Überdenkt das Milliarden-Paket! Merz‘ Schuldenzauber wohnt ein großes Risiko inne
Das Sondervermögen der Merz-Regierung sorgt auch in den eigenen Reihen für Aufsehen. Drei junge CSU-Abgeordnete warnen vor den Folgen und fordern ein Umsteuern. Ein Gastkommentar.
München – Junge Abgeordnete der CSU warnen in deutlichen Worten: Das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen, also ein riesiges Schuldenpaket, ist mit zu laxen Bedingungen versehen. Sie fordern eine Umplanung. Wir veröffentlichen einen gemeinsamen Gastkommentar dreier Abgeordneter, die ungewöhnlich klar ein Umsteuern von Kanzler Friedrich Merz und seiner Regierung aus CDU, CSU und SPD fordern.
Gastkommentar zum Sondervermögen der Merz-Regierung – Was für ein Paukenschlag
Was war das für ein Paukenschlag! Unter dem Eindruck eines US-Präsidenten, der drohte, aus der Nato auszutreten, und der kritischen Wirtschafts- und Haushaltslage stimmte man neben einer Ausnahme von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben einem weiteren Sonderschuldentopf für Infrastrukturinvestitionen zu. Nachdem mehr Schulden für Verteidigung aufgrund der zugespitzten sicherheitspolitischen Lage und den verunsichernden Signalen aus den USA unabdingbar wurden, wurde der Infrastrukturtopf wahlweise mit einem schmerzhaften Zugeständnis an die SPD, schlechteren Haushaltszahlen als gedacht oder einem dringend benötigten Anschub für die Wirtschaft erklärt.
All das stimmte auch. Und auch ordnungspolitisch ist es noch begründbar, wenn man implizite Schulden (nicht erfasste verfallene Infrastruktur) gegen explizite Schulden (einen Sonderschuldentopf) tauscht. Tatsächlich lebt der Standort Deutschland vielerorts inzwischen von der Substanz. Zielgerichtete Investitionen in eine moderne Infrastruktur sind daher auch eine Chance, um langfristig wieder auf ein höheres Wirtschaftswachstum zu kommen und Wohlstand für künftige Generationen zu wahren.
CSU-Abgeordnete fordern Nachbesserungen: Merz‘ Schuldenzauber wohnt ein großes Risiko inne
Diesem Schuldenzauber wohnt aber ein großes Risiko inne. Knüpfen wir die Schuldenjacke jetzt falsch ein, laden wir diesem Land und künftigen Generationen eine schwere Hypothek auf. Wir brauchen eine Politik, die die Zukunft nicht verspielt, sondern ermöglicht. Das macht jedoch Nachbesserungen notwendig:
1. Wirkliche Infrastrukturinvestitionen
Investitionen in Infrastruktur können aus Schulden bezahlt werden. Denn die Infrastruktur steht im besten Fall so lange zur Verfügung, wie die Kredite brauchen, um abbezahlt zu werden. Das macht jeder Unternehmer so. Im besten Fall ist langfristig die Rendite aus den öffentlichen Investitionen sogar größer als die Last aus Zins und Tilgung, wenn damit zusätzlich private Investitionen und Wirtschaftswachstum strukturell steigen. Das gelingt nur, wenn die öffentlichen Investitionen zielgerichtet und zusätzlich sind. Der erste Gesetzesentwurf aus dem Bundesfinanzministerium öffnet aber Tür und Tor. Weder wird der Begriff der Investition begrenzt noch der der Infrastruktur. Dabei muss man wissen: Investitionen sind im Haushaltsrecht auch Zuschüsse des Bundes; etwa in Sozialversicherungssysteme. Löcher im Sozialsystem stopfen? Plötzlich denkbar!
Und Infrastruktur? Die Aufzählung der Investitionsgebiete wird im aktuellen Entwurf vom juristischen Zauberwort „insbesondere“ begleitet. Damit wären auch alle anderen Themen plötzlich denkbar. Für Betriebswirte zwar hanebüchen, aber im politischen Berlin sind damit plötzlich auch „Investitionen in den sozialen Zusammenhalt“ darstellbar. Klar ist daher, dass das Gesetz bei der Definition der Investitionen stärker eingegrenzt werden muss, damit es nicht zu einem Verschiebebahnhof kommt.

