„Angst und Verwirrung“: Papst Franziskus droht Konter-Revolte in katholischer Kirche

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Papst Franziskus droht wegen einer neuen Segenslehre ein kleiner Kirchenaufstand. © IMAGO/VATICAN MEDIA / ipa-agency.net

Großer Unmut in der katholischen Kirche, nachdem der Vatikan die Segnung homosexueller Paare erlaubt hat. Für einige ist dies nicht tragbar.

Rom – Es ist eine kleine Kirchen-Revolution: Der Vatikan hat in dieser Woche katholischen Priestern erlaubt, homosexuelle Paare zu segnen. Zwar nur unter bestimmten Bedingungen, dennoch ist es ein großer Schritt für die Kirche. Die Grundsatzerklärung der obersten katholischen Glaubensbehörde bezieht sich dabei explizit auf die Lehre von Papst Franziskus, der diese vor der Veröffentlichung abgesegnet hat. Doch der Schritt löst nicht überall Begeisterung aus. Es droht eine Konter-Revolution.

„Über die pastorale Sinngebung von Segnungen“. Mit diesem Untertitel erschien am 18. Dezember die Erklärung „Fiducia supplicans“ – und wurde von Papst Franziskus unterzeichnet, der zuletzt unter gesundheitlichen Problemen litt. Inhalt: Priester dürfen gleichgeschlechtlichen und anderen unverheirateten Paare einen einfachen, nicht liturgischen Segen geben. Dieser darf aber in keiner Weise einer Ehe ähneln. Diese Erklärung führt in der katholischen Kirche zu enormen Spannungen. Weltweit protestieren Kirchenteile dagegen, widersprechen und sprechen teils sogar Verbote aus.

Kirchen-Revolte gegen Papst Franziskus‘ neue Segens-Lehre

Mit die erste kontrastierende Reaktion stammt laut Vatican News aus Kasachstan. Hier zog man direkt eine rote Linie und Verbot die eben vom Vatikan erlaubte Segnung homosexueller Paare. Homosexualität stehe „in direktem und ernsthaftem Widerspruch zur göttlichen Offenbarung und zur ununterbrochenen, 2000 Jahre alten Lehre und Praxis der katholischen Kirche“, so die Bischöfe demnach in einer Erklärung. Zwar ist Homosexualität in Kasachstan nicht verboten, wird aber wie in vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion gesellschaftlich streng abgelehnt.

Auch aus der Ukraine gab es dementsprechend kritische Töne. Zwar verbot man die Segnungen hier nicht, wies aber auf die Gefahr von Verwechslungen mit dem Ehesakrament hin: „Was wir in dem Dokument vermisst haben, ist, dass das Evangelium die Sünder zur Umkehr aufruft“, so die Bischöfe hier. Ohne diesen Aufruf, den Sünden zu entsagen, würde eine Segnung so aussehen, als würde die Kirche homosexuelle Beziehungen billigen.

Afrika protestiert gegen Vatikan-Erklärung: „Angst und Verwirrung“

Drastische Reaktionen auf die Erklärung des Vatikans gab es aber auch aus Afrika. Hier ist Homosexualität in vielen Ländern ein Straftatbestand. So auch in Sambia. Dementsprechend haben die Bischöfe des Landes entschieden, dass vorerst keine Segnungen homosexueller Paare vollzogen werden sollen. Die Bischöfe von Malawi dagegen verboten die Segnungen direkt. So weit ging man in Kenia nicht, wies jedoch laut Repubblica darauf hin, dass die Entscheidung des Vatikans „Angst und Verwirrung“ unter den Gläubigen auslösen würde.

Wie auch in anderen afrikanischen Ländern wies man in Nigeria ausdrücklich darauf hin, dass die Lehre der katholischen Kirche zur Ehe auch durch die neue Erklärung unverändert bleibe. Deshalb gebe es aus Sicht der Bischöfe von Nigeria „keine Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Aktivitäten zu segnen“. Denn dies würde „dem Gesetz Gottes, der Lehre der Kirche, den Gesetzen unseres Landes und den kulturellen Empfindungen unseres Volkes zuwiderlaufen“, zitiert Vatican News aus einer Erklärung. In Nigeria stehen auf Homosexualität lange Haftstrafen. Im Norden des Landes droht wegen der Anwendung des Scharia-Rechts sogar die Todesstrafe.

Europa freut sich über Vatikan-Schritt: „Großer Durchbruch“

In Westeuropa begrüßte man die Erklärung des Vatikans dagegen ausdrücklich. Der Limburger Bischof Georg Bätzing sprach als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz von einem „wichtigen Fortschritt“ und einem „großen Durchbruch in der Seelsorge“. Aus Österreich und der Schweiz gab es ähnliche Worte. In Frankreich war man verhaltener und wies ebenfalls ausdrücklich darauf hin, dass der Segen nicht mit dem formalisierten Segen etwa einer Ehe verwechselt werden dürfe. Dennoch sah man eine „eindeutig große Tragweite“ der Entscheidung. Zudem wies man darauf hin, dass „wir alle Homosexuelle in unseren Familien haben, sogar die katholischsten Familien, die die Nähe zur Kirche suchen“, so Erzbischof Hervé Giraud von Sens-Auxerre in der französischen Region Burgund gegenüber OSV News.

Doch auch in Europa gibt es kritische Stimmen. So nannte Kardinal Gerhard Ludwig Müller die Segnung von homosexuellen Paaren „Blasphemie“. Müller war zuvor an der Spitze des Dikasteriums gestanden, das nun unter der Leitung seines Nachfolgers Kardinal Victor Manuel Fernandez die Erklärung „Fiducia supplicans“ veröffentlicht hat.

In Nordamerika war man deutlich verhaltener als in Europa. Man wies lediglich deutlich darauf hin, dass sich „die Lehre der Kirche zur Ehe nicht verändert habe“. Allerdings reagierte die US-Kirche relativ gespalten. Der Erzbischof von Chicago etwa begrüßte die Möglichkeit, homosexuelle Paare nun segnen zu können, da dies vielen Menschen helfen werde, „die Nähe und die Barmherzigkeit Gottes zu spüren“. (rist)

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