„Cowboys, Indianer und Deutsche“: Warum „Das Kanu des Manitu“ auch in den USA ein Thema ist

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Schon zwei Millionen sahen „Das Kanu des Manitu“ mit den gereiften Abahachi (Michael „Bully“ Herbig, li.) und Ranger (Christian Tramitz) im Kino. © Luis Zeno Kuhn

Warum lieben die Deutschen einen Film, dem Kritiker „Rassismus, Frauen- und Schwulenfeindlichkeit“ bescheinigen? Diese Frage treibt sogar die altehrwürdige „New York Times“ um.

Zwölf Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer hatte „Der Schuh des Manitu“ vor fast einem Vierteljahrhundert in unseren Kinos – gibt es ein höheres Risiko für einen Produzenten, als eine Fortsetzung dieses erfolgreichsten deutschen Films der Nachkriegszeit auf den Markt zu bringen? Michael „Bully“ Herbig und die Münchner Constantin Film sind das Risiko eingegangen, und ihr Mut scheint belohnt zu werden. Am Dienstagabend hat „Das Kanu des Manitu“, erneut mit Herbig sowie Christian Tramitz und Rick Kavanian in den Hauptrollen, bereits die Marke von zwei Millionen Besucherinnen und Besuchern geknackt, wie die Constantin am Mittwoch mitteilte.

Ein großer Erfolg, der auch jenseits des Atlantiks Aufmerksamkeit findet. Die altehrwürdige „New York Times“ (NYT) widmet dem Film in ihrer Dienstagsausgabe den Aufmacher im Kulturteil. Was vermutlich auch damit zu tun hat, dass diese Western-Parodie in den USA spielt. Im eigenen Land sozusagen.

Für Calum Marsh, Autor des Artikels mit der vielsagenden Überschrift „Cowboys, Indianer und Deutsche“ , beruht der Erfolg des neuen „Bully“-Werks wie der des ersten letztlich auf der Tradition des populären Western aus deutscher Produktion im Kino der Sechzigerjahre. Kein „Schuh“ respektive „Kanu des Manitu“ ohne den „Schatz im Silbersee“, sehr frei nach Karl May, und seine Nachfolger, die Schauspieler ㈠Pierre Brice (1929–2015) zum Star machten. Diese Western von einst seien gewissermaßen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen, daher die Affinität zur Parodie. Keine ganz neue Erkenntnis.

Marsh, der Herbigs legendäre Sketchreihe „Bullyparade“ immerhin mit Monty Pythons vergleicht, bescheinigt dem Autor, Regisseur und Hauptdarsteller einerseits, einen guten Sinn für Humor zu haben, ausgewogen zwischen familienfreundlich und derb. Fragt dann jedoch, warum die Fortsetzung eines Films, dem Kritiker „Rassismus, Frauen- und Schwulenfeindlichkeit“ vorwürfen, erneut so erfolgreich sei. Und erläutert seinen Landsleuten, die den Film nicht kennen (können), dass mit „Bully“ ein Weißer einen amerikanischen Ureinwohner verkörpere und einer der Hauptcharaktere die Karikatur eines Schwulen sei.

Ausriss aus der New York Times
„Cowboys, Indians and ㈠Germans“ titelte die „New York Times“. © Friedrichs

Warum also lachen die Deutschen darüber? Der „NYT“-Autor bleibt die Antwort darauf schuldig, informiert seine Leserinnen und Leser jedoch, dass Herbig sich einerseits über die deutsche „Humorpolizei“ beklage, andererseits im Film spielerisch die Kritik am Vorläufer thematisiere. „Indianer sagt man nicht“, heiße es da beispielsweise an einer Stelle. Auch Marsh selbst benutzt die Formulierung ㈠„Native Americans“. Anderes habe überlebt, hat er festgestellt, so etwa die Wortspiele und der Fäkalhumor („fart jokes“).

In den USA zu sehen sein wird das „Kanu des Manitu“ übrigens ebenso wenig wie sein Vorgänger. Grund dafür, so ㈠Calum Marsh, sei, dass diese Filme „durch und durch deutsch“ seien, wurzelnd in nationaler Tradition und Popkultur, und daher „lost in translation“. Nicht übersetzbar.

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