Es braucht einen Ausgabeplan für das Sondervermögen
2. Nicht alles auf einmal!
Während im Rahmen der politischen Verhandlungen noch davon gesprochen wurde, dass in vornehmer Zurückhaltung nur 150 Milliarden Euro in den ersten vier Jahren ausgegeben werden sollten, ist davon im Gesetzesentwurf nichts mehr zu erkennen. Dabei ist die volkswirtschaftliche Gefahr real: Ohne einen Ausgabeplan, der in den ersten Jahren anwächst, damit sich Kapazitäten der Wirtschaft anpassen, werden nur private Investitionen verdrängt. Mit den Schulden investiert man dann nur in ein Strohfeuer mit steigenden Preisen, aber nicht in eine stärkere Volkswirtschaft und ein größeres Potentialwachstum.
3. Reformieren und investieren
Klar ist: Nur wenn wir zusätzlich durch echte Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und spürbare Entlastungen den Wirtschaftsstandort nachhaltig stärken, werden die Schulden tragfähig bleiben. Entbürokratisierung und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sind daher dringend notwendig, um die Mittel nicht nur in Verwaltung und Verfahren, sondern tatsächlich in Beton und Stahl sowie den digitalen Wandel fließen zu lassen. Bisher sind wir vor allem schnell beim Geld ausgeben. Diese zusätzlichen Milliarden dürfen aber auf keinen Fall versickern.

Man kann auch innovative Anreize zum Bürokratieabbau setzen: Das Geld aus dem Sondervermögen könnte etwa nur dann fließen, wenn der Bürokratiekostenindex des Bundes stabil ist oder sinkt. Steigt er, ist das Geld gesperrt, bis man auf den vorherigen Stand zurückgekehrt ist. Wir sind uns sicher: Plötzlich würden die Ideen zum Bürokratieabbau schlagartig mehr werden. Helmut Kohl soll einmal gesagt haben: „Ab einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus.” Diese Warnung beherzigend könnte der Sondertopf nur angetastet werden dürfen, wenn die Staatsquote in Deutschland kleiner als 0,5 ist.
Sondervermögen der Merz-Regierung: Investition in die Zukunft statt Belastung für kommende Generationen
4. Wissen, was gekauft wird
Wenn die Bundesländer pauschale Überweisungen an die Länderhaushalte ohne aufwändige Antragsverfahren wünschen, ist das verständlich. In Bayern wissen wir das Geld auch gut aufgehoben. Es besteht aber ein berechtigter Zweifel, dass andernorts mit dem Geld Haushaltslöcher gestopft werden, das Geld aber nicht in zusätzliche Investitionen und Modernisierung fließt. Für einen realistischen Tilgungsplan müssten Investitionen des Bundes und der Länder zumindest erfasst werden. Das setzt voraus, dass im Nachgang mitgeteilt wird, wofür das Geld ausgegeben wurde. Ein Staat, der immer nur Gelder verausgabt, ohne in der Lage zu sein, Investitionen abzuschreiben, führt eine schlechtere Buchhaltung als jede Dönerbude.
Das Errichtungsgesetz zum Sondervermögen ist ein Vorhaben von fundamentaler Tragweite, dessen Auswirkungen die Bundesrepublik Deutschland über Jahrzehnte hinweg prägen werden. Es entscheidet, ob wir die Weggabelung zu steigenden Preisen und sinkenden Ratings - garniert mit dem Verlust politischer Glaubwürdigkeit gehen oder den Weg aus der Wirtschaftskrise mit funktionierender moderner Infrastruktur und gestärkter Volkswirtschaft nehmen.

Gerade aus diesem Grund muss das Errichtungsgesetz Sondervermögen in der jetzigen Form nachgebessert werden. Nur wenn wir den Mut haben, uns und der Regierung Schranken zu setzen, kann das Sondervermögen wirklich zu einer Investition in die Zukunft werden – und nicht ausschließlich zu einer Belastung für kommende Generationen. Am Ende geht es dabei auch um einen “Kredit auf die Glaubwürdigkeit” der Union. (Florian Dorn. Christian Moser, Konrad Körner)