Gastbeitrag - Sieben Wege, wie wir unsere Bauern aus der Krise führen

Deshalb gilt: Wenn wir die Zahl der Nutztiere reduzieren, können wir auch die Emissionen senken und es werden Flächen frei. Das schafft Spielraum für die oben genannten Zukunftsaufgaben: Wir brauchen diese Flächen für den Anbau von eiweißhaltigen Hülsenfrüchten wie Linsen, um eine gesunde pflanzliche Ernährung aus heimischer Landwirtschaft zu ermöglichen. Außerdem müssen wir weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen, um Insekten und andere Tier- und Pflanzenarten zu schützen und der Artenvielfalt auf dem Land Raum zu geben, zum Beispiel durch Ackerbrachen oder Blühstreifen. Wir müssen weniger düngen und stattdessen vielfältige Fruchtfolgen etablieren, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.

Sieben Auswege aus der Krise

Die Lösungen für die vielfältigen Krisen der Landnutzung sind bereits vorhanden. Es bedarf jedoch wirksamer politischer Rahmenbedingungen und einer verlässlichen Förderung, damit diese Lösungen erfolgreich umgesetzt werden können. Viele dieser Ansätze bedeuten eine Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion. Diese Umstellung können Landwirtinnen und Landwirte ohne staatliche Unterstützung bei der Umstrukturierung ihrer Betriebe nicht finanzieren.

1. Dialog mit den Akteuren: Es braucht einen grundlegenden Wandel des Agrarsystems, der ökologisches Handeln in ökonomischen Erfolg und gesellschaftliche Anerkennung umsetzt. Dieser Umbau muss einem Zielbild folgen, das im Dialog mit allen Akteuren entsteht. Die Zukunftskommission Landwirtschaft hat bereits im August 2021 ein solches Zielbild und zahlreiche Empfehlungen vorgestellt, die jedoch bisher auf dem Papier geblieben sind. Der Dialog über die praktische Umsetzung muss jetzt schnell und effektiv in Angriff genommen werden.

2. Faire Löhne und Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU: Das zentrale europäische agrarpolitische Steuerungsinstrument verfügt über enorme finanzielle Mittel und kann daher eine kreislauforientierte Landwirtschaft wirksam fördern. Die bisherige Ausrichtung mit pauschalen Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe nach bewirtschafteter Fläche mit zu geringen ökologischen Anforderungen sollte zugunsten der Honorierung von Gemeinwohlleistungen umgebaut werden. Damit würden Leistungen vergütet, die der gesamten Gesellschaft zugutekommen, wie etwa bodenschonende und -erhaltende Bewirtschaftungsmaßnahmen oder biodiversitätsfördernde Anbausysteme.

3. Neue Wege zur Finanzierung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft: Neben einer Neuausrichtung der europäischen Subventionen sollten zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden, um den Umbau der Landwirtschaft zu finanzieren. Dies kann ein Umlagesystem nach dem Vorbild des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder eine nationale Förderung sein. Insgesamt muss die Bürokratie für die Landwirte vereinfacht werden.

4. Nutztierhaltung reduzieren und Tierwohl verbessern: Ein wichtiges Instrument zur Reduzierung der Tierbestände ist die so genannte Flächenbindung der Tierhaltung – das heißt, die Zahl der Tiere wird künftig an die zur Verfügung stehende Fläche gekoppelt. Auch Kooperationen zum Austausch von Futtermitteln, Gülle und Mist zwischen Ackerbauern und Tierhaltern können hier zur Lösung beitragen. So wird sichergestellt, dass die Gülle dort ausgebracht wird, wo die Pflanzen sie auch aufnehmen können.

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In der Düngegesetzgebung sollten die zulässigen Höchstmengen für Stickstoff bei der Düngung deutlich gesenkt werden. Eine am Tierwohl orientierte Tierhaltung kostet Geld, sowohl für den Umbau der Ställe als auch für den Ausgleich höherer Betriebskosten. Um dies zu finanzieren, ist eine Tierwohlabgabe sinnvoll, wie sie auch die Zukunftskommission Landwirtschaft und das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung vorgeschlagen haben.

5. Flächennutzung intelligent optimieren: Auch bei der Bewirtschaftung von Flächen können wir vieles besser machen. Durch Humusaufbau und Pflanzungen von Gehölzen auf dem Acker kann Kohlenstoff auf den Flächen gebunden und die Fruchtbarkeit erhöht werden. Sinnvoll ist es zudem, vielfältige Ackerkulturen und Fruchtfolgen zu etablieren, sparsam mit Wasser umzugehen und so die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen der Klimakrise zu erhöhen.

6. Mehr pflanzliche und regionale Ernährung: Eine ausgewogene, überwiegend pflanzenbasierte Ernährung ist gesund und hätte enorme positive Effekte auf die Flächennutzung. Pflanzliche Lebensmittel verbrauchen deutlich weniger Fläche und Ressourcen wie zum Beispiel Wasser als tierische Produkte. Wenn weniger tierische Lebensmittel konsumiert werden, werden viele landwirtschaftliche Flächen frei, auf denen sonst Futtermittel angebaut werden. Schon heute leben deutlich mehr Menschen vegetarisch oder vegan als noch vor fünf oder zehn Jahren und sie finden dafür viele neue pflanzenbasierte Produkte in den Supermärkten – diesen starken positiven Trend sollten wir weiter unterstützen.

7. Schluss mit der Lebensmittelverschwendung: Jeden Tag landen viel zu viele Lebensmittel im Müll oder verderben ungenutzt. Wenn die Orange zu klein, die Paprika nicht rot genug oder die Gurke nicht gerade ist, sollte uns das nicht davon abhalten, sie trotzdem zu genießen. Hier bedarf es reformierter Vorgaben und eines neuen Bewusstseins für den Wert von Lebensmitteln, um der sinnlosen Verschwendung von Nahrungsmitteln entgegenzuwirken.

Alle diese Lösungsansätze sind in der Praxis erprobt und ihre Wirksamkeit wissenschaftlich belegt. Was es jetzt vor allem braucht, ist eine entschlossene Politik, die die richtigen Rahmenbedingungen schafft und den Übergang zu einer für Mensch, Umwelt und Klima gesünderen Landwirtschaft vorantreibt. Fordern wir also tragfähige Lösungen von der Politik – jetzt und jeden weiteren Tag!

Dieser Beitrag basiert auf dem kürzlich vom Öko-Institut veröffentlichten Policy Paper „Landwende – Strategien und Lösungen für eine nachhaltige Landnutzung“.