Fast 4000 Euro abgezockt: Seniorenheim-Chefin warnt vor neuer Betrugsmasche

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Mehrfach hat Susanne Thöne Werbeanrufe erhalten. Die Leiterin der Senioren-Einrichtung Haus Versetal möchte Gewerbetreibende davor warnen, ein Anzeigen-Abo für eine „Bürgerinformationsbroschüre“ abzuschließen. © Witt, Carla

Mehrfach hat Susanne Thöne Werbeanrufe erhalten. Die Leiterin der Senioren-Einrichtung Haus Versetal warnt vor einer neuen Betrugsmasche.

Werdohl – „Wollen Sie den Vertrag weiter laufen lassen oder kündigen?“ Als  Susanne Thöne, Leiterin der Senioreneinrichtung Haus Versetal, Ende des vergangenen Monats mit dieser Frage am Telefon konfrontiert wird, hat sie keine Antwort parat – und reagiert, zu ihrem Glück, skeptisch.

„Der Mann am anderen Ende der Leitung hatte einen starken Akzent und hat sehr undeutlich gesprochen“, berichtet die Werdohlerin Susanne Thöne. Und auch das zweite Gespräch, es geht jeweils um eine Werbeanzeige, beendet sie schon nach kurzer Zeit, weil es Verständigungsprobleme gibt. „Einen Tag später hatte ich dann eine Frau Schulze am Ohr. Die Rufnummer war unterdrückt“, erzählt Thöne. Die Anruferin, die sich „sehr gewählt und deutlich“ ausdrückt, wirbt für eine „erneute“ Anzeige in der Bürgerinformationsbroschüre – so wie bisher. Doch die Leiterin des Hauses Versetal kann sich weder an besagte Anzeige noch an den Titel des Info-Heftes erinnern. „Also habe ich zunächst um die Übersendung der entsprechenden Unterlagen gebeten.“

Seniorenheim-Chefin warnt vor neuer Betrugsmasche

Die kommen kurze Zeit später per Fax. „Die Textvorlage enthielt ganz eindeutig unsere Anzeige, vermutlich wurde sie fotokopiert“, erklärt Susanne Thöne. Sie kann sich nicht erinnern, jemals den Auftrag für die Veröffentlichung in einer Bürgerinformationsbroschüre erteilt zu haben. „Zunächst hätte man ja den Eindruck gewinnen können, dass es um eine Infobroschüre für Werdohl geht. Doch das war ganz eindeutig nicht der Fall.“

Und auch der Preis für die angebotenen Anzeigen hat es in sich: Geplant sind laut Fax vier Auflagen. Die Kosten belaufen sich pro Auflage auf jeweils 599 Euro netto, 199 Euro Farbpauschale, 199 Euro Satzpauschale – insgesamt 997 Euro plus Mehrwertsteuer, zuzüglich 34 Euro Versandpauschale. „Hätte ich das unterschrieben, wären mehr als 4000 Euro fällig geworden“, rechnet Susanne Thöne kopfschüttelnd vor. Und nicht nur das – im Kleingedruckten wird deutlich: „Der Vertrag verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht spätestens drei Monate vor Ende des Vertragsablaufes schriftlich gekündigt wird.“

Eine Kontaktaufnahme per Telefon, um beispielsweise Fragen bezüglich der angeblichen bisherigen Anzeigen-Veröffentlichungen zu stellen, ist nicht möglich; eine Telefonnummer sucht man auf dem Fax vergeblich. Wer dagegen eine Lupe zur Hand hat, der findet zumindest weitere Angaben zum Auftragnehmer: Becker Verlag HS Mah Kennarcik SK No. 4/21 M gazi Kayseri.

Susanne Thöne möchte andere Gewerbetreibende sensibilisieren, „damit sie nicht voreilig etwas unterschreiben und dann in eine Abo-Falle tappen“. Zumal sie in ihren Unterlagen aus den vergangenen Jahren geblättert und festgestellt hat: „Es war nicht das erste Mal, dass wir in der Bürgerinformationsbroschüre unser angebliches Werbe-Abo verlängern sollten.“ 2024 war es der Wagner & Spiegel Verlag, dessen Sitz in Antalya sein soll, der sich zunächst telefonisch gemeldet und dann mit einem fast identischen Schreiben per Fax ans Haus Versetal herangetreten ist. Im Jahr zuvor hatte der New Verlag Kayseri – ebenfalls angeblich mit Sitz in der Türkei – eine Anzeigenofferte für den „Bürgerinformationsfolder“ an die Senioren-Einrichtung geschickt.

Eine Mail-Anfrage der Redaktion an den Becker Verlag mit der Bitte um Stellungnahme blieb unbeantwortet. Wer im Internet aber nach den Begriffen „Bürgerinformationsbroschüre“ und „Fake“ sucht, der wird auf vielen Seiten fündig: Unter anderem warnen Gemeindeverwaltungen, Verlage und Tageszeitungen vor einer „teuren Betrugsmasche“.

Mehr als 9600 Beschwerden

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale spricht im Zusammenhang mit telefonisch untergeschobene Verträgen von einem Dauerbrenner: Mehr als 9600 Beschwerden hätten die Verbraucherzentralen im Jahr 2024 dazu erfasst. „Union und SPD wollen in der künftigen Bundesregierung einen besseren Schutz gegen telefonisch aufgeschwatzte Verträge schaffen. Langfristige Verträge sollen erst gültig werden und bezahlt werden müssen, wenn es nach einem Telefonat eine schriftliche Bestätigung gibt“, teilt der Bundesverband mit. Dies sei eine langjährige Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbands: Dadurch würde vielen Verbraucher unnötiger Ärger erspart.“

Betrugsmaschen werden kommen immer häufiger vor: Betrüger nutzten bei einer Frau aus Halver Panikmache, um an sensible Daten zu gelangen: Sie gaben sich als Microsoft-Mitarbeiter aus.

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