

Zu ungewöhnlichen Maßnahmen hat Simon Jocher gegriffen. Seit er sich Ende Dezember bei der Abfahrt in Bormio an der Ferse verletzt hat, ging er nur noch bei zwei Abfahrts-Trainings an den Start. Selbst diese Versuche zuletzt in Wengen und Kitzbühel bezeichnet er im Nachhinein als Fehler. „Vielleicht habe ich damit den Heilungsprozess unterbrochen.“ Um dennoch beim Heimweltcup am Sonntag an den Start gehen zu können, ließ er nichts unversucht. Von einer Blutegel-Therapie erhoffte sich der Skifahrer vom SC Garmisch den entscheidenden Schritt nach vorne. Fünf dieser 15 Zentimeter langen Tiere wurden mit ihren Saugnäpfen auf Jochers Ferse losgelassen und bissen sich mit ihren Chitinkiefern fest. „Das war schon ein bisschen eklig.“ Zwei weitere Tiere bearbeiteten den Rücken des 28-Jährigen. Das Ziel dieser Qualen: In 45 Minuten sollten die Tierchen den Abfluss des angestauten Blutes anregen, sollte der Erguss somit schneller abklingen und Jocher sich am Sonntag die Kandahar hinabstürzen.

Doch die Realität sieht anders aus. „Ich habe keine Ahnung, ob die Behandlung etwas gebracht hat. Einen riesigen Sprung nach vorne habe ich nicht gemacht“, sagt Jocher. Immerhin: „Schlechter ist es dadurch auf keinen Fall geworden.“ Egal, wie klein der Strohhalm auch sein mag, dieser Tage ergreift der 28-Jährige jeden. „Ich hänge einfach am Heimweltcup. Ich will unbedingt starten.“ Doch ob er sich am Sonntag wirklich aus dem Starthaus stemmt, das steht in den Sternen. Denn wenn Jocher in den vergangenen Wochen eins schmerzhaft gelernt hat, dann, dass er nichts überstürzen kann.

Härtetest Training: Erst dann entscheidet Jocher, ob er startet

Am Freitag wollte er sich beim Einfahren vor dem ersten Training langsam herantasten. Doch daraus wurde nichts. Die Einheit wurde ob des Schneefalls abgesagt. Somit bleibt dem Speed-Fahrer nur noch der Samstag, um seine Ferse einem Belastungstest zu unterziehen. „Eigentlich will ich starten. Aber ich muss herausfinden, ob es Sinn macht.“

Der Heimweltcup wäre die ideale Bühne für sein Comeback. Gerade nach seinem schmerzhaften Aus im vergangenen Jahr, als ihm in der FIS-Schneise ein paar Meter vor dem Ziel ein Fahrfehler unterlief, will er vor heimischen Publikum beweisen: Er ist bereit für die Leader-Rolle im deutschen Speedteam. Doch stattdessen hat er immer wieder mit sich selbst zu kämpfen. Waren es in früheren Saisons gute Trainingsleistungen, die er im Wettkampf nicht auf die Piste brachte, macht ihm nun der eigene Körper einen Strich durch die Rechnung. Seinen Bandscheibenvorfall spürt er noch immer – Tag und Nacht. „Egal ob beim Sport oder in der Küche, ich habe ständig Schmerzen. Darunter leidet die Lebensqualität.“ Stand jetzt spricht alles dafür, dass er sich deshalb nach der Saison unters Messer legen wird, auch wenn „noch nichts entschieden ist“.

Trotz gesundheitlicher Probleme: Jocher für WM nominiert

Abschreiben will er diesen Winter noch nicht. Bereits nächste Woche steht die alpine Weltmeisterschaft in Saalbach-Hinterglemm (4. bis 16. Februar) an – stand jetzt auch mit Jocher. Der Deutsche Skiverband hat Luis Vogt und ihn nominiert, obwohl beide die WM-Norm – einmal Top-Acht oder zweimal Top-15 im Weltcup – nicht geschafft hatten. Beim Höhepunkt der Saison wollte Jocher eigentlich nicht nur einfach mitfahren, doch angesichts seiner gesundheitlichen Probleme wäre selbst das nun ein Erfolg. „Vor diesem Winter hatte ich schon andere Ziele, aber es ist einfach wie verhext.“

Dennoch will der Lokalmatador beim Heimweltcup alles versuchen, um den Zuschauern eine Show bieten zu können. „Ich spüre den Heimvorteil. Auf der Kandahar kenne ich jeden Buckel. Das kann ein Vorteil sein.“ Auch ohne Training sieht er sich in der Lage, nach vorne zu fahren. „Es haben schon genug andere Athleten mit Schmerzen gute Ergebnisse erzielt.“ Jetzt muss nur noch sein Körper mitspielen.

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