Einwohner von Deutschlands größter Touristen-Hochburg wehren sich – „Dorf statt Ferienanlage“

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In Rust haben Anwohner eine Bürgerinitiative für mehr Lebensqualität im Dorf gegründet. Sie wollen damit auf die negativen Folgen des benachbarten Europa-Parks aufmerksam machen.

Rust – Erst vor kurzem hat das Reiseportal HolidayCheck untersucht, welcher Ort in Deutschland die größte Touristen-Hochburg ist. Das Ergebnis: Die kleine Gemeinde Rust (Ortenaukreis, Baden-Württemberg) mit knapp 5.000 Einwohnern führt das Ranking an. Hier kommen auf einen Einwohner stolze 198,3 Touristen. Die Frage, warum der Ort bundesweit so beliebt ist, ist schnell beantwortet. Dort befindet sich der Europa-Park, Europas drittgrößter Freizeitpark, der bereits mehrmals zum besten Park des Kontinents gekürt wurde. Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Was für die einen ein unbeschwerter und spaßiger Ausflug mit der Familie ist, ist für den anderen eine Dauerbelastung direkt vor der eigenen Haustür.

Blumen mit Europa-Park
Die Einwohner von Rust haben eine Bürgerinitiative für mehr Lebensqualität gegründet. © Gemeinde Rust

Deswegen haben Einwohner von Rust jetzt eine Bürgerinitiative namens „Dorf statt Ferienanlage“ ins Leben gerufen. Ihnen geht es unter anderem darum, dass es in dem beschaulichen Örtchen immer mehr Ferienwohnungen gibt, weil diese aufgrund des Europa-Parks besonders lukrativ sind. Mit den Gästen des Freizeitparks lasse sich mehr Geld verdienen als mit der Vermietung an Einheimische. Wo früher ein Einfamilienhaus mit Garten stand, thront jetzt ein Mehrparteienhaus oder eine Ferienanlage, heißt es auf der Website der Initiative. Der Fokus liege nicht auf der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Einheimischen, sondern auf dem Bau renditestarker Ferienwohnungen.

Bürgerinitiative in Rust setzt sich für mehr Lebensqualität trotz Europa-Park ein

Außerdem würde die Lebensqualität in Rust immer weiter sinken. Anwohner klagen über immer mehr Lärm, Verkehr und Müll, zudem steige der Verbrauch an Wasser und Energie. Immer mehr Grün und alte Bäume verschwinden, wodurch Rückzugsorte und die natürliche Klimaregulation verloren gehen, heißt es weiter. Rust stehe kurz davor, seine dörfliche Identität zu verlieren. Während die touristische Nutzung weiter angetrieben werde, würden Dauerbewohner aus dem Ort verdrängt werden.

Tourismus könne zwar wirtschaftlich und kulturell bereichern, doch wenn er überhandnimmt, gerät das Gleichgewicht im Dorf ins Wanken, schreibt die Bürgerinitiative. Dauerhafte Nachbarschaften verschwinden, stattdessen gibt es ständig wechselnde Gäste, was Unruhe, Lärm und Parkplatzprobleme mit sich bringt. Großbauten für Touristen verdrängen familiengerechten Wohnraum, Einheimische finden immer schwerer bezahlbare Wohnungen, und das Gemeinschaftsleben leidet. Wo sich niemand dauerhaft niederlassen will, würden außerdem Schulen, Vereine und das Gemeinschaftsleben leiden.

Die Initiatoren heben hervor, dass sich das Anliegen nicht per se gegen den Europa-Park richte, sondern gegen die Auswirkungen des Parks auf Rust, die langfristig die Struktur und Lebensqualität des Orts verändern würden. Damit das Dorf nicht zur reinen Kulisse für den Tourismus wird, brauche es klare Regeln und Grenzen. Das Ziel der Initiative sei es, eine gesunde Balance zwischen Tourismus und Lebensraum zu schaffen.

